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Omikron im Ausland: Mehr Infektionen, aber weniger Krankenhauseinweisungen


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Pandemiepolitik im Ausland
Omikron wird zum Ritt auf der Rasierklinge


Aktualisiert am 05.01.2022Lesedauer: 6 Min.
Passagiere am Flughafen John F. Kennedy in New York: Aufgrund der Omikron-Variante fielen zahlreiche Flüge in den USA aus.Vergrößern des Bildes
Passagiere am Flughafen John F. Kennedy in New York: Aufgrund der Omikron-Variante fielen zahlreiche Flüge in den USA aus. (Quelle: Jeenah Moon/reuters)
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Die einen haben die Omikron-Welle bereits hinter sich, die anderen sind mittendrin. Wie gehen andere Länder bei der Bekämpfung der neuen Variante vor – und was bedeutet das für Deutschland?

Auf einmal könnte alles ganz schnell gehen – zumindest, wenn man Tyra Grove Krause glaubt. Ende Januar werde Omikron wohl seinen Höhepunkt in Dänemark erreichen, sagte die Epidemiologin und Leiterin des "Statens Serum Institute" dem Sender TV2. Allerdings sei es dann möglich, dass die Virusvariante das Ende der Pandemie einleite und "wir in zwei Monaten unser normales Leben wiederhaben werden". Hoffnung mache nämlich, dass die Variante zwar ansteckender sei, aber eben nicht kranker mache als vorherige Corona-Varianten.

Ist Omikron also der letzte Sturm, bevor die Pandemie ihren Schrecken verliert? Auch in anderen Ländern besteht diese Hoffnung. Allerdings zieht daraus nicht jede Regierung die gleichen Schlüsse. Ein Überblick zu vier Ländern:

USA

Das neue Jahr beginnt für die USA gleich mit einem Negativrekord: Am vergangenen Montag infizierten sich laut Johns Hopkins University 1,08 Millionen Menschen mit dem Coronavirus. Damit wurde der bisherige Spitzenwert von fast 591.000 täglichen Infektionen vom 30. Dezember mehr als deutlich überschritten. "Wir befinden uns definitiv mitten in einem sehr ernsten Anstieg und Aufwärtstrend der Fälle", sagte der Epidemiologe und Regierungsberater Anthony Fauci am Sonntag dem Fernsehsender ABC. Dass die Kurve der Neuinfektionen so steil in die Höhe schieße, sei "wirklich beispiellos". Die Gesundheitsbehörde CDC schätzte noch Ende Dezember, dass der Omikron-Anteil bei den Infektionen bei 58 Prozent liege.

Trotz der steigenden Infektionszahlen bleiben die Todeszahlen dagegen vergleichsweise konstant: Pro Tag werden seit Anfang November grob 1.000 weitere Corona-Tote gemeldet. Im vergangenen Jahreswechsel oder noch bei der ersten Welle waren die Zahlen dagegen zum Teil doppelt oder dreimal so hoch. Für die nächsten Januarwochen geht die Gesundheitsbehörde CDC allerdings von einem Anstieg bei den Hospitalisierungen aus.

Biden: Kein Grund zur Panik

Zur Bekämpfung der Welle setzt die US-Regierung voll auf die Impfung. Dort liegt das Land im Vergleich zu Deutschland zurück: 62 Prozent der Amerikaner sind vollständig geimpft (Deutschland: 71 Prozent), 34 Prozent haben einen Booster erhalten (Deutschland: 39 Prozent).

US-Präsident Joe Biden versuchte daher in den vergangenen Wochen, für mehr Impfungen zu werben: Man sollte wegen Omikron besorgt sein, hatte er kurz vor Weihnachten getwittert, allerdings gebe es keinen Grund zur Panik: "Wenn man vollständig geimpft ist, vor allem, wenn man geboostert ist, ist man sehr gut geschützt." Kurz vor dem Jahreswechsel teilte er zudem mit, dass man die Impfkampagne weiter hochfahren und die Krankenhäuser mit zusätzlicher Ausrüstung und Personal stärken wolle. Auch die Produktion von Selbsttests soll mit 137 Millionen Dollar stärker gefördert werden. Zusätzlich wurde die Quarantäne für Infizierte von zehn auf fünf Tage reduziert.

Großbritannien

Auch das Vereinigte Königreich verzeichnete nach den Weihnachtsfeiertagen einen neuen Tagesrekord mit fast 319.000 Neuinfektionen. Zwar gingen die Zahlen danach wieder zurück, blieben aber seitdem an jedem Tag im sechsstelligen Bereich. Premierminister Boris Johnson sagte am Montag, die Omikron-Variante werde in den kommenden Wochen für erheblichen Druck in den Krankenhäusern sorgen: Dort steigt die Zahl der eingewiesenen Corona-Patienten bereits seit Mitte Dezember immer weiter an – allerdings noch deutlich unter dem Niveau vom Januar 2020, als vor allem die Alpha-Variante die Infektionen deutlich nach oben trieb.

Auffallend ist, dass trotz der steigenden Belegungen in den Krankenhäusern die Zahl der Patienten, die künstlich beatmet werden müssen, leicht rückläufig ist: Lag sie Anfang November noch bei rund 1.000, befindet sie sich Ende Dezember bei weniger als 900. Eine ähnliche Entwicklung war bis vor den Feiertagen auch bei den Todeszahlen erkennbar. Einen Anteil daran hat wohl die hohe Boosterquote des Landes von rund 50 Prozent.

Keine neuen Beschränkungen geplant

Dementsprechend zeigt sich die britische Regierung auch trotz der hohen Infektionszahlen eher gelassen. Neue Einschränkungen plane Gesundheitsminister Sajid Javid nicht, hatte er kürzlich in einem Gastbeitrag in der "Daily Mail" deutlich gemacht. Stattdessen lauten seine Verteidigungslinien: impfen, testen und medizinische Behandlungen. Seit September habe man etwa 20.000 neue Mitarbeiter im Gesundheitswesen eingestellt.

Doch der Kurs der britischen Regierung ist riskant: Mehrere Krankenhäuser erklärten am heutigen Dienstag den Katastrophenfall, da das Personal aktuell nicht mehr ausreiche. "In vielen Teilen des Gesundheitssystems sind wir aktuell im Krisenzustand", sagte Matthew Taylor von nationalen Gesundheitsdienst NHS der BBC. Auch in anderen Branchen – wie etwa im Schulwesen oder beim Zugverkehr – werden vergleichbare Engpässe befürchtet.

Israel

Während in den meisten Ländern die dritten Impfungen in vollem Gang sind, hat Israel bereits die vierte Impfdosis genehmigt: An Silvester erhielten Menschen mit Immunschwäche ihren zweiten Booster, inzwischen wurde die Kampagne auf alle über 60-Jährigen und auf medizinisches Personal ausgeweitet.

Denn auch in dem kleinen Land lässt Omikron die Fallzahlen in die Höhe schnellen: Wurden um die Weihnachtszeit noch 1.300 neue Infektionen gemeldet, waren es am gestrigen Montag bereits 9.800. Die Statistiken zeigen jedoch: Trotz der hohen Infektionszahlen ist auch in Israel noch kein vergleichbar hoher Anstieg der Fälle in den Krankenhäusern erkennbar.

Verglichen mit Deutschland hat Israel mit 46 Prozent auch einen Vorsprung bei den Boosterimpfungen. Doppelt geimpft sind allerdings nur noch 61 Prozent der Bevölkerung. Bei neun Prozent ist der Schutz bereits abgelaufen, der sechs Monate nach der zweiten Impfung von der Regierung nicht mehr anerkannt wird.

Bennet hat Wirtschaft im Blick

Ministerpräsident Naftali Bennet wirbt auch deshalb intensiv für die dritte und vierte Impfung, weil er einen weiteren Lockdown ablehnt: "Unser Hauptziel ist immer noch, eine funktionierende Wirtschaft zu haben, während wir die Schwächsten schützen." Erste Studienergebnisse zu dem zweiten Booster klingen durchaus vielversprechend: Die Antikörperzahl soll sich bei einer vierten Impfung mit dem Mittel von Biontech um das Fünffache erhöhen. Allerdings lässt sich von der Höhe des Zuwachses an Antikörpern nicht automatisch darauf schließen, inwieweit sich der tatsächliche Schutz vor Infektion oder Erkrankung verbessert.

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Zu Bennets Appell an die Wirtschaft passt, dass das Land seine Einreisebeschränkung für Touristen, die Ende November verhängt wurde, wieder aufheben will: Geimpfte Touristen dürfen vom 9. Januar an wieder einreisen. Neben der Impfung ist zusätzlich ein negativer PCR-Test oder eine 24-stündige Quarantäne vor Ort notwendig.

Südafrika

Das Land, in dem Omikron erstmals entdeckt wurde, hat die Welle wohl bereits hinter sich: Am 12. Dezember wurde mit fast 38.000 Neuinfektionen ein neuer Rekord aufgestellt. Am vergangenen Montag war die Zahl auf rund 3.000 zusammengeschrumpft. Auch bei den Krankenhauseinlieferungen wurde am 25. Dezember ein erster Rückgang verzeichnet – und das obwohl das Land eine niedrige Impfquote aufweist. Vollständig geimpft sind dort 26 Prozent, rund 32 Prozent sollen ihre erste Impfung erhalten haben.

Dennoch gab die Regierung bereits an Silvester Entwarnung: "Alle Indikatoren deuten darauf hin, dass das Land den Höhepunkt der vierten Welle auf nationaler Ebene überschritten haben könnte", hieß es vergangene Woche aus dem Büro des Präsidenten Cyril Ramaphosa. Aus diesem Grund wurde auch die nächtliche Ausgangssperre aufgehoben, die vor 21 Monaten in dem Land verhängt wurde.

Was kann Deutschland aus den Beispielen lernen?

Die Omikron-Welle mit vermutlich vielen Infektionen und leichteren Verläufen überstehen und dann langsam von der Pandemie in die Endemie gleiten? Klingt nach einer hoffnungsvollen Ausgangslage für das dritte Pandemiejahr – gerade im Hinblick auf die Situation in Südafrika. "Ein Blick in die Zukunft" nannte Virologe Christian Drosten die Lage in dem Land zuletzt im ZDF. Dort stelle sich wohl gerade eine endemische Situation ein.

Allerdings ist die Ausgangslage in Deutschland eine andere: Zwar weist Südafrika eine deutlich geringere Impfquote auf. Dort geht man allerdings von einer hohen Dunkelzahl an Infizierten aus, noch dazu ist dort im Gegensatz zu Deutschland gerade Sommer.

Der Ritt auf der Rasierklinge

Kann sich Deutschland stattdessen wie Israel aus der Welle boostern? Die ersten Ergebnisse der vierten Impfung machen Hoffnung. Allerdings sind die beiden Impfkampagnen kaum vergleichbar: Israel startete seine Impfungen viel schneller und hat dementsprechend deutlich früher mit nachlassendem Schutz der Vakzine zu kämpfen. Eine vierte Impfung wird wohl erst im kommenden Frühjahr hierzulande ein Thema sein, vermutlich schon mit angepassten Omikron-Impfstoffen.

Was kann Deutschland von Großbritannien und den USA lernen? Die Situationen dort sind der deutschen wohl noch am ähnlichsten. Vor allem der britische Kurs gleicht aktuell allerdings einem Ritt auf der Rasierklinge: Die überwiegend leichten Verläufe machen zwar Hoffnung. Dennoch fürchtet man auch dort in den kommenden Wochen schwere Belastungen der Krankenhäuser, auch in anderen Berufsgruppen scheint ein hoher Personalausfall möglich. Noch glaubt die Regierung, ohne weitere Einschränkungen die Welle zu überstehen. Ob Boris Johnsons Rechnung aufgeht, wird sich wohl schon in wenigen Wochen zeigen. Dann sollte die deutsche Regierung auf jeden Fall genau hinsehen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Mit Material von dpa, AFP und Reuters
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