Lage im Überblick Selenskyj sieht Flugabwehr dank Deutschland gestärkt
Seit langem fordert der ukrainische Präsident mehr Flugabwehrsysteme. Nun dankt er Deutschland für die Stärkung. Für einen zuverlässigen Schutz zumindest der Großstädte sind jedoch noch mehr nötig.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Deutschland für die Lieferung des dritten Flugabwehrsystems vom Typ Patriot gedankt. "Das sind starke Neuigkeiten", sagte Selenskyj in Kiew. Er danke auch den USA für weitere Schritte, die ukrainische Luftverteidigung zu stärken.
Details nannte er nicht, sagte aber, dass die Partner des Landes die Vereinbarungen erfüllten. "Die Ukraine hat schon bewiesen, dass es keine russischen Raketen gibt, die wir nicht abschießen können", sagte Selenskyj. Das Land tue alles dafür, damit der russische Terror ende.
Er habe sich auch mit Raketenherstellern getroffen, die dafür arbeiteten, der russischen Aggression etwas Ebenbürtiges entgegenzusetzen. "Das ist eine Angelegenheit globaler Stabilität und Sicherheit, damit jeder im Kreml weiß, dass sie nicht ungestraft davon kommen", sagte er weiter.
Selenskyj drängt Verbündete zu mehr Unterstützung
Für ihren Abwehrkampf gegen Russland hat die Ukraine im April vergangenen Jahres das erste moderne Flugabwehrsystem US-amerikanischer Produktion des Typs Patriot erhalten. Die ukrainische Flugabwehr will damit bereits russische Hyperschallraketen und ballistische Raketen abgefangen haben. Insgesamt soll Kiew derzeit über vier Systeme verfügen. Weitere wurden unter anderem von Rumänien in Aussicht gestellt.
Präsident Selenskyj hatte ursprünglich mindestens sieben derartiger Systeme für einen zuverlässigen Schutz regelmäßig mit Raketen angegriffener Großstädte wie Charkiw, Dnipro, Saporischschja und Odessa genannt. Er drängt die Verbündeten der Ukraine regelmäßig zu weiterer Unterstützung bei der Flugabwehr.
Russland überzieht das Nachbarland in seinem seit mehr als zwei Jahren andauernden Angriffskrieg immer wieder mit Luftschlägen. Durch die Raketen- und Drohnenangriffe gibt es schwerste Zerstörungen etwa an der Energieinfrastruktur sowie immer wieder auch Tote und Verletzte.
Schäden nach Luftangriffen in der Ukraine und Russland
Bei wechselseitigen Drohnenangriffen haben Russland und die Ukraine in der Nacht zum Teil beträchtliche Schäden im jeweiligen Nachbarland angerichtet. So hat Russland Angaben der Luftwaffe in Kiew zufolge zwölf ukrainische Regionen attackiert. Von den insgesamt 32 Drohnen sind zwar demnach 24 abgeschossen worden, aber mehrere Gebiete meldeten auch Treffer. In der Region Sumy fielen so Strom- und Wasserversorgung aus. Im Umland von Kiew wurden ein privates Wohnhaus und ein Pkw von herabfallenden Drohnentrümmern beschädigt.
Auf der Gegenseite war einmal mehr die zuletzt verstärkt ins Visier geratene südrussische Region Krasnodar Ziel der Attacken. Zwar seien die Drohnen abgeschossen worden, doch deren Trümmer hätten Treibstofflager in den Landkreisen Pawlowskaja und Leningradskaja in Brand gesetzt und einen Funkturm in der Stadt Jejsk beschädigt, hieß es in einer Mitteilung des regionalen Krisenstabs.
Selenskyj kündigt Schritte gegen Energie-Krise an
In seiner Videobotschaft kündigte Selenskyj ein komplexes Paket an Maßnahmen an, um die Energiekrise im Land zu lösen. Einzelheiten nannte er nicht, sagte aber, dass die Beamten demnächst Schritte dazu vorstellen würden, wie Bürger und Unternehmen in Zeiten des Mangels an Elektrizität unterstützt werden könnten. Als Beispiel nannte er neue Kreditprogramme mit völlig zinsfreien Angeboten. "Alles sollte so schnell wie möglich funktionieren", sagte er.
Aktiv liefen zudem Verhandlungen mit europäischen Partnern mit dem Ziel, die aus dem Ausland importierten Strommengen zu erhöhen. Parallel dazu liefen außerdem Reparaturarbeiten an Anlagen. Viele Kraftwerke und andere Energieinfrastruktur sind durch die russischen Angriffe zerstört und beschädigt. Wegen des Energiedefizits kommt es immer wieder zu Stromabschaltungen.
Weißes Haus: Orbans Reise nach Moskau ist "kontraproduktiv"
In seiner Videoansprache ging Selenskyj nicht auf den Besuch des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban in Moskau bei Kremlchef Wladimir Putin ein. Wie zuvor die Europäische Union und die Bundesregierung kritisierten auch die USA die Reise, die Orban als Friedensmission darstellte. Die US-Regierung zeigte sich "besorgt". Das Verhalten des Nato-Partners sei mit Blick auf die Unterstützung der Souveränität der Ukraine "kontraproduktiv" und trage nicht zum Frieden in dem von Russland angegriffenen Land bei, sagte die Sprecherin von US-Präsident Joe Biden, Karine Jean-Pierre.
"Russland könnte diesen Krieg noch heute beenden, indem es seinen Angriff gegen die Ukraine, gegen ihre Souveränität und gegen ihre Demokratie aufgibt", sagte sie weiter. Das ukrainische Außenministerium hatte die Gespräche Orbans mit Putin scharf kritisiert und erinnerte daran, dass es keine Entscheidung zur Ukraine ohne die Ukraine geben könne. Selenskyj hatte noch am Dienstag Orban in Kiew zu seinem ersten Besuch dort seit Kriegsbeginn empfangen.
Orban war überraschend und begleitet von heftiger Kritik von EU-Vertretern, westlichen Politikern und der Ukraine zu den Gesprächen mit Putin gereist. Die EU betonte, dass der Ungar kein offizielles Mandat für Verhandlungen mit Russland habe.
Selenskyj stimmt sich mit britischem Premier vor Nato-Gipfel ab
In der kommenden Woche steht der Nato-Gipfel in Washington an. Die Staats- und Regierungschefs der 32 Mitgliedsstaaten des Verteidigungsbündnisses wollen unter anderem über den Ukraine-Krieg und die Stärkung der eigenen Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeiten beraten. Die Ukraine strebt in die Militärallianz, hat aber aktuell keine Aussicht auf Aufnahme.
Selenskyj teilte mit, dass er sich vor dem Nato-Treffen auch mit dem neuen britischen Premierminister Keir Starmer abgestimmt habe. Laut einer Mitteilung im sozialen Netzwerk X gratulierte Selenskyj Starmer zum Sieg bei der Wahl in Großbritannien. Der neue Premier habe der Ukraine die unerschütterliche Unterstützung Großbritanniens auch durch die neue Regierung in London zugesagt.
- Nachrichtenagentur dpa