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"Haben den Kerl satt": Wie Robert Mugabe Simbabwe zum Armenhaus machte


"Alle haben den Kerl satt"
Wie Mugabe Simbabwe zum Armenhaus machte

dpa, Kate Bartlett, Jürgen Bätz

Aktualisiert am 18.11.2017Lesedauer: 3 Min.
Der entmachtete Präsident von Simbabwe, Robert Mugabe: Das bitterarme Land hofft nun auf eine bessere Zukunft.Vergrößern des Bildes
Der entmachtete Präsident von Simbabwe, Robert Mugabe: Das bitterarme Land hofft nun auf eine bessere Zukunft. (Quelle: Ben Curtis/ap-bilder)

Simbabwe stand einst vor einer hoffnungsvollen Zukunft, doch Diktator Robert Mugabe hat das Land immer tiefer in die Krise gestürzt. Nach dem Militärputsch hoffen die Menschen auf die Wende.

Im Armenviertel Mbare scheinen einzig die Steinmetze gute Geschäfte zu machen: Sie hämmern Inschriften auf neue Grabsteine. Gestorben wird immer. Die allermeisten Bewohner des Stadtteils von Harare sind arbeitslos, viele werden Präsident Robert Mugabe (93) keine Träne nachweinen. "Alle haben den Kerl satt", sagt Anwohner Inashe Katsa. Der 32-Jährige ist seit 11 Jahren arbeitslos, wie schätzungsweise 80 Prozent der Bevölkerung. "Die Wirtschaft hier ist zusammengebrochen", sagt er.

Das Militär hat in der Nacht zum Mittwoch in Simbabwe die Macht übernommen. Regierungsgebäude zu umstellen, war vermutlich der leichtere Teil des Neuanfangs. Schwieriger wird es sein, die Wirtschaft des Landes wieder anzukurbeln und die Armut zu reduzieren. Die Generäle werden diese Aufgabe wahrscheinlich bald einer Übergangsregierung mit Mitgliedern der alten Garde überlassen. "Mir ist egal, wer an die Macht kommt", sagt die Verkäuferin Mirriam Makore in Mbare. "Was ich will, ist Essen zuhause auf dem Tisch zu haben. Und die Banken sollten wieder Geld haben."

100 Trillionen Simbabwe-Dollar für ein Stück Butter

Mugabe hat aus der früheren Kornkammer des südlichen Afrikas mit seiner gut ausgebildeten Bevölkerung ein Land gemacht, das UN-Statistiken zufolge zu den ärmsten Ländern der Welt gehört. Seine desaströse Wirtschaftspolitik gipfelte in der Phase der Hyperinflation. Um ein Stück Butter zu kaufen, brauchten Menschen am Höhepunkt der Krise (2008-09) ein Bündel Banknoten zu jeweils 100 Trillionen Simbabwe-Dollar. Auch das Gesundheitssystem brach zusammen. Mehr als 3000 Menschen starben innerhalb weniger Monate an den Folgen der schweren Durchfallkrankheit Cholera. Simbabwe musste seine eigene Währung aufgeben.

Von der Krise hat sich das Land noch nicht erholt. Simbabwes Wirtschaftsleistung ist der Weltbank zufolge heute mit knapp 1000 US-Dollar pro Kopf niedriger als 1980, als Mugabe nach der Unabhängigkeit von Großbritannien zunächst Premierminister wurde. Die durchschnittliche Lebenserwartung lag bei der Unabhängigkeit bei etwa 60 Jahren. Angesichts der HIV-Epidemie und Wirtschaftskrise fiel sie 2003 auf 44 Jahre. Inzwischen hat sich die Lebenserwartung wieder bei 60 Jahren eingependelt.

Beschleunigt hatte Simbabwes Niedergang zudem eine radikale Landreform, bei der Mugabe weiße Farmer ersatzlos enteignen ließ und aus dem Land vertrieb. Die Farmen wurden teils an Mugabes Gefolgsleute verteilt, teils an überforderte schwarze Kleinbauern. In der Folge brach die Agrarproduktion - das Rückgrat der Wirtschaft - dramatisch ein. Die wirtschaftliche Malaise ist wohl auch einer der Hauptgründe, wieso das Militär geputscht hat.

Das Problem mit dem US-Dollar

Viele Simbabwer stehen jeden Tag noch vor dem Morgengrauen auf, um sich in lange Schlangen vor den Banken einzureihen, die nach der Abschaffung der Landeswährung 2009 zur Normalität wurden. Simbabwe führte den US-Dollar ein. Doch das Problem ist, dass die Regierung diesen nicht drucken kann. Vereinfacht gesagt heißt das, dass es nur so viel US-Dollar im Umlauf gibt, wie das Land durch Exporte einnimmt. Exporte bringen inzwischen weniger ein als die Importe kosten, weswegen das Land unter extremer Bargeldknappheit leidet.

Als Ausweg hat die Regierung Schuldscheine eingeführt, Bargeldabhebungen auf 50 US-Dollar pro Tag begrenzt und die Menschen aufgefordert, mit Bankkarten zu bezahlen. "Aber an der Tankstelle wollen sie als Bezahlung US-Dollar, weil sie das Benzin in harter Währung importieren müssen", erklärt Minibusfahrer Lameck Naye.

Hoffnung auf neue Wirtschaftspolitik

Die Bargeldknappheit ist Gift für die Wirtschaft. In vielen Fällen hat sich inzwischen ein dreifaches Preissystem gebildet: Ein neues Bett etwa kann bei Barzahlung 300 US-Dollar kosten, mit Schuldscheinen 400 US-Dollar, bargeldlos vielleicht sogar 500 US-Dollar. "Die Preise auf dem Schwarzmarkt fluktuieren immer", erklärt Verkäufer Hardlife Mombe. "Wenn jemand nicht bar zahlt, schlagen wir auf jeden Fall 20 Prozent drauf", sagt er. "Die Schuldscheine sollen den gleichen Wert wie Bargeld haben, aber sie verlieren immer mehr an Wert."

Eine neue Landeswährung einzuführen, wollte die Regierung nicht, denn nach der Hyperinflation vertraute niemand mehr der Zentralbank. Nur die digitale Währung Bitcoin blüht. Nirgends auf der Welt kosten die digitalen Taler so viel wie in Simbabwe - weit mehr als 10.000 US-Dollar. Menschen nutzen Bitcoin, um ihr Erspartes in einer Währung zu parken, die von der Regierung nicht kontrolliert werden kann und ohne Bargeld auskommt.

Mugabes Nachfolger, so die Hoffnung vieler Experten, können es fast nur besser machen. Im ganzen Land sei eine gewisse Erlösung zu spüren, erklärt Analyst Charles Laurie von der Risikoberatung Verisk Maplecroft. "Nach fast zwei Jahrzehnten wirtschaftlichen Abstiegs gibt es jetzt zumindest die Hoffnung, dass die neue Führung eine rationalere Wirtschaftspolitik betreiben wird."

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