Parlamentswahl in Kroatien Konservative Regierungspartei mit meisten Sitzen – ohne Mehrheit
Trotz Korruptionsvorwürfen bleibt Kroatiens bürgerliche Partei HDZ von Premier Plenković stärkste Kraft. Staatschef Milanovic, der für die Sozialdemokraten Regierungschef werden wollte, verliert.
In Kroatien hat die konservative Regierungspartei HDZ die Wahl am Mittwoch klar gewonnen, nach vorläufigen Ergebnissen aber keine eigene Mehrheit im Parlament erreicht. Nach Auszählung von knapp 95 Prozent der Stimmen kommt die Partei von Ministerpräsident Andrej Plenković auf 60 der insgesamt 151 Sitze.
Die HDZ ist damit auf die Unterstützung anderer Parteien angewiesen, um an der Macht zu bleiben. Ein von den oppositionellen Sozialdemokraten (SDP) geführtes Bündnis holte 42 Mandate. Drittstärkste Kraft wird die rechtsnationalistische Heimatbewegung mit 14 Sitzen. "Die HDZ hat die Parlamentswahl zum dritten Mal in Folge gewonnen", sagte Plenković in der Nacht zu Donnerstag. "Von morgen an werden wir daran arbeiten, die Parlamentsmehrheit zu sichern, um eine Regierung bilden zu können."
Der knappe Sieg wird in dem EU-Mitgliedsstaat wahrscheinlich eine Phase politischer Instabilität einleiten. Die großen Parteien werden versuchen, Allianzen mit anderen Fraktionen zu schmieden, auch wenn die politischen Ansichten auseinander liegen. Die Heimatbewegung könnte sich als Königsmacher erweisen, hat jedoch öffentlich nicht erklärt, welche Partei sie unterstützen wird – wenn überhaupt eine.
30 Minister wegen Korruptionsaffären verloren
Plenković regiert seit 2016 in Kroatien, die HDZ war in den 33 Jahren seit der Unabhängigkeit des Adria-Landes 26 Jahre lang an der Macht. Er positioniert sich als prowestlich und proeuropäisch. Kritiker werfen ihm vor, dass er einen von seinen Vorgängern begonnenen Ausbau korrupter Netzwerke in Staat und Verwaltung fortgesetzt habe.
In den fast acht Jahren seiner Amtsführung verlor Plenkovic 30 Minister wegen Korruptionsaffären. Mit der jüngsten umstrittenen Ernennung des HDZ-loyalen Oberstaatsanwalts Ivan Turudic scheint Plenković zudem nun dem Kampf gegen Korruption und der bislang fruchtbaren Zusammenarbeit mit der Europäischen Staatsanwaltschaft (EPPO) ein Ende bereiten zu wollen.
Hohe Wahlbeteiligung und populistische Rhetorik
Für mehr Stimmung im Wahlkampf sorgte Plenkovic' erbitterter Gegner, Präsident Milanovic. Er hatte einen Monat vor der Wahl überraschend angekündigt, Ministerpräsident an der Spitze einer SDP-geführten Regierung werden zu wollen. Diesen Anspruch hatte er mit den Korruptionsvorwürfen gegen die HDZ begründet.
Als Staatspräsident mit einer beschränkten Macht hatte er sich mit populistischer Rhetorik der extremen Rechten in Kroatien angenähert. Im Gegensatz zu Plenković fiel er mit Blick auf den Ukraine-Krieg mit prorussischen Äußerungen auf.
Einem Rekord nahe kam nun die Wahlbeteiligung: Schon zweieinhalb Stunden vor Schluss der Wahllokale lag sie bei 50,6 Prozent und damit höher als die Gesamtbeteiligung an der vergangenen Wahl im Jahr 2020, die 46,9 Prozent betragen hatte.
- Nachrichtenagenturen Reuters und dpa