Präsidentschaftswahl in der Türkei Erdoğan verteilte vor Wahllokal Geldscheine
Die Bevölkerung in der Türkei ist gespalten in Anhänger und Gegner Erdoğans. Er wurde am Tag der Wahl um das Präsidentenamt beim Verteilen von Geld beobachtet.
In der Türkei waren am Sonntag rund 61 Millionen Menschen zur Abstimmung aufgerufen. Bei der hart umkämpften Stichwahl um das Präsidentenamt traten am Sonntag Amtsinhaber Recep Tayyip Erdoğan und Oppositionskandidat Kemal Kılıçdaroğlu gegeneinander an. Erdoğan selbst wurde vor einem Wahllokal dabei beobachtet, wie er Hände schüttelte und Geldscheine an seine Anhänger verteilte.
Die Nachrichtenagentur Reuters veröffentlichte bei Twitter ein Video, das zeigt, wie sich der türkische Präsident durch eine Menschenmenge schiebt und 200-Lira-Scheine aushändigt. 200 türkische Lira entsprechen nach aktuellem Kurs etwa 9,30 Euro. In dem Video sind Rufe von Menschen zu hören, die um Erdoğans Aufmerksamkeit buhlen. Abwechselnd schreien sie "Allah ist groß", "Allah segne dich" und "Vater".
Der Hintergrund für Erdoğans Aktion ist unklar. Allerdings gehören Geldspenden an Bedürftige zu den fünf Säulen des Islams. Vermögende sollen rund 2,5 Prozent ihres Besitzes an arme Menschen abgeben. Der türkische Präsident gilt als streng gläubiger Muslim.
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Angriffe auf Wahlhelfer
Aus anderen Wahllokalen gab es am Sonntag zugleich Meldungen über Angriffe auf Wahlhelferinnen. Mehrere Politiker der oppositionellen CHP berichteten am Sonntag von körperlichen Angriffen gegen sie selbst und Wahlhelfer.
Der CHP-Politiker Ali Seker sagte, er und Wahlhelfer der Opposition seien in der Provinz Sanliurfa von einer Gruppe angegangen worden, nachdem sie Unregelmäßigkeiten beanstandet hätten. Auch aus Istanbul, Mardin und Diyarbakir gab es Meldungen von Übergriffen. Mehr dazu lesen Sie hier.
Der Chef der Wahlbehörde hingegen erklärte nach Schließung der Wahllokale, es habe bisher keine "negativen Entwicklungen" gegeben. Kritiker bemängeln einen unfairen Wahlkampf. Erdoğan konnte neben der Kontrolle über die Medien auch auf staatliche Ressourcen zurückgreifen.
Erdoğan steht vor einer weiteren Amtszeit
Bei der Präsidentenwahl in der Türkei hat Amtsinhaber Recep Tayyip Erdoğan in der zweiten Runde gewonnen. Erdoğan sei zum 13. Präsidenten der Türkei gewählt worden, sagte der Chef der Wahlbehörde Ahmet Yener in Ankara am Sonntagabend.
Davor hatte sich der Amtsinhaber noch vor Auszählung aller Stimmen selbst zum Sieger der Präsidentenwahl erklärt. Er danke allen, die es ihm ermöglicht hätten, die nächsten fünf Jahre zu regieren, sagte Erdoğan am Sonntag vor jubelnden Anhängern in Istanbul.
Erdoğan steht damit – nach bereits 20 Jahren an der Macht – vor einer weiteren Amtszeit. Seit Einführung eines Präsidialsystems 2018 hat er so viel Macht wie nie zuvor. Befürchtet wird deshalb, dass er nach der Wahl noch autoritärer regieren wird. Die Türkei ist Nato-Mitglied, pflegt enge Beziehungen zu Russland ebenso zur Ukraine und ist Akteurin im syrischen Bürgerkrieg. Die Wahl wurde entsprechend auch international mit großer Aufmerksamkeit verfolgt.
- twitter.com: Tweet von @Reuters
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und AFP