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Rumänien baut größte Nato-Basis Europas – mehr Sicherheit am Schwarzen Meer


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Größter Nato-Stützpunkt Europas im Bau
"Wenn dieses Tor fällt, dann fällt ganz Europa"


31.03.2024Lesedauer: 6 Min.
Ein US-Soldat auf dem Luftwaffenstützpunkt Mihail Kogalniceanu.Vergrößern des Bildes
Ein US-Soldat auf dem Luftwaffenstützpunkt "Mihail Kogălniceanu" (Archivbild): Dort soll die größte Nato-Basis in Europa entstehen. (Quelle: Andreea Alexandru/AP/dpa./dpa)

In Rumänien entsteht derzeit eine militärische Kleinstadt für Nato-Soldaten. Es ist ein Mammutprojekt, von dem sich das westliche Verteidigungsbündnis viel erhofft.

Die Veränderung ist tiefgreifend: Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat dazu geführt, dass die Nato ihre Flanken so sehr stärkt wie nie zuvor. Multinationale Kampfgruppen sind an der Ostgrenze des Bündnisses in Ländern wie Bulgarien, Litauen, Polen und der Slowakei stationiert. Mit Schweden und Finnland wurden zwei wichtige Mitglieder hinzugewonnen, die vor allem rund um die Ostsee die Position der Nato stärken. Und ein weiterer wichtiger Meilenstein wird nun am Schwarzen Meer gelegt.

Dort entsteht derzeit eine militärische Kleinstadt. Rumänien baut dazu seinen Luftwaffenstützpunkt "Mihail Kogălniceanu" nahe der Hafenstadt Constanța aus. Es ist ein Mammutprojekt – denn einmal fertiggestellt, soll es flächenmäßig die größte Nato-Basis Europas werden. Das Land will damit zur tragenden Säule an der Nato-Ostflanke werden.

Schon lange hat Rumänien eine stärkere Nato-Präsenz gefordert. Der rumänische Politikanalyst Dorin Popescu erklärt das im Gespräch mit t-online mit dem "hohen Maß an Bedrohung": "Die Notwendigkeit einer angemessenen Reaktion auf diese Bedrohung kennt Rumänien besser als jeder andere Staat." Doch wie genau läuft der Ausbau ab? Und was erhofft sich die Nato davon?

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Der neue Nato-Stützpunkt wird doppelt so groß wie Ramstein

Mitte März haben die Bauarbeiten begonnen, wie das rumänische Nachrichtenportal "Euronews" berichtet. Zunächst gehe es dabei um die grundlegende Infrastruktur, also Zufahrtsstraßen und den Aufbau eines Stromnetzes, das dem Energiebedarf des künftigen Stützpunktes standhält. Bald soll dann der Bau einer weiteren Start- und Landebahn parallel zur bereits existierenden starten. Zudem kommen weitere Rollfelder und Hangars für Militärmaschinen hinzu.

Nicolae Crețu, der Kommandeur des Stützpunktes, macht im Gespräch mit "Euronews" deutlich, was es noch braucht: "Wartungshallen, Treibstofflager, Munition, Ausrüstung, luftfahrttechnisches Material, Simulatoren, Verpflegungseinrichtungen, Unterkünfte, alles wird benötigt, um den Betrieb und die Aufgaben einer Basis dieser Größenordnung zu unterstützen." Auch Schulen, Kindergärten, eine Klinik und sogar Geschäfte sollen dort entstehen. Rumänien lässt sich all das laut Planung rund 2,5 Milliarden Euro kosten. Bis zu 20 Jahre Bauzeit sind veranschlagt.

Die Größe der künftigen Nato-Basis sucht ihresgleichen: Mehr als 10.000 Soldaten samt ihren Familien sollen hier Platz finden, insgesamt also womöglich mehr als 30.000 Menschen. Das Areal bemisst sich auf knapp 3.000 Hektar. Schon jetzt sind dort einige Hundert US-amerikanische sowie ein rumänisches Hubschrauberschwadron stationiert. Zudem nutzt die Nato den Stützpunkt bereits für Einsätze zur Überwachung des Luftraums an der Ostflanke.

Zum Vergleich: In Ramstein lebten und arbeiteten im vergangenen Sommer auf rund 1.400 Hektar Fläche mehr als 9.000 Soldaten und rund 12.000 Angehörige. Im gesamten US-amerikanischen Militärkomplex rund um Kaiserslautern (Kaiserslautern Military Community), von dem der Stützpunkt Ramstein nur ein Teil ist, leben gut 56.000 Menschen. Es ist die größte US-Militärbasis außerhalb der Vereinigten Staaten. Allerdings wird davon lediglich Ramstein auch von der Nato genutzt, der restliche Komplex nur von den US-Streitkräften.

"Die Sicherheitslage hat sich alarmierend verschlechtert"

Doch wozu wird überhaupt eine weitere Riesenbasis benötigt, wenn in Deutschland schon große Strukturen bestehen? Die Antwort auf diese Frage hat mit dem Krieg in der Ukraine zu tun. Denn Wladimir Putin erschütterte spätestens mit seiner Invasion in das Nachbarland im Februar 2022 die europäische Sicherheitsarchitektur in ihren Grundfesten.

Dabei gehe es der Nato vor allem um Abschreckung, sagt Politikanalyst Dorin Popescu t-online: "In der erweiterten Schwarzmeerregion hat sich die Sicherheitslage im Zusammenhang mit dem Krieg alarmierend verschlechtert." Da sich der Ukraine-Krieg und die russische Bedrohung der Nato länger hinzögen, sei eine Präsenz des Verteidigungsbündnisses "zwingend erforderlich", sagt der ehemalige Diplomat und Direktor der Denkfabrik Black Sea House Association.

Hinzu komme ein Bedürfnis nach Schutz und Verteidigung, das die östlichen Nato-Partner angesichts des russischen Angriffskriegs hätten, so Popescu. "An der Nato-Ostflanke ist eine stärkere Verteidigung erforderlich als in Mittel- oder Westeuropa, weil die Bedrohungen geografisch näher an Rumänien und anderen Nato-Staaten liegen", macht der Experte deutlich. Russland wolle zudem die gesamte ukrainische Schwarzmeerküste erobern. Rumänien befinde sich daher nicht nur in der Nähe des Kriegs, "sondern auch in der möglichen Vormarschrichtung der russischen Armee", sagt Popescu.

Schwarzes Meer ist zentraler Kriegsschauplatz

Die Entscheidung zum Ausbau des Luftwaffenstützpunkts "Mihail Kogălniceanu" fiel jedoch bereits vor der russischen Invasion: Schon im Juli 2015 beschloss die Nato die Pläne angesichts der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim durch Russland und des Konflikts in der Ostukraine. 2019 wurden sie von der rumänischen Regierung genehmigt.

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Das Schwarze Meer ist ein zentraler Schauplatz des Kriegs in der Ukraine. Russlands Schwarzmeerflotte galt lange als große Bedrohung. Ihre Kreuzer feuern immer wieder Raketen auf die Ukraine. Zu Kriegsbeginn befürchteten Beobachter eine Landungsoperation zur Eroberung Odessas. Und nicht zuletzt blockierte Russland über viele Monate hinweg erfolgreich ukrainische Exporte über das Schwarze Meer.


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"Wenn dieses Tor fällt, dann fällt ganz Europa."


Politikanalyst Dorin Popescu


Die Ukraine konnte Russlands Vormachtstellung auf dem Binnenmeer zwar weitgehend brechen. Mehr dazu lesen Sie hier. Doch das Meer und die gesamte Region bleiben strategisch wichtig. Neben Rumänien sind auch Bulgarien und die Türkei – zwei weitere Nato-Staaten – sowie die Ukraine und Russland Anrainer. Ein Nato-Luftwaffenstützpunkt würde die Vormachtstellung des Bündnisses und seine Abschreckung in der Region weiter stärken.

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Ex-Nato-General: "Rumänien ist geopolitisch exponiert"

Experte Popescu nennt die Schwarzmeerregion ein "Tor nach Europa". Als solches müsse es verteidigt werden, damit Bedrohungen wie etwa russische Schläge mit konventionellen Waffen nicht nach Europa eindringen könnten. "Wir werden erheblich mehr Ressourcen aufwenden müssen, wenn wir diese Bedrohungen durch dieses Tor eindringen lassen", sagt Popescu mit Blick auf die hohen Ausgaben für das Projekt. "Es ist besser, unseren Frieden, unser Leben, unsere Sicherheit und unsere Lebensweise zu verteidigen", fügt er hinzu und macht deutlich: "Wenn dieses Tor fällt, dann fällt ganz Europa."


  • Auch interessant: In dieser Podcastfolge beantworten wir Hörerfragen – auch zum Krieg in der Ukraine und die Frage, ob sich Deutschland nicht mit all seinen Kräften gegen die Aggression aus Russland wehren sollte, um ein schnelles Ende herbeizuführen (ab Min. 23:00):
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Rumänien selbst wird mehr und mehr zu einem wichtigen Akteur, bestätigt der ehemalige Nato-General Hans-Lothar Domröse im Gespräch mit t-online: "Rumänien ist geopolitisch exponiert und nach dem russischen Überfall in der Ukraine vor zwei Jahren besonders wichtig für die Nato-Verteidigung Europas."

Das Land liegt zentral zwischen mehreren Konfliktherden Osteuropas: Moldau mit der Separatistenregion Transnistrien sowie der Balkan sind nicht weit. Besonders diese Regionen seien durch "russische machtpolitische Bestrebungen gefährdet", sagt Domröse. "Die sichtbare US- und Nato-Präsenz in Südosteuropa trägt zur Stabilität erheblich bei."

"Europa kann es sich nicht mehr leisten, so kurzsichtig zu sein"

Ähnlich sieht es Dorin Popescu und übt Kritik an den Staaten Mittel- und Westeuropas. Dort habe man die Sicherheitslage "genauso falsch eingeschätzt wie vor 80 Jahren", sagt der Politikanalyst. Mit Blick auf die Minsker Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine meint Popescu: "Europa kann es sich nicht mehr leisten, so kurzsichtig zu sein wie damals, als es glaubte, Vereinbarungen mit Russland seien eine Garantie für den Frieden." Der neue Nato-Stützpunkt sei deshalb "die Antwort auf die größte Bedrohung für unsere kollektive Sicherheit". Die Basis werde zu einer Verteidigungslinie für ganz Europa. "Mit dem Nato-Stützpunkt 'Mihail Kogălniceanu' wird es in Berlin mehr Frieden geben."

Rumänien ist zudem bereits jetzt ein Logistikdrehkreuz für die militärische Unterstützung der Ukraine. Daneben erklärte Präsident Klaus Iohannis Mitte März, dass rund 50 ukrainische Soldaten am rumänischen Luftwaffenstützpunkt in Fetești an den US-amerikanischen Kampfjets vom Typ F-16 ausgebildet werden sollen.

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"Ramstein behält eine herausragende Bedeutung für ganz Europa"

Könnte Ramstein als zentraler Stützpunkt der USA und Nato also künftig an Bedeutung verlieren? Hans-Lothar Domröse ist sich sicher, dass dies nicht der Fall sein wird: "Ramstein behält mit dem Nato Air Command eine herausragende Bedeutung für ganz Europa", sagt der ehemalige Nato-General. Damit ist die Kommandobehörde der Nato-Luftstreitkräfte gemeint, die ihren Sitz in Ramstein hat. Zudem werde dort noch immer die westliche Ukraine-Unterstützung koordiniert, so Domröse. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs trifft sich auf dem Stützpunkt regelmäßig die sogenannte Ukraine-Kontaktgruppe, zu der neben Nato-Mitgliedern noch weitere Staaten gehören, die Kiew mit Militärhilfe unterstützen.

Auch Dorin Popescu zweifelt daran, dass die neue Nato-Basis den Standort in Ramstein überflügeln wird: "Ich glaube nicht, dass der Stützpunkt in Rumänien größer sein wird als Ramstein." Doch das hänge auch davon ab, wie der Ukraine-Krieg verlaufe. "Unsere Verteidigungsmechanismen werden ständig auf der Grundlage der Bedrohungen und Risiken neu konfiguriert", erklärt Popescu. Fest stehe nur: "Die Bedrohung in der Schwarzmeerregion nimmt stetig zu."

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