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Ukraine-Krieg I Kiew unter Raketenbeschuss während Besuch von UN-Generalsekretär Guterres


Guterres sicher, aber "schockiert"
Raketenbeschuss bei Besuch von UN-Chef in Kiew

Von afp, dpa
Aktualisiert am 29.04.2022Lesedauer: 3 Min.
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Explosionen in Kiew: Bilder zeigen Rauchsäulen über der ukrainischen Hauptstadt. (Quelle: t-online)

Viele Tage war es verhältnismäßig ruhig in der ukrainischen Hauptstadt. Ausgerechnet während des Besuchs von UN-Generalsekretär Guterres wurde das Zentrum Kiews mit Raketen beschossen.

Während des Besuchs von UN-Generalsekretär António Guterres in Kiew ist die ukrainische Hauptstadt erstmals seit rund zwei Wochen mit Raketen beschossen worden. Bürgermeister Vitali Klitschko sprach am Donnerstagabend im Online-Dienst Telegram von zwei russischen Angriffen im Stadtzentrum. "Am Abend hat der Feind Kiew beschossen: Zwei Explosionen im Stadtbezirk Schewtschenko", so Klitschko.

Nach Angaben des ukrainischen Katastrophenschutzes wurde dabei ein Wohnhaus getroffen. Es gebe mehrere Verletzte, sagte Behördensprecherin Switlana Wodolaga dem Fernsehsender Hromadske. Laut Präsident Wolodymyr Selenskyj wurde Kiew mit fünf Raketen angegriffen. Nach Angaben des Rettungsdienstes wurden mindestens zehn Menschen verletzt. Ein 25-stöckiges Wohngebäude sei teilweise zerstört worden.

Ein Sprecher des UN-Generalsekretärs schrieb an Journalisten, Guterres und sein Team seien in Sicherheit, aber "schockiert". Der Angriff ereignete sich weniger als eine Stunde nach dem Ende einer gemeinsamen Pressekonferenz von Guterres und Selenskyj in 3,5 Kilometern Entfernung von der Einschlagstelle der Raketen.

Die USA untersuchen derzeit die jüngsten Raketenangriffe auf Kiew. "Wir versuchen zu analysieren und herauszufinden, was hier passiert ist, was getroffen wurde und mit welcher Art von Munition", sagt Pentagon-Sprecher John Kirby gegenüber dem US-Sender CNN. Ukrainische Behörden hatten zuvor erklärt, dass das russische Militär den Angriff verübt hat.

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba schrieb auf Twitter von einem "hasserfüllten Akt der Barbarei". Demnach wurde Kiew mit Marschflugkörpern beschossen. "Russland hat ein weiteres Mal seine Haltung gegenüber der Ukraine, Europa und der Welt gezeigt", schrieb Kuleba.

"Dümmste Variante überhaupt"

Der ukrainische Präsidentenberater Michail Podoljak forderte nach dem Beschuss, Russland den Sitz im UN-Sicherheitsrat abzuerkennen. Vorgestern noch habe Guterres im Kreml gesessen und "heute gibt es nur einen Kilometer von ihm entfernt Explosionen. Ist das ein Gruß aus Moskau? Und warum ist Russland nochmal im UN-Sicherheitsrat?", kommentierte Podoljak den Angriff. Guterres sagte der BBC nach den Explosionen, er sei geschockt.

Ein weiterer Berater Selenskyjs, Olexyj Arestowytsch, hat die russischen Raketenangriffe auf Kiew während des Besuchs von UN-Generalsekretär António Guterres als "dümmste Variante überhaupt" kritisiert. "Wie sollen der UN-Chef oder die Vereinten Nationen darauf überhaupt reagieren?", sagte der Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj am Donnerstagabend. "Sie (die Russen) haben ihm einfach in den Rücken gespuckt, so saftig, mit Blut."

Traf Putin am Dienstag

Guterres hatte am Dienstag Russlands Präsidenten Wladimir Putin in Moskau getroffen. Anschließend reiste er weiter in die Ukraine, wo er am Donnerstag zunächst mehrere Vororte von Kiew besuchte, wo russische Soldaten nach ukrainischen Angaben Kriegsverbrechen begangen haben. Am Abend trat er gemeinsam mit Selenskyj in Kiew vor die Presse.

Gespräche zu Flüchtlingskorridor für Mariupol

Guterres und Selenskyj hatten bei ihren Gesprächen die Bildung eines Flüchtlingskorridors für die nach wochenlangen Kämpfen schwer zerstörte Hafenstadt Mariupol besprochen. "Mariupol ist eine Krise innerhalb einer Krise, tausende Zivilisten brauchen lebensrettende Hilfe", sagte Guterres am Donnerstag auf einer Pressekonferenz nach dem Treffen in Kiew. Sie bräuchten eine Fluchtroute, um der "Apokalypse" zu entkommen.

Der UN-Sicherheitsrat habe nicht alles in seiner Macht Stehende getan, um den Krieg zu verhindern, klagte Guterres. "Das ist eine Quelle großer Enttäuschung, Frustration und großen Ärgers", sagte er. Doch die UN-Mitarbeiter täten alles, um den Menschen in der Ukraine zu helfen.

Der UN-Chef berichtete Selenskyj, dass er bei seinem Gespräch mit Kremlchef Wladimir Putin am Dienstag eine prinzipielle Zusage dafür bekommen habe, dass die Vereinten Nationen beim Aufbau eines solchen Fluchtkorridors zusammen mit dem Roten Kreuz beteiligt würden. Nun gebe es intensive Beratungen dazu, wie der Vorschlag in die Realität umgesetzt werden könne.

Guterres will über Stahlwerk vermitteln

Selenskyj zeigte sich nach dem Gespräch mit Guterres optimistisch. Nun glaube er daran, dass die Belagerung des Stahlwerks Azowstal beendet und in Mariupol ein "erfolgreiches Ergebnis" erzielt werden könne, sagte er laut der ukrainischen Nachrichtenagentur Unian.

Außerdem erklärte Selenskyj sich bereit, sofort über die Evakuierung der im Stahlwerk eingeschlossenen Menschen zu verhandeln und die Verhandlungsergebnisse ebenso schnell umzusetzen. "Wir erwarten von der Russischen Föderation eine humane Haltung gegenüber diesen Menschen", sagte er. Im Stahlwerk Azowstal sind nach ukrainischen Angaben neben Soldaten und Kämpfern des nationalistischen Asow-Regiments auch bis zu 1.000 Zivilisten eingesperrt.

Russland erteilte aber einem freien Geleit der eingeschlossenen Soldaten eine Absage. Am Abend sagte ein Sprecher, dass Zivilistendas Stahlwerk unbehelligt verlassen könnten. Soldaten müssten die Waffen niederlegen und würden dann in Gewahrsam genommen.

Mariupol ist seit Wochen schwer umkämpft. Selenskyj widersprach am Donnerstag russischen Angaben, wonach die Stadt im Südosten der Ukraine inzwischen fest in russischer Hand sei und die Kämpfe beendet. Das Werk Azovstal werde immer noch bombardiert, sagte er.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen AFP und dpa
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