Nach abgebrochenen Gesprächen Regierung in Österreich: ÖVP, SPÖ und Neos wollen Koalition bilden
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Die ersten Verhandlungen waren gescheitert. Doch nachdem die ÖVP auch mit der FPÖ keine Einigung gefunden hatte, stehen ÖVP, SPÖ und Neos nun vor einer Koalitionsvereinbarung.
In Österreich wollen die konservative ÖVP, die sozialdemokratische SPÖ und die liberalen Neos die neue Regierung bilden. Bundespräsident Alexander Van der Bellen sagte nach einem Treffen mit den Chefs der drei Parteien in der Wiener Hofburg am Samstag, jetzt sei wirklich etwas weitergegangen und es gebe Fortschritt auf dem Weg zu einer Koalition.
Er habe das Gefühl, dass die drei Parteien bei ihren Gesprächen auf der Zielgeraden seien und sich kompromissbereiter zeigten. Eine solche "Zuckerl-Koalition" von ÖVP, SPÖ und Neos wäre das erste Bündnis der drei Parteien auf Bundesebene. Der Name der Koalition entstand aufgrund der bunten Farbkombination der Parteien, die an Bonbonpapiere erinnern sollen: Die ÖVP trägt seit einigen Jahren statt Schwarz die Farbe Türkis, die liberalen Neos Pink und die sozialdemokratische SPÖ Rot.
Neos-Chefin: Bekenntnis zu Europa
Auch die Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger gab sich optimistisch: "Wir sind in der Zielgeraden, wir sind noch nicht ganz am Ziel." Sie betonte, dass es um eine proeuropäische Regierung gehe. Die Haltung zur EU war zuvor Streitpunkt in den Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP.
Nach der Parlamentswahl im September waren erste Koalitionsgespräche zwischen ÖVP und SPÖ sowie mit den Neos im Januar noch gescheitert. ÖVP und SPÖ haben zusammen eine knappe Mehrheit von einer Stimme im Parlament. Sie wollten sich aber auf eine sichere Mehrheit verlassen können und holten deshalb diese Woche die Neos wieder mit ins Boot.
Auch Neuwahlen waren möglich
Van der Bellen hatte jüngst erklärt, es gebe vier Optionen, wie es weitergehen könne. Er sprach von Neuwahlen frühestens in einigen Monaten, einer Minderheitsregierung, einer Expertenregierung oder eben doch einer Koalition der im Parlament vertretenen Parteien. Das Staatsoberhaupt appellierte am Freitag erneut an die Kompromissbereitschaft aller Parteien, gemeinsam Lösungen zu suchen. Es sei eine der wichtigsten Aufgaben der Politik, Lösungen zu finden. "Denn es geht nicht um Einzelinteressen – es geht ums Staatsganze", hatte Van der Bellen gesagt.
Die FPÖ sprach nun nach der Ankündigung der Koalition von einer "Verlierer-Ampel", die "hinter den Kulissen an diesem größten Wählerbetrug der jüngeren Politikgeschichte" gearbeitet habe. Kickls Partei hatte sich für eine Neuwahl ausgesprochen – Umfragen zufolge hätte sie dabei gute Chancen, noch mehr Stimmen auf sich zu vereinen.
Zustimmung der Parteimitglieder steht noch aus
Die Liberalen berichteten von vertrauensvollen Kontakten. "Neos sind daher mit ÖVP und SPÖ übereingekommen, Gespräche für die Bildung einer Koalition und die Erarbeitung eines Programms zu beginnen", schrieben sie auf ihrer Webseite. Knackpunkt ist noch, dass die Neos-Mitglieder einem Koalitionspakt zustimmen müssen. Die Mitgliederversammlung soll Ende kommender Woche stattfinden.
Die rechtspopulistische FPÖ mit ihrem Chef Herbert Kickl hatte bei der Wahl mit knapp 29 Prozent die meisten Stimmen geholt, vor der ÖVP mit 26,3 Prozent und der SPÖ mit gut 21 Prozent. Auf die Neos entfielen 9,1 Prozent und auf die Grünen 8,2 Prozent. Die ÖVP und die SPÖ kämen zusammen nur auf eine Stimme Mehrheit im Nationalrat, zusammen mit den Neos hätten sie 110 von 183 Parlamentssitzen.
- Mit Materilaien der Nachrichtenagenturen dpa und Reuters