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Streit um Ukraine-Hilfen im Bundestag: Putin kann sein Glück kaum fassen


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Streit um Ukraine-Hilfen
Putin kann sein Glück kaum fassen

MeinungVon Patrick Diekmann

Aktualisiert am 22.02.2024Lesedauer: 4 Min.
Wladimir PutinVergrößern des Bildes
«Russland war stets ein zuverlässiger Energielieferant»: Wladimir Putin. (Quelle: Valery Sharifulin/Sputnik Kremlin/AP/dpa/dpa)

Der Bundestag debattiert über Taurus-Raketen und einen Ampel-Antrag zum Ukraine-Krieg. Doch dieser Streit hilft nur Wladimir Putin.

Die Ukraine droht den Krieg gegen Russland zu verlieren. Der ukrainischen Armee fehlt an den Fronten fast alles, vor allem aber Munition. Die ukrainischen Verteidiger und ihre westlichen Unterstützer stehen unter Druck, weil Wladimir Putin die russische Wirtschaft mehr und mehr auf eine Kriegswirtschaft umstellt. Das von vielen Experten schon im Jahr 2022 erwartete Szenario eines langen Abnutzungskrieges ist in der Ukraine bittere Realität geworden. Russland hat sich darauf eingestellt – auch mithilfe von Nordkorea und des Iran.

Video | Ukrainische Soldaten berichten von düsterer Lage an der Front
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Quelle: t-online

Und was tut der Westen? Deutschland diskutiert im Bundestag über eine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern. Dank Donald Trump ist auch plötzlich die deutsche und europäische Verteidigungsfähigkeit wieder ein Thema. Ohne Frage: Das alles ist wichtig, aber nicht zu diesem Zeitpunkt. Städte wie Awdijiwka gehen derzeit verloren, weil es an Artilleriemunition fehlt – nicht, weil die Ukraine keine Taurus-Raketen hat. Dieser Streit hilft nur Wladimir Putin.

Wie ernst die Lage ist, ist offenbar vielen westlichen Regierungen nicht bewusst. Die Folgen wiegen schwer: Momentan sterben täglich viele ukrainische Soldaten, weil sie die Hilfe, die der Westen ihnen versprochen hatte, nicht bekommen. Das ist unverantwortlich.

Der Antrag der Ampel zum Ukraine-Krieg, über den am Donnerstag im Bundestag abgestimmt wurde, geht zwar endlich in die richtige Richtung. Darin heißt es, dass die Ukraine den Krieg gewinnen soll. Deswegen soll Europa im Notfall in der Lage sein, die ukrainische Armee auch ohne die Amerikaner zu unterstützen – für den Fall, dass Trump die US-Wahl gewinnt und dann die Ukraine-Hilfen stoppt.

Diese Weichenstellung wäre allerdings vor zwei Jahren wichtig gewesen. Jetzt kommt sie zu spät. Sehr lange hat ein großer Teil der deutschen Öffentlichkeit darauf gewartet, dass der Kanzler erklärt: Die Ukraine soll gewinnen. Nun ist dieser Satz lediglich eine Nebelkerze, die die Sicht auf die eigentlich relevanten Themen verbaut.

Was die Ukraine jetzt braucht, sind konkrete Maßnahmen. Wenn das Ziel der deutschen Politik ein Sieg der Ukraine ist, muss über Wege gesprochen werden, wie er zu erreichen ist. Denn offensichtlich läuft dieser Krieg momentan auf einen Sieg Russlands zu – und das liegt nicht am Verteidigungswillen der Ukraine, sondern an der bröckelnden Unterstützung des Westens.

Putin hatte sich in der Ukraine verrechnet, lange schien er in einer ausweglosen Lage zu sein. Im Angesicht der westlichen Unentschlossenheit kann er wahrscheinlich sein Glück kaum fassen, nun auf der Gewinnerstraße zu sein. Die Schuld dafür trägt der Westen.

Im politischen Schlafwagen unterwegs

Dabei ist nicht nur Deutschland in der Verantwortung. Es sind vielmehr etliche europäische Staaten, die momentan im politischen Schlafwagen durch diesen Krieg fahren und die dann beim Aufwachen überrascht sein werden, wenn er verloren geht.

Klar ist: Auch Deutschland muss seine Wirtschaft besser auf diesen Krieg einstellen. Die europäische Rüstungswirtschaft wartet auf langfristige Abnahmegarantien, ist bereit dazu, Produktionen hochzufahren für Artilleriemunition, Munition für Flugabwehrsysteme, gepanzerte Fahrzeuge, Ausrüstung zum Räumen von Minen und Ersatzteile für all diese Komponenten. Das muss sofort auf den Weg gebracht werden.

Der Taurus-Marschflugkörper würde sicherlich die Fähigkeit der Ukraine deutlich verbessern, russische Stellungen in der Tiefe anzugreifen. Aber er ist nur ein Waffensystem und definitiv nicht kriegsentscheidend. Die Munitionsfrage ist wichtiger, viel wichtiger. Wenn die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Agnes Strack-Zimmermann (FDP), für den Taurus-Antrag der Opposition stimmt, sagt das zwar viel über den inneren Zusammenhalt der Ampel. Aber auch für solche politischen Seifenopern ist momentan keine Zeit.

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Wie teuer darf Putins Krieg für uns werden?

Stattdessen braucht es in dieser Phase des Krieges vor allem eines: Hoffnung. Das klingt abgedroschen, aber es überwiegen momentan die pessimistischen Stimmen. Dabei hat Putin nicht gewonnen, Russland hat sich bislang in der Ukraine vor allem eine blutige Nase geholt. Die Ukraine hat sehr viel erreicht, und es war für viele Experten ein Wunder, dass sie überhaupt zwei Jahre durchgehalten hat. Das lag unter anderem an der Einigkeit und Unterstützung des Westens. Und auch jetzt haben vor allem die westlichen Staaten es in der Hand.

Der Krieg ist ohne Frage teuer, aber auch nicht so teuer, wie er in der Öffentlichkeit manchmal dargestellt wird. Deutschland gibt bisher 1,1 Prozent seines Bruttoinlandproduktes für die Ukraine aus. Viel Geld, aber welchen Preis sind wir eigentlich bereit zu zahlen, damit Putin nicht gewinnt? Diese Frage muss die Bundesregierung öffentlich debattieren und auch mit den westlichen Partnern wie Frankreich sprechen, die sich bei der Ukraine-Hilfe zurückhalten. Kollektiv sind finanziell keine großen Sprünge nötig, aber dafür müssten eben viele westliche Partner mitziehen. Diese Gespräche müssten nun oberste Priorität haben.

Die Ukraine braucht vor allem eines: einen langfristigen Plan, der bestenfalls schon morgen beginnt. Bloße Absichtserklärungen reichen nicht mehr.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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