China stark machen Xi Jinping will "Große Mauer aus Stahl"
Nach der Null-Covid-Politik will Chinas Staatschef nun das Militär deutlich stärken. Währenddessen spannt sich die Lage mit Taiwan zunehmend an.
Angesichts wachsender Spannungen mit den USA und dem Westen will Chinas Staats- und Parteichef die Volksrepublik durch mehr Eigenständigkeit stark machen. Auch soll das Militär zu einer "Großen Mauer aus Stahl" ausgebaut werden, sagte Präsident Xi Jinping in einer Rede zum Abschluss der Jahrestagung des Volkskongresses am Montag in Peking. Die knapp 3.000 Delegierten billigten eine starke Steigerung der Verteidigungsausgaben um 7,2 Prozent und andere Weichenstellungen. Nach der Beendigung der Null-Covid-Politik mit Lockdowns und Zwangsquarantäne im Dezember soll die zweitgrößte Volkswirtschaft auch wieder um "rund fünf Prozent" wachsen.
In den unsicheren Zeiten rief Xi Jinping dazu auf, Stabilität zu wahren. "Sicherheit ist das Fundament für Entwicklung, und Stabilität ist die Vorbedingung für Wohlstand", sagte der Präsident. In seiner Rede plädierte er dafür, Innovation und "wissenschaftliche und technologische Eigenständigkeit" voranzutreiben, ging aber nicht auf die Sanktionen der USA bei Schlüsseltechnologien ein. "Wir sollten uns bemühen, die Qualität der Wirtschaft effektiv zu verbessern und ein angemessenes quantitatives Wachstum zu erreichen."
Es werde für China aber nicht einfach, wie geplant rund fünf Prozent Wachstum zu erreichen, sagte der neue Regierungschef Li Qiang auf seiner ersten, sorgfältig orchestrierten Pressekonferenz. Zusätzliche Anstrengungen seien notwendig. Die Aussichten für die Weltwirtschaft seien "nicht optimistisch". China sehe viele Unsicherheitsfaktoren, Instabilität und unvorhersehbare Ereignisse. "Das Wirtschaftswachstum zu stabilisieren, ist eine herausfordernde Aufgabe, nicht nur für China, sondern für alle Länder in der Welt."
"China und die USA müssen zusammenarbeiten"
Mit Blick auf die angespannten Beziehungen zu den USA schlug der neue Ministerpräsident eher versöhnliche Töne an und plädierte für einen Ausbau der Zusammenarbeit. Eine Abkoppelung diene niemandem. Die beiden größten Volkswirtschaften seien eng miteinander verbunden, wovon beide profitierten. "China und die USA können und müssen zusammenarbeiten." Er ging nur indirekt auf den Vorwurf von Xi Jinping ein, dass die USA einen Aufstieg Chinas in der Welt durch Eindämmung und Isolation verhindern wollten: "Einkreisung und Unterdrückung ist im Interesse von niemandem."
Zurückhaltung schien auch Xi Jinping im Konflikt um Taiwan zu üben. Er rief in seiner Rede zu einer "Wiedervereinigung" auf. Die Beziehungen sollten "friedlich" entwickelt werden. "Einmischung von außen" sowie "spalterische Aktivitäten" von Unabhängigkeitskräften müssten aber entschieden abgelehnt werden. Der Einigungsprozess müsse "unerschütterlich" vorangetrieben werden. Frühere Bekundungen, dass Peking militärische Gewalt nicht ausschließt, wenn andere Bemühungen nicht zum Erfolg führen, wiederholte Xi Jinping allerdings nicht.
Xi sichert sich dritte Amtszeit
Die Spannungen um Taiwan hatten jüngst zugenommen. Die kommunistische Führung betrachtet die demokratische Inselrepublik als Teil der Volksrepublik. Doch sieht sich Taiwan längst als unabhängig an. Nach der Invasion Russlands in der Ukraine sind international die Sorgen gewachsen, dass China ähnlich gegen Taiwan vorgehen könnte. In diesem Fall würden auch die USA in den Konflikt gezogen, weil sie sich der Verteidigungsfähigkeit Taiwans verpflichtet haben.
Auf der neuntägigen Tagung hatte Xi Jinping seine Macht zementiert, indem er sich eine beispiellose dritte Amtszeit gesichert und weitere Gefolgsleute um sich geschart hatte. Er setzte sich damit über bisher respektierte Grenzen für Alter und Amtszeit hinweg. Seine andauernde Führungsrolle hatte sich der 69-Jährige auf dem Parteitag im Oktober in der Parteiverfassung verankern lassen. Damit könnte er sogar auf Lebenszeit im Amt bleiben. Er knüpft damit an den Staatsgründer Mao Tsetung (1893-1976) an, der aber Chaos über das Land gebracht hatte.
Expertin warnt vor Machtkonzentration
"Die Mao-Ära beleuchtet die Gefahren der Überkonzentration von Macht in einem kommunistischen politischen System, was im heutigen China eine zentrale Frage ist", meinte Susan Shirk, China-Professorin der University of California, frühere Abteilungsleiterin im US-Außenministerium und Autorin von "Overreach - Wie China seinen friedlichen Aufstieg zum Scheitern brachte". "Wenn sich niemand mehr traut, die Entscheidungen des Führers infrage zu stellen, neigt der Führer dazu, Fehler zu machen - nicht nur kleine Fehler, sondern solche, die eine gesamte Gesellschaft in Gefahr bringen."
- Nachrichtenagentur dpa