"Nicht der richtige Weg" Maas gegen Stopp der Rüstungsexporte in die Türkei
Berlin (dpa) - Außenminister Heiko Maas hat den von Griechenland wegen des Erdgas-Konflikts im Mittelmeer geforderten sofortigen Stopp der Rüstungsexporte in die Türkei abgelehnt.
"Strategisch halte ich das nicht für den richtigen Weg", sagte der SPD-Politiker in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. Er verwies darauf, dass das gegenüber einem Nato-Partner wie der Türkei auch nicht ganz einfach wäre. "Denn wir haben schon einmal erlebt, dass der Nato-Partner Türkei, weil er keine Raketen mehr aus den USA bekam, sie dann einfach in Russland gekauft hat."
Die Bundesregierung hat in diesem Jahr allerdings deutlich weniger Rüstungsexporte in die Türkei genehmigt als 2019. Nach einer Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Sevim Dagdelen wurden bis zum 10. Dezember Lieferungen für 22,9 Millionen Euro erlaubt im Vergleich zu 31,6 Millionen Euro im gesamten Vorjahr.
Wegen des Konflikts mit der Türkei im östlichen Mittelmeer hatte Deutschlands EU-Partner Griechenland die Bundesregierung im Oktober förmlich zu einem Waffenembargo gegen Ankara aufgefordert. Dabei geht es vor allem um sechs U-Boote, die in der Türkei unter maßgeblicher Beteiligung des Konzerns ThyssenKrupp Marine Systems montiert werden. Berlin hatte die Lieferung von Bauteilen bereits 2009 genehmigt. Damals waren die Beziehungen zur Türkei noch deutlich entspannter.
Nach dem Einmarsch türkischer Truppen in Nordsyrien im Oktober 2019 hatte die Bundesregierung die Rüstungsexporte in die Türkei lediglich eingeschränkt. Seitdem genehmigt sie keine Lieferungen von Waffen und anderen militärischen Gütern mehr, die im Syrien-Krieg eingesetzt werden können. Die U-Boot-Komponenten dürfen aber weiter ausgeführt werden.
Griechenland wirft dem Nato-Partner Türkei vor, vor griechischen Inseln illegal nach Erdgas-Vorkommen zu suchen. Die Regierung in Ankara weist die Vorwürfe zurück und argumentiert, dass die Gewässer zum türkischen Festlandsockel gehören. Deutschland hat bislang vergeblich versucht, in dem Konflikt zu vermitteln.
Maas räumte ein, dass die diplomatischen Bemühungen bisher nicht die gewünschten Fortschritte gebracht hätten. Deshalb habe die EU vor zwei Wochen auch Sanktionen gegen Einzelpersonen und türkische Unternehmen beschlossen, die an den als illegal erachteten Probebohrungen beteiligt sind. Strafmaßnahmen gegen ganze Wirtschaftszweige oder ein EU-Waffenembargo fanden auf dem EU-Gipfel in Brüssel dagegen nicht die erforderliche einstimmige Mehrheit.
Die Hoffnung auf eine Beilegung des Streits auf diplomatischem Weg hat der Außenminister noch nicht aufgegeben. "Wir setzen natürlich auch weiter darauf, dass es eine Lösung für den Konflikt gibt und wir nicht dauerhaft einen Nato-Partner aus der Rüstungszusammenarbeit herausnehmen müssen", betonte der SPD-Politiker.
Nach dem Putschversuch in der Türkei vor vier Jahren hatte die Bundesregierung die Genehmigungen von Rüstungslieferungen an den Nato-Partner zunächst deutlich zurückgefahren - von 83,9 Millionen Euro in 2016 auf 12,9 Millionen 2018. Im vergangenen Jahr hatte es erstmals wieder eine Steigerung gegeben. Nach den neuen Zahlen aus dem Wirtschaftsministerium dreht sich der Trend jetzt aber wieder um. Besonders im zweiten Halbjahr hat die Bundesregierung der deutschen Rüstungsindustrie kaum noch Lieferungen in die Türkei erlaubt.
Die Linken-Außenpolitikerin Dagdelen nennt die Fortsetzung der Exporte von militärischen Gütern in die Türkei trotzdem eine "zynische Geopolitik". "Soll der Autokrat Erdogan in seiner Kriegspolitik nicht immer weiter ermutigt werden, müssen die Rüstungsexporte an die Türkei sofort gestoppt werden", sagt sie.