30 Jahre Samtrevolution Hunderttausende Tschechen fordern Rücktritt der Regierung
In der Samtrevolution stürzten die Menschen in der Tschechoslowakei vor 30 Jahren das kommunistische Regime. Auch heute sind viele Tschechen unzufrieden mit ihrer Regierung – und gehen erneut auf die Straßen.
Unmittelbar vor dem 30. Jahrestag der Samtenen Revolution ist es in Prag zu massiven Protesten gegen die Regierung gekommen. Hunderttausende Menschen nahmen am Samstag an einer Großkundgebung auf der weitläufigen Letna-Ebene über der Moldau teil. Die Veranstalter vom Bündnis "Eine Million Augenblicke für Demokratie" sprachen von einer Viertelmillion Teilnehmern.
Sie forderten Ministerpräsident Andrej Babis ultimativ zum Rücktritt auf. "Schande" und "Tritt zurück!" skandierten die Menschen. Der Milliardär Babis, der ein Medien- und Industrie-Imperium in Tschechien geschaffen hat, führt eine Minderheitsregierung, die von den Kommunisten im Parlament toleriert wird. Er steht im Verdacht, mit seinem Konzern Agrofert unrechtmäßig EU-Subventionen in Millionenhöhe eingestrichen zu haben. Während er die Vorwürfe zurückweist, sieht die EU-Kommission zudem einen möglichen Interessenkonflikt zwischen seiner Funktion als Politiker und als Unternehmer.
Immer wieder Proteste gegen Babis
Seit Ende April gibt es in Prag und anderen Städten in Tschechien immer wieder Kundgebungen gegen Babis. Er war laut Unterlagen der kommunistischen Geheimpolizei in den 80er-Jahren einer ihrer Mitarbeiter. Auch dies bestreitet Babis. Zuletzt hatten im Juni rund 250.000 Tschechen bei einer Demonstration in Prag seinen Rücktritt gefordert.
Die Niederschlagung einer friedlichen Studentendemonstration am 17. November 1989 hatte den Beginn der Samtenen Revolution, der demokratischen Wende in der damaligen Tschechoslowakei, markiert. "Es sieht heute nicht so aus, wie wir uns das damals vorgestellt haben", sagte einer der Demonstranten. "30 Jahre nach der Samtenen Revolution haben wir eine Regierung, die von den Kommunisten toleriert wird", kritisierte eine andere Frau.
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Babis hatte den Demonstranten im Vorfeld vorgeworfen, die "Atmosphäre des Jahrestags" zu missbrauchen. Ihre Beweggründe verstehe er nicht. Der gebürtige Slowake steht an der Spitze einer Minderheitsregierung aus seiner populistischen Partei ANO (Tschechisch für "Ja") und der sozialdemokratischen CSSD, die von den Kommunisten (KSCM) geduldet wird.
- Nachrichtenagenturen dpa, AFP