Internationale Beziehungen Außenministerin Baerbock: "Auf Deutschland ist Verlass"
Berlin (dpa) - Die neue Außenministerin Annalena Baerbock hat den internationalen Partnern politische Kontinuität versprochen und die deutsch-französische Partnerschaft beschworen.
Die Europäische Union "ist und bleibt der Dreh- und Angelpunkt unseres außenpolitischen Handelns", sagte die Grünen-Politikerin am Mittwochnachmittag bei der Amtsübergabe durch ihren Vorgänger Heiko Maas (SPD) im Auswärtigen Amt in Berlin. Vor diesem Hintergrund betonte sie: "Deutschland und Frankreich gehören auf ewig zusammen."
Antrittsbesuche in Planung
Noch am Abend wollte Baerbock zu einer Serie von Antrittsbesuchen starten. An diesem Donnerstag ist in Paris ein Treffen mit dem französischen Außenminister Jean-Yves Le Drian geplant. Am Nachmittag wollte die erste Frau an der Spitze des Auswärtigen Amts in Brüssel den EU-Außenbeauftragten Josep Borrell treffen. Eines der wichtigsten Themen für Baerbock dürfte die angespannte Lage zwischen Russland und der Ukraine sein. Am Freitag fliegt Baerbock nach Warschau zu einem Gespräch mit ihrem polnischen Amtskollegen Zbigniew Rau. Dabei dürfte auch die Situation der Migranten an der polnischen Grenze zu Belarus Thema sein sowie die umstrittene Gaspipeline Nord Stream 2 sein.
Die neuen Ordnungsmuster in der Welt seien nicht ermutigend, sagte Baerbock. "Wir leben in einer Welt ohne wirkliche globale Führung", in der Menschheitsherausforderungen wie die Klimakrise nur gemeinsam angegangen werden könnten. Die europäische Rolle müsse daher weiter gestärkt werden, "ohne der Gefahr eines Scheinriesens zu verfallen". Einerseits müsse dafür auf Bewährtes aufgebaut werden. Nach 16 Jahren CDU-Kanzlerschaft Angela Merkels gelte: "Auch wenn die Ampelkoalition für Deutschland neu ist: Auf unser Land bleibt Verlass." Die Ampel stehe fest zur europäischen Einigung, dem transatlantischen Bündnis und den multilateralen Verpflichtungen - "sicherheitspolitisch verlässlich, außenpolitisch klar positioniert".
Nüchterne Analyse
Die von der Ampel angestrebte Modernisierung des Landes gelinge nur international eingebettet, sagte Baerbock. "Alleingänge sind in einer vernetzten und verknüpften Welt zum Scheitern verurteilt." Dieser gemeinschaftliche Ansatz werde zunehmend herausgefordert, warnte sie. Es möge sich zwar gut anfühlen, eine bessere Welt zu beschwören. Es müsse aber nüchtern analysiert werden, dass etwa China, Russland und auch andere Staaten "ihre Vorteile auf andere Weise suchten, als wir das für tragfähig halten". Zugleich müsse mehr darüber nachgedacht werden, wie man diesem Konkurrenz- und Gegensatzdenken beikomme. "Denn wir können uns einen Zerfall der Weltgemeinschaft in unversöhnliche Lager nicht leisten", sagte Baerbock.
Deutsche Außenpolitik setze deshalb auf Dialog und Kooperation mit einem klaren Wertekompass, versicherte die Außenministerin. In manchen Momenten brauche sie Entschiedenheit und auch kreatives Engagement. "Wir messen unsere Partner an ihrem Handeln und an ihren internationalen Verpflichtungen", sagte sie. Baerbock kündigte zugleich an, sich in einer verstärkten Zusammenarbeit mit dem Innenministerium darum zu bemühen, weiteren bedrohten Menschen bei deren Ausreise aus Afghanistan zu helfen. Um den Kampf gegen den Klimawandel zu stärken, holt Baerbock zudem die Zuständigkeiten für internationale Klimapolitik ins Auswärtige Amt.
Gemeinsam agieren mit Scholz
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) betont derweil, dass er die Außenpolitik seiner Regierung im Einvernehmen mit seiner Außenministerin gestalten möchte. "Die Regierung arbeitet gemeinsam für unser Land, und wir werden auch gemeinsam agieren, auch in den Fragen der Außenpolitik oder der Europapolitik", sagte er am Mittwoch in einem ARD-Interview auf die Frage, ob sich Spannungen mit Baerbock über den außenpolitischen Kurs anbahnten. Die Grundlagen für die gemeinsame Außenpolitik stünden im Koalitionsvertrag. "Und deshalb machen solche Spekulationen auch nur wenig Sinn."
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hatte zuvor im Deutschlandfunk gesagt, dass die deutsche Außenpolitik "insbesondere im Kanzleramt" gesteuert werde. Dieser Einschätzung widersprach der Grünen-Abgeordnete Omid Nouripour, der sich um den Parteivorsitz bewirbt, auf Twitter ausdrücklich: "Das Auswärtige Amt so herabzusetzen ist die überkommene "Koch-Kellner-Logik". Wir sollten auf der Grundlage des Koalitionsvertrags Vertrauen aufbauen, nicht Vorgärten pflegen."