Nachfolge von John Bercow Johnson droht ein neuer Feind im Unterhaus
Im Rennen um die Nachfolge des abgetretenen Unterhauspräsidenten John Bercow treten sieben Kandidaten an. Für Premierminister Boris Johnson könnte die Wahl unangenehm werden.
Wer ruft das britische Unterhaus künftig zur Ordnung? Die Abgeordneten in London entscheiden heute über die Nachfolge von Parlamentspräsident John Bercow, der mit seinen markanten "Order"-Rufen international Bekanntheit erlangte. Er hatte das Amt am 31. Oktober niedergelegt.
Zur Wahl als "Speaker of the House of Commons" stehen sieben Kandidaten. Sie stellen sich zunächst der Reihe nach dem Parlament vor. Sodann wird solange in geheimer Wahl abgestimmt, bis ein Bewerber die absolute Mehrheit erhält. In jeder Runde scheiden der Abgeordnete mit den wenigsten Stimmen sowie alle Kandidaten mit weniger als fünf Prozent Zustimmung aus.
Johnson droht wieder ein unangenehmer Sprecher
Als Favoriten gelten die Labour-Abgeordneten Lindsay Hoyle, bisher Vize-Sprecher, und Harriet Harman, die dienstälteste Parlamentarierin. Von den Konservativen werden Eleanor Laing die besten Chancen eingeräumt. Zudem haben sich die Labour-Abgeordneten Chris Bryant, Meg Hillier und Rosie Winterton beworben. Auch der konservative Brexit-Hardliner Edward Leigh tritt bei der Wahl an.
Da die Regierung von Premierminister Boris Johnson keine Mehrheit im Unterhaus hat, dürfte sie wieder mit einem für sie unangenehmen Parlamentspräsidenten konfrontiert werden.
"Speaker" nur für einen Tag?
Bereits in der Nacht zum Mittwoch soll das Parlament dann aufgelöst werden für die anstehende Neuwahl am 12. Dezember. Dann muss auch der Speaker im Amt bestätigt werden; nach den Parlamentswahlen 2015 und 2017 geschah dies jeweils ohne Wahl.
Der Parlamentspräsident hat eine zentrale Rolle im Unterhaus inne. Er erteilt und entzieht Abgeordneten das Wort, entscheidet über die Zulässigkeit von Anträgen und vertritt die Kammer unter anderem gegenüber der Königin und dem Oberhaus (House of Lords).
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Bercow war der 157. Speaker und seit 2009 im Amt. Im Streit über den geplanten EU-Austritt des Landes kritisierten vor allem Brexit-Hardliner den Politiker, der aus Amtsgründen seine Verbindungen mit den Konservativen trennte, als parteiisch. Mehrmals setzte sich der 56-Jährige über Konventionen hinweg, damit sich die Abgeordneten im Streit mit der Regierung durchsetzen konnten. Bercow rechtfertigte das mit einem immer autoritäreren Regierungsstil. Viele Parlamentarier lobten, er habe die Rechte des Unterhauses gegenüber der Regierung gestärkt.
- Nachrichtenagentur dpa