Rauswurf von FPÖ-Innenminister? Politdrama in Wien – Kurz will sich am Mittag äußern
Nach dem Rücktritt von FPÖ-Chef Strache in der Ibiza-Affäre droht der endgültige Bruch der Rechtskoalition in Wien. Bundeskanzler Kurz will am Mittag eine Erklärung abgeben.
Nach einer Sitzung des Parteivorstands der konservativen ÖVP will Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Montagmittag eine Erklärung abgeben. Es wird davon ausgegangen, dass Kurz die Entlassung von FPÖ-Innenminister Herbert Kickl vorschlagen wird. Kurz hält es für untragbar, dass Kickl während der absehbaren Ermittlungen zur Videoaffäre im Amt bleibt.
Im Video, das zum Rücktritt von Vizekanzler Heinz-Christian Strache und zum Bruch der ÖVP-FPÖ-Koalition geführt hat, werden möglicherweise illegale Parteispenden an die FPÖ thematisiert. Im Juli 2017, dem Zeitpunkt der heimlichen Aufnahmen, war Kickl FPÖ-Generalsekretär. "Klar ist, dass Kickl nicht gegen sich selbst ermitteln kann", sagte Kurz dem "Kurier".
Beamte könnten Ministerien leiten
Formal muss Bundespräsident Alexander Van der Bellen nach einem solchen Vorschlag den Minister seines Amtes entheben. Sollte Kickl entlassen werden, will die FPÖ alle ihre Minister aus dem Kabinett abziehen. Es gilt als sicher, dass dann Beamte und Experten diese Ressorts bis zu den geplanten Neuwahlen im September leiten werden.
In dem von "Spiegel" und "Süddeutscher Zeitung" veröffentlichten Video hatte Strache einer angeblichen russischen Oligarchennichte unter anderem öffentliche Aufträge in Aussicht gestellt, sollte sie der FPÖ zum Erfolg bei den Nationalratswahlen 2017 verhelfen.Seither steckt Österreich in einer tiefen politischen Krise.
Vize-Kanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache war im Juli 2017, wenige Monate vor den Nationalratswahlen, heimlich bei einem Treffen mit der angeblichen Nichte eines russischen Oligarchen gefilmt worden. Dabei hat er der Frau im Gegenzug für Wahlkampfhilfe zugunsten der FPÖ Vorteile in Aussicht gestellt, darunter die Vergabe öffentlicher Aufträge an ihre Firmen. Als Konsequenz trat Strache am Samstag zurück. Kurz verkündete wenig später das Ende der Koalition, die nur 18 Monate regierte. Im September soll es Neuwahlen geben.
Kurz: Strache könnte sich auch strafbar gemacht haben
Die Affäre wird nach Überzeugung von Experten den Rechtspopulisten bei der Europawahl schaden. "Die Wähler werden sich jetzt zweimal überlegen, ob sie solchen Leuten ihre Stimme geben", sagte der Dresdner Politikwissenschaftler Werner Patzelt dem Berliner "Tagesspiegel". Dies werde auch Konsequenzen für die AfD in Deutschland haben. Nach Ansicht des Chefs der Forschungsgruppe Wahlen, Matthias Jung, könnte der Strache-Skandal den Vormarsch der Rechtspopulisten in Europa bremsen. Dadurch würden bürgerliche Wähler in ihrer antipopulistischen Haltung gestärkt und eher zur Wahl gehen, sagte er ebenfalls dem "Tagesspiegel".
Unterdessen schließt Kanzler Kurz (ÖVP) nicht aus, dass sich Strache durch dessen Äußerungen in dem Skandalvideo strafbar gemacht haben könnte. "Die Ermittlungen werden zeigen, was jetzt passiert", sagte Kurz der "Bild". "Aber, was er in diesem Video sonst sagt, ist ein großer Skandal, bedeutet das Ende von seiner politischen Tätigkeit und vermutlich auch strafrechtliche Konsequenzen", sagte Kurz weiter.
Norbert Hofer wird Parteichef – Johann Gudenus tritt zurück
Indessen ist der österreichische Verkehrsminister Norbert Hofer einstimmig zum neuen Parteichef bestimmt worden. Das gab die FPÖ am Sonntagabend bekannt. Bei der nächsten Sitzung des Bundesparteivorstandes, die nach der Europawahl stattfinden wird, solle diese Entscheidung formal bestätigt werden.
FPÖ-Fraktionschef Johann Gudenus gab unterdessen seinen Austritt aus der FPÖ bekannt – "mit sofortiger Wirkung", wie er mitteilte. Ebenso werde er sein Nationalratsmandat niederlegen. Gudenus hatte in dem Video gedolmetscht.
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Wie die ÖVP auf bundespolitischer Ebene geht die sozialdemokratische SPÖ auf landes- und kommunalpolitischer Ebene auf Distanz zur FPÖ. Die einzige SPÖ-FPÖ-Koalition auf Landesebene soll nach Angaben von Burgenlands Ministerpräsident Hans Peter Doskozil (SPÖ) vorzeitig beendet werden. In Linz, Österreichs zweitgrößter Stadt, werde es vorzeitige Neuwahlen geben, kündigte SPÖ-Parteichefin Pamela Rendi-Wagner im Fernsehen an. In der dortigen Proporzregierung stellt die SPÖ den Bürgermeister, aber die FPÖ hat ein maßgebliches Gewicht.
- Nachrichtenagentur dpa
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