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Ukraine: Pjotr Poroschenko gewinnt Präsidentschaftswahl


Absolute Mehrheit
Poroschenko wird neuer ukrainischer Präsident

Von afp, ap, reuters, dpa
Aktualisiert am 26.05.2014Lesedauer: 4 Min.
Pjotr Poroschenko wird ukrainischer PräsidentVergrößern des Bildes
Pjotr Poroschenko erhält im ersten Wahlgang über 50 Prozent der Stimmen (Quelle: dpa-bilder)

Der Milliardär Pjotr Poroschenko kann bei der ukrainischen Präsidentenwahl mit dem Sieg im ersten Wahlgang rechnen. Der Schokoladenfabrikant erhielt bei der Abstimmung am Sonntag 55,7 Prozent der Stimmen, wie eine Prognose auf Grundlage von Wählerbefragungen ergab.

Einer anderen Prognose zufolge lag er bei 55,9 Prozent. Damit käme es in der früheren Sowjetrepublik nicht zu einer Stichwahl. Für die Prognose befragten drei renommierte ukrainische Umfrageinstitute 17.000 Wähler in 400 Wahlkreisen. Die Fehlerquote lag demnach bei zwei Prozentpunkten. Damit wäre der 48-jährige Poroschenko auf jeden Fall über der 50-Prozent-Marke, die für einen Sieg im ersten Wahlgang nötig wäre.

Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko erreichte als Zweitplatzierte nur 12,9 Prozent. "Ich möchte vor allem den Ukrainern danken dafür, dass die Wahlen trotz der russischen Aggression zustande gekommen sind", sagte Timoschenko. Sie zeigte sich dabei sichtlich enttäuscht über ihr Abschneiden. "Wir müssen jetzt nicht mehr zwischen EU und (russischer) Zollunion wählen", sagte sie. Die Entscheidung sei klar für einen EU-Kurs des Landes gefallen.

Die Menschen in der Ex-Sowjetrepublik hätten trotz Drohungen und Gefahren für ihre Zukunft gestimmt, sagte Timoschenko, die ihrem Wahlteam und ihrer Familie dankte. Die 53-Jährige war im Februar nach mehr als zwei Jahren in Haft im Zuge der prowestlichen Revolution in Kiew wieder in Freiheit gekommen. Sie konnte allerdings zuletzt nach Einschätzung von Politologen die Massen kaum noch begeistern.

Abstimmung im Osten kaum möglich

Im krisengeschüttelten Osten des Landes war eine Abstimmung kaum möglich. Dort verhinderten prorussische Separatisten vielerorts die Wahl. Dennoch hoffen die prowestliche Führung in Kiew, die Europäische Union und die USA, dass durch die Wahl die schwierige Lage im Land stabilisiert wird. Russland hatte angekündigt, die Wahl zu respektieren. Von "Anerkennung" sprach Präsident Wladimir Putin aber nicht.

Insgesamt standen 21 Kandidaten zur Wahl. Etwa 35 Millionen Menschen waren wahlberechtigt. Eingerechnet sind auch die Einwohner der Schwarzmeerhalbinsel Krim, die Russland sich Mitte März einverleibt hatte. Dort fand ebenfalls keine Abstimmung statt.

Poroschenko will als erstes in den Osten reisen

Poroschenko ließ sich von seinen Anhängern feiern. Sein Land habe einen neuen Präsidenten, rief er bei einer Wahlfeier in der Hauptstadt Kiew. Seine erste Reise werde ihn in die russisch geprägte Region Donbass führen, kündigte der Milliardär nach Angaben ukrainischer Medien an. "Heute hat die Verwirklichung des europäischen Wegs, des europäischen Strebens der Ukraine höchste Priorität. Poroschenko betonte, die Ukrainer hätten einen proeuropäischen Kurs gewählt. Er sprach sich für vorgezogenen Parlamentswahlen noch in diesem Jahr aus.

Poroschenko gratuliert Klitschko zu Sieg bei Bürgermeisterwahl

Poroschenko gratulierte dem früheren Boxprofi Vitali Klitschko zum Sieg bei der Bürgermeisterwahl in Kiew. Er bezog sich dabei auf eigene Informationen seines Wahlkampfstabs. "Unseren internen Daten nach ist Vitali Klitschko zum Bürgermeister von Kiew gewählt worden", sagte Poroschenko. Er trat gemeinsam mit dem Sportstar, der für ihn auf eine Präsidentschaftskandidatur verzichtet hatte, in der ukrainischen Hauptstadt vor die Presse. Der Auftritt wurde live im Fernsehen übertragen. Offizielle Daten oder Prognosen auf Grundlage von Wahlnachbefragungen lagen zunächst nicht vor.

Reaktionen aus dem Westen

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Europaparlaments, Elmar Brok (CDU), hat Poroschenko zu dessen voraussichtlichem Wahlsieg gratuliert. "Russland ist dazu aufgerufen, das Ergebnis dieser Wahl zu akzeptieren und mit dem neuen Präsidenten konstruktiv zusammenzuarbeiten", heißt es in einer Erklärung Broks. Die Menschen in der Ukraine hätten "der Einschüchterung getrotzt und für die Einheit ihres Landes und Demokratie gestimmt".

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier äußerte sich vorsichtig optimistisch zum Verlauf der Präsidentenwahl in der Ukraine. Angesichts der Tatsache, dass vor kurzem noch ein landesweites Blutvergießen befürchtet worden sei und die Wahl gänzlich in Frage gestanden habe, sei er "einigermaßen zufrieden", sagte Steinmeier im ZDF. Allerdings sei es bedauerlich, dass in einigen Gebieten nicht habe gewählt werden können.

Vor einer endgültigen Bewertung müsse das Urteil der OSZE-Wahlbeobachtermission abgewartet werden, mit dem er am Montag rechne. Steinmeier appellierte an die Führung in Moskau, die Wahl im Falle einer positiven OSZE-Bewertung anzuerkennen. Prognosen zufolge hat der Unternehmer Pjotr Poroschenko die Wahl bereits im ersten Durchgang mit absoluter Mehrheit für sich entschieden.

Obama sagt Unterstützung zu

US-Präsident Barack Obama gratulierte dem ukrainischen Volk zur Präsidentenwahl gratuliert. Obama sagte dem künftigen Staatsoberhaupt seine Unterstützung bei "wichtigen politischen und wirtschaftlichen Reformen" zu.

Obama lobte die Ukrainer für ihren Mut und ihre Entschlossenheit, "ihre Führungspersonen ohne Einmischung von außen zu wählen und in einer Demokratie zu leben". Trotz Provokationen und Gewalt seien Millionen Ukrainer in die Wahllokale gegangen, um ihrer Stimme Gehör zu verschaffen. "Diese Wahl ist ein weiterer Schritt nach vorn bei den Bemühungen der ukrainischen Regierung, das Land zu einen und dafür zu sorgen, dass den Sorgen und Bestrebungen aller Bürger Rechnung getragen wird", hieß es in der schriftlichen Erklärung des Präsidenten.

Putin schaut Eishockey

Aus Moskau ist noch keine Reaktion gekommen. Der russische Präsident Wladimir Putin hat sich zu dem Zeitpunkt, als Poroschenko seinen Wahlsieg verkündet, in Minsk das Eishockey-Finale zwischen Russland und Finnland angesehen.

Medwedew provoziert mit Krim-Besuch

Unter Protest der ukrainischen Regierung hat Russlands Ministerpräsident Dmitri Medwedew unterdessen die annektierte Schwarzmeerhalbinsel Krim besucht. Eine solche Visite auf der Krim am Tag der ukrainischen Präsidentenwahl sei eine "besondere Dreistigkeit und gewollte Provokation", kritisierte das Außenministerium in Kiew. Es handele sich um eine "grobe Verletzung" der territorialen Unversehrtheit der Ukraine.

"Das widerspricht den Aussagen des russischen Präsidenten Wladimir Putin, daran interessiert zu sein, dass die Wahlen in der Ukraine in einer friedlichen und ruhigen Atmosphäre ablaufen", hieß es in der in Kiew veröffentlichten Mitteilung. Auf der im März von Russland einverleibten Schwarzmeerhalbinsel konnten die Menschen erstmals nicht an einer ukrainischen Präsidentenwahl teilnehmen.

Der Westen hatte die Annexion als Bruch des Völkerrechts kritisiert und gegen Dutzende Russen Einreiseverbote und Kontosperrungen verhängt. EU und USA drohen mit weiteren Sanktionen, sollte Russland die Lage in der Ukraine weiter destabilisieren.

Regierungschef Medwedew setzte ungeachtet der Kritik aus Kiew seinen Besuch auf der Halbinsel fort. Bei dem zweitägigen Aufenthalt wollte er sich von der Umstellung von ukrainischen auf russische Pässe für die Bürger überzeugen. Zudem standen die Zahlungen an Rentner im Mittelpunkt. Moskau hatte den Senioren Wohnungen und höhere Zahlungen in Aussicht gestellt.

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