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Türkei-Talk bei Dunja Hayali: "Erdogan ist der Spielmacher"


Türkei-Talk bei Dunja Hayali
"Erdogan ist der Spielmacher, die Deutschen reagieren nur“

t-online, Marc L. Merten

Aktualisiert am 27.07.2017Lesedauer: 4 Min.
ZDF-Moderatorin Dunja Hayali.Vergrößern des Bildes
ZDF-Moderatorin Dunja Hayali. (Quelle: ZDF/Svea Pietschmann)
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Die Türkei als Staat der Willkür: Wie lange geht das noch gut? Dunja Hayali nahm sich die Politik des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zur Brust, ehe sie zwei weitere emotionale Themen diskutierte.

Die Gäste, Teil eins

• Can Dündar, Journalist

• Thomas Oppermann, SPD-Fraktionschef

• Hüseyin Tolu, Bruder der verhafteten Mesale Tolu

Das Thema

Die deutsche Journalistin Mesale Tolu sitzt in der Türkei im Gefängnis. Ihr kleiner Sohn ist bei ihr. Ein Horror für die Familie. Wie Tolu werden derzeit Tausende Menschen in der Türkei festgehalten, oft monatelang ohne Anklage und Prozess. Das wird immer wieder mit dem gleichen Totschlagargument der angeblichen Terrorunterstützung begründet. Bemühungen der Bundesregierung um Schutz für deutsche Staatsbürger blieben bislang ohne Erfolg.

Die Fronten

Mesale Tolu soll Mitglied einer terroristischen Vereinigung sein und schuldig an der Verbreitung terroristischer Propaganda. So viel weiß ihr Bruder Hüseyin Tolu inzwischen. Was er damit anfangen kann? Nichts. Denn solche Verhaftungen sind gängige Praxis in der Türkei. Dem "Welt"-Reporter Deniz Yücel geht es genauso. Hüseyin Tolu nimmt zur Kenntnis, dass sich die deutsche Bundesregierung für seine Schwester einsetzt. Doch "der scharfe Ton kommt zu spät", findet er. Schon vor Yücels Verhaftung hätten Angela Merkel und ihre Minister den Kurs wechseln müssen, nicht erst, nachdem Erdogan begonnen hat, "politische Geiseln" zu nehmen, wie Tolu sagt.

Er muss eigentlich aufpassen, was er sagt. Die türkische Regierung schaut genau hin, wie sich Angehörige von Verhafteten in der Öffentlichkeit äußern, auch im Ausland, gerade in Deutschland. Tolu ist kein Einzelfall. Die kürzliche Verhaftung des Menschenrechtsaktivisten Peter Steudtner zeigt: "Es werden Gefangene gemacht, um Druck auf die deutsche Regierung ausuzüben." Das gesteht selbst Thomas Oppermann ein. Aber was hilft die Erkenntnis? "Es wird keinen Austausch mit politisch Verfolgten geben", sagt der SPD-Fraktionschef, anspielend auf jene, die aus der Türkei geflohen und in Deutschland Asyl beantragt haben – und die Erdogan am liebsten eingesperrt sehen würde. Deutschland hat sich erpressbar gemacht. Durch die Flüchtlingskrise. "Erdogan ist der Spielmacher, die Deutschen reagieren nur", sagt Can Dündar. Klare Worte, helfen werden sie Mesale Tolu allerdings nicht.

Fakt des Abends

Dann schon eher, dass die Deutschen die Lust auf die Türkei verlieren. 30 Prozent weniger deutsche Touristen seit 2015, Tendenz weiter fallend. Das ist ein Fakt, der in der Türkei zu spüren ist. Wirtschaftliche Zwänge versteht Erdogan, doch noch scheren sie ihn nicht. Über 90 Prozent der Deutschen können sich nicht mehr vorstellen in die Türkei zu reisen. Die Angst vor Willkür ist zu groß, es herrscht kein Vertrauen mehr in das dortige Rechtssytem. "Erdogan versucht die Beziehungen zu vergiften", sagt Dündar. Das hat er wohl nachhaltig geschafft.

Die Gäste, Teil zwei

• Patrick Lindner, Sänger

• Michael Schmieder, ehemaliger Pflegeheimleiter

Moderatoren-Moment

Der Moment bei Dunja Hayali, der persönlich wurde, kam nach dem Erdogan-Talk. Drei Themen besetzt Hayali bekanntlich in ihrer Sendung, für das zweite reiste sie in eine Einrichtung für Demenz-Kranke nach Bayern. In Deutschland leiden über 1,5 Millionen Menschen an dieser weiterhin nicht heilbaren Krankheit. Bis 2050 soll sich diese Zahl verdoppeln. Die Rechnung ist so einfach wie hilflos drastisch: Wir werden immer älter, die Zahl der Demenz-Fälle wird sich damit weiter erhöhen. Oder, wie es Michael Schmieder sagte: "Die beste Prävention gegen Demenz ist frühes Sterben." Ein wenig makaber, aber darauf bezogen, dass man Demenz "nur rauszögern kann, aber nicht verhindern".

Patrick Lindner weiß das aus eigener Erfahrung, seine Mutter brachte er am Ende ihres Lebens in jenes Pflegeheim, das Hayali besucht hatte. Sein Appell: Nehmt diesen Einrichtungen den Schrecken, betrachtet sie als wertvolle Orte für Menschen, die Hilfe benötigen, weil sie in einer ganz eigenen Welt leben. "Es traut sich keiner darüber zu reden", sagt der Schlagersänger. Doch genau das besetzt diese Orte noch immer mit einem negativen Touch – und damit auch die Menschen, die dort arbeiten, Pfleger und Ehrenamtliche, denen man das Leben ebenso einfacher machen könnte wie den Demenzkranken.

Die Gäste, Teil drei

• Jochen Schropp, Schauspieler

• Sarah Wiener, Fernsehköchin

Was offen bleibt

Ein besseres Verständnis bei den Menschen erzeugen, das wollte Hayali auch mit ihrem letzten Thema: Auf einer Schweinewiese in Brandenburg sollte sich Jochen Schropp ein Tier aussuchen – und es selbst zum Schlachter begleiten. In der Grillsaison die Menschen wieder daran erinnern, wo ihr Fleisch herkommt, dieser Gedanke prägte den Schluss der Sendung. Ein Biobauer, der Schweine züchtet, wie es nur ein Prozent der Bauern tun, auf einem freien Feld, ohne Stress für die Tiere, ohne Massentierhaltung in überfüllten Ställen. So natürlich, dass Schropp feststellen konnte: Bertha, das Schwein, das geschlachtet werden sollte, hatte ein braunes und ein blaues Auge.

Bertha schmeckte schließlich, doch Schropp befand treffend, dass die Menschen sich wieder bewusster machen müssten, was sie essen. Schließlich tue man sich mit schlechter Ware aus der Massentierhaltung selbst nichts Gutes. "Wir verlieren langsam die Wurzeln unserer Lebensmittel"; monierte auch Sarah Wiener. "Viele wollen nicht hinschauen, es gibt eine große Tabuisierung." Aber noch werden "mittelalterliche Grausamkeiten, die nicht zu unserer Hochkultur passen", geduldet. Aber was heißt heute schon noch Hochkultur?

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