Zensurgesetz zu Homosexualität Kinderbuch-Redakteur verlässt nach Drohungen Ungarn
Eine Politikerin schredderte öffentlich sein Buch, Rechtsextreme fahren eine Kampagne gegen ihn: Der Redakteur Boldizsar Nagy verlässt Ungarn. Er sehe dort für sich und seinen Lebenspartner keine Zukunft mehr.
Der Redakteur des von homofeindlichen Rechten angefeindeten Kinderbuchs "Märchenland für alle" verlässt wegen anhaltender Drohungen gegen seine Person seine Heimat Ungarn. Die Entscheidung sei schon früher gefallen, sagte der Literaturwissenschaftler und Übersetzer Boldizsar Nagy am Dienstag dem Nachrichtenportal "24.hu". Die Kampagne gegen sein Buch sowie das in der Vorwoche in Kraft getretene Gesetz zur Unterdrückung von Informationen über Homosexualität für Jugendliche hätten ihn darin bekräftigt, für sich und seinen Lebenspartner keine Zukunft in Ungarn zu sehen.
In "Märchenland für alle" werden bekannte Märchen neu erzählt, indem die Heldenfiguren Minderheiten angehören. Darunter sind in tiefer Armut lebende Kinder, Kinder mit Behinderung, Opfer von häuslicher Gewalt, Homosexuelle und Transpersonen. Die Autorinnen und Autoren wollen damit mehr Akzeptanz für benachteiligte Menschen schaffen.
Orbán: "Lasst unsere Kinder in Ruhe!"
Im Vorjahr schredderte eine rechtsextreme Parlamentsabgeordnete das Buch vor laufenden Fernsehkameras. Der rechtsnationale Ministerpräsident Viktor Orbán äußerte sich anschließend billigend über die Aktion der radikalen Politikerin. "Lasst unsere Kinder in Ruhe!", sagte Orbán damals. Seitdem stellen die von der Regierung abhängigen Medien Homosexualität mit Pädophilie gleich.
Auch das nunmehr in Kraft getretene Informationsgesetz zielt auf eine derartige Gleichsetzung ab. Insbesondere ist es verboten, Bücher und andere Informationsträger Menschen unter 18 zugänglich zu machen, die Homosexualität, Transidentität oder Geschlechtsumwandlungen "darstellen" oder "propagieren".
- Nachrichtenagentur dpa