Festnahme in der Türkei HDP-Politiker schläft aus Protest fünf Tage im Parlament
Nachdem einem Politiker in der Türkei das Abgeordnetenamt entzogen wurde, protestierte er tagelang im Parlament. Bei seiner Morgenroutine stürmten gleich 100 Polizisten das Gebäude, um ihn festzunehmen. Der Fall ist höchst umstritten.
In der Türkei ist der kürzlich vom Parlament ausgeschlossene pro-kurdische Oppositionspolitiker Ömer Faruk Gergerlioglu festgenommen worden. "Unser Abgeordneter Faruk Gergerlioglu wurde in Gewahrsam genommen", berichtete die pro-kurdische Demokratische Partei der Völker (HDP). Inzwischen sei er wieder auf freiem Fuß, teilte Gergerlioglu am Sonntag auf Twitter mit. "Ihr könnt mich mit Gewalt aus der Nationalversammlung herausholen, aber ihr könnt mich niemals aus dem Herzen der Nation entfernen", schrieb er.
Polizisten waren am Morgen in das Parlamentsgebäude in Ankara, in dem Gergerlioglu ausharrte, eingedrungen und hatten den Politiker festgenommen. Gergerlioglu war am vergangenen Mittwoch sein Abgeordnetenmandat entzogen worden. Dies sowie die Einleitung eines Verbotsverfahrens gegen die HDP am selben Tag hatte massive internationale Kritik ausgelöst.
Gergerlioglu hatte sich seitdem aus Protest geweigert, das Parlamentsgebäude zu verlassen. Er sei "im Schlafanzug und in Hausschuhen gewaltsam" festgenommen worden, hieß es in der HDP-Mitteilung. Der Politiker habe sich gerade für das Morgengebet vorbereitet und gesagt: "Lassen Sie mich erst meine Gebete verrichten und mich umziehen, dann gehen wir." Die Polizisten hätten das verweigert. Aufnahmen zeigen, wie Gegerlioglu unter Protest von rund 100 Beamten abgeführt wird.
Politiker wurde in umstrittenem Verfahren verurteilt
Gergerlioglu war in einem umstrittenen Verfahren wegen "terroristischer Propaganda" zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Der Entzug seines Abgeordnetenmandats stieß international auf scharfe Kritik. Das Vorgehen gegen Gergerlioglu und zahlreiche weitere Abgeordnete und Mitglieder der HDP "reihen sich in eine Entwicklung ein, die die rechtsstaatlichen Abläufe in der Türkei infrage stellt", erklärte ein Sprecher des Auswärtigen Amts in dieser Woche.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan beschuldigt die HDP regelmäßig, der politische Arm der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu sein, die im Südosten des Landes und im Nordirak gegen die türkische Armee kämpft. Die HDP weist die Vorwürfe immer wieder zurück.
Gemäß der türkischen Verfassung kann ein Abgeordnetenmandat aufgehoben werden, wenn der Träger eine Straftat begangen hat, die eine Kandidatur von vornherein ausgeschlossen hätte. Hintergrund des rechtskräftigen Urteils ist ein Tweet aus dem Jahr 2016. Der Politiker kritisiert den Richterspruch als politisch motiviert.
- Nachrichtenagenturen AFP, dpa