Nach Amokläufen Massenproteste gegen Gewalt in Serbien
In Serbien demonstrierten am Samstag erneut Zehntausende gegen die Gewalt im Land. Die Demonstranten forderten den Rücktritt von Präsident Vucic.
Nach zwei Amokläufen Anfang Mai haben am Samstagabend erneut Zehntausende Menschen in Belgrad gegen die Gewalt in Serbien demonstriert. Die Teilnehmer der Kundgebung versammelten sich vor dem Parlament im Zentrum der serbischen Hauptstadt und bildeten anschließend eine Menschenkette um den nahe gelegenen Sitz des staatlichen Fernsehens RTS. Sie forderten den Rücktritt des autoritär regierenden Präsidenten Aleksandar Vucic.
Es war der vierte Protest in Folge, nachdem Anfang Mai ein erst 13-jähriger Schüler in einer Belgrader Schule neun Mitschüler und einen Wachmann erschossen hatte. Einen Tag später schoss ein 21-Jähriger in einem Dorf bei Belgrad auf Menschen und tötete acht von ihnen. Die beiden Massaker, die nicht unmittelbar miteinander zusammenhingen, erschütterten die serbische Gesellschaft tief.
Gewalt und Mafia-Kriminalität
Die Kundgebung am Samstag verlief friedlich. Sie richtete sich gegen Vucic und seine Regierung sowie gegen private Fernsehstationen, die Gewalt und Mafia-Kriminalität beschönigten und Propaganda für die Machthaber machten. Vucic selbst spricht immer wieder voller Hass und Verachtung über politische Gegner.
Auch der Staatssender RTS steht im Fokus oppositioneller Kritik, weil er regierungsunabhängige Stimmen kaum zu Wort kommen lässt und Vucic als Sprachrohr dient. Zum Protest aufgerufen hatten liberale und linke Oppositionsparteien sowie Bürgerbewegungen.
Serbiens Präsident Vucic tritt von Parteivorsitz zurück
Vucic wiederum trat am Samstag von seinem Posten als Vorsitzender der Regierungspartei zurück. Es sei ein "anderer Ansatz notwendig, um eine größere Zahl an Kräften derjenigen zusammenzuführen, die für den Sieg eines patriotischen, erfolgreichen Serbiens kämpfen wollen", sagte Vucic auf einem Parteitag der Serbischen Fortschrittspartei (SNS). Der 53-Jährige bleibt aber Präsident des Balkanlandes.
Die SNS hatte die Parlamentswahlen im vergangenen Jahr in einem Erdrutschsieg gewonnen. Der Partei wurde allerdings immer wieder Korruption vorgeworfen. Vucic ist Mitbegründer der SNS und war seit 2012 Parteivorsitzender.
"Was auch immer Ihr tut, ich werde immer bei Euch und an Eurer Seite sein", versicherte der Präsident den Parteimitgliedern. Zum neuen Parteivorsitzenden wurde Verteidigungsminister Milos Vucevic gewählt.
Vucic hatte bereits angekündigt, eine landesweite Bewegung gründen zu wollen, die prominente Intellektuelle, Künstler und andere Personen des öffentlichen Lebens miteinschließt. Es wird erwartet, dass eine solche Bewegung nach und nach mit der SNS verschmelzen wird. Analysten zufolge ist Vucic deutlich beliebter als seine Partei. Eine frische Koalition würde helfen, der von Korruptionsskandalen umwitterten SNS ein neues Image zu verpassen.
- Nachrichtenagenturen dpa und AFP