Landesweite Proteste Venezuela: Opposition ernennt sich selbst zum Wahlsieger
Die Wahl in Venezuela wird von Fälschungsvorwürfen überschattet. Die Wahlbehörde hat den amtierenden Präsidenten Maduro zum Sieger erklärt, die Opposition widerspricht.
Nach der umstrittenen Präsidentenwahl in Venezuela haben zahlreiche Menschen in der Hauptstadt Caracas und anderen Städten gegen das offizielle Ergebnis protestiert. Sie gingen auf die Straße und schlugen Töpfe und Pfannen gegeneinander, wie die Zeitung "El Nacional" berichtete und in mehreren Videos in den sozialen Medien zu sehen war. Der sogenannte Cacerolazo ist eine in Lateinamerika sehr populäre Form des Protests.
Zuvor hatte die venezolanische Wahlbehörde den amtierenden Präsidenten Nicolás Maduro zum Wahlsieger erklärt hat. Die Opposition legte dagegen Einspruch ein. Sie teilte mit, dass sie das offizielle Ergebnis nicht anerkenne und sich zum Wahlsieger erkläre. Venezuela habe einen neuen Präsidenten und dieser heiße Edmundo González, sagte Oppositionspolitikerin María Corina Machado.
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Die Bevölkerung des Landes habe Maduro mehrheitlich "für den Zeitraum von 2025 bis 2031" als Präsidenten wiedergewählt, sagte hingegen der Chef der nationalen Wahlbehörde, Elvis Amoroso. Schon zuvor hatte die Behörde Maduro nach Auszählung von 80 Prozent der Stimmen mit 51,2 Prozent zum Wahlsieger erklärt. Der aussichtsreichste Oppositionskandidat Edmundo González Urrutia kam den Angaben zufolge auf 44,2 Prozent.
Oppositionsführerin sendet Botschaft ans Militär
Es ist die dritte Amtszeit des Sozialisten Maduro. 2018 war seine Wiederwahl allerdings international nicht anerkannt worden. Auch bei dieser Wahl hatte die Opposition vor Unregelmäßigkeiten gewarnt und ihre Wahlbeobachter dazu aufgerufen, bis zum Ende der Stimmenauszählung in den Wahllokalen zu bleiben. Die Hauptbeobachterin der Opposition, Delsa Solorzano, wurde jedoch daran gehindert, das Gebäude der Wahlbehörde zu betreten.
Neben dem autoritären Präsidenten Maduro, der eine dritte Amtszeit anstrebt, bewarben sich neun weitere Kandidaten um das höchste Staatsamt. Die besten Chancen wurden neben Maduro dem früheren Diplomaten Edmundo González Urrutia vom Oppositionsbündnis Plataforma Unitaria Democrática zugerechnet, der zuletzt in den Umfragen deutlich vor Maduro lag. Mehr dazu und zur Situation in Venezuela lesen Sie hier.
"Die Ergebnisse können nicht geheim gehalten werden. Das Land hat sich friedlich für einen Wandel entschieden", erklärte González auf X kurz bevor die Ergebnisse bekannt gegeben wurden. Oppositionsführerin Machado wendete sich an die Armee: "Eine Botschaft an das Militär. Das venezolanische Volk hat gesprochen: Es will Maduro nicht", schrieb sie auf X. "Es ist an der Zeit, sich auf die richtige Seite der Geschichte zu stellen. Sie haben eine Chance, und zwar jetzt."
"Hackerangriff" auf Wahlamt?
Die venezolanische Generalstaatsanwaltschaft der Opposition im Gegenzug einen angeblichen Hackerangriff auf das Wahlamt vorgeworfen. Die Cyberattacke sei von Nordmazedonien aus verübt worden und habe auf die Übertragung der Ergebnisse gezielt, sagte Generalstaatsanwalt Tarek William Saab. Es sei versucht worden, die Resultate zu manipulieren. Der Versuch sei allerdings gescheitert.
Hinter dem Angriff steckten die Oppositionsführerin Maria Corina Machado und zwei weitere prominente venezolanische Regierungsgegner im Ausland, sagte Saab weiter. Der Generalstaatsanwalt kündigte an, dass der Nationale Wahlrat (CNE) die Ergebnisse der einzelnen Wahlbezirke bald auf seiner Internetseite veröffentlichen werde.
USA äußern "ernste Bedenken"
US-Außenminister Antony Blinken äußerte sich skeptisch in Bezug auf den erneuten Wahlsieg von Maduro. "Wir haben ernste Bedenken, dass das verkündete Ergebnis nicht den Willen oder die Stimmen des venezolanischen Volkes widerspiegelt", erklärte Blinken. Er gratulierte den Venezolanern, "trotz erheblicher Herausforderungen und großer Bedenken hinsichtlich des Prozesses" an den Wahlen teilgenommen zu haben.
Die Vereinten Nationen verlangen derweil die Veröffentlichung lokaler Abstimmungsdaten. "Der Generalsekretär fordert vollständige Transparenz und regt die zeitnahe Veröffentlichung der Wahlergebnisse und eine Aufschlüsselung nach Wahllokalen an", teilte die Weltorganisation mit. UN-Chef António Guterres vertraue darauf, dass alle Wahlstreitigkeiten friedlich gelöst würden und rufe alle Akteure zur Mäßigung auf. Wahlbehörden müssten ihre Arbeit unabhängig und ohne Einmischung durchführen können, "um die freie Äußerung des Willens der Wähler zu gewährleisten."
Neun lateinamerikanische Staaten haben zudem die Überprüfung des Wahlergebnisses gefordert. In einer gemeinsamen Erklärung riefen Argentinien, Costa Rica, Ecuador, Guatemala, Panama, Paraguay, Peru, die Dominikanische Republik und Uruguay am Montag zu einer "vollständigen Überprüfung der Ergebnisse in Anwesenheit unabhängiger Wahlbeobachter" auf. Außerdem forderten sie ein Treffen unter der Leitung der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS).
Putin gratuliert Maduro
Kremlchef Wladimir Putin hingegen gratulierte Maduro. In einem vom Kreml veröffentlichten Telegramm übermittelte er die "herzlichsten Gratulationen". "Die russisch-venezolanischen Beziehungen tragen den Charakter einer strategischen Partnerschaft. Ich bin überzeugt, dass Ihre Handlungen an der Spitze des Staates auch weiter eine fortschreitende Entwicklung in alle Richtungen ermöglichen", hieß es in dem Schreiben.
Beobachter gehen nicht von einer freien und fairen Wahl aus. Zuletzt wurden zahlreiche Oppositionelle festgenommen und regierungskritische Kandidaten nicht zur Wahl zugelassen. Die Nichtregierungsorganisation Foro Penal berichtete von mehr als 300 politischen Häftlingen.
- Nachrichtenagenturen AFP, Reuters und dpa