"Absolut inakzeptabel" Deutsch-Iraner zum Tode verurteilt
Der Deutsch-Iraner Jamshid Sharmahd soll in Teheran hingerichtet werden. Menschenrechtsorganisationen sprechen von einem Schauprozess.
Im Iran ist der Deutsch-Iraner Jamshid Sharmahd in einem umstrittenen Prozess zum Tode verurteilt worden. Ein Revolutionsgericht in Teheran macht den 67-Jährigen unter anderem für einen Terroranschlag verantwortlich, wie das Justizportal Misan am Dienstag bekannt gab. Gegen das Urteil könne vor dem Obersten Gerichtshof Berufung eingelegt werden.
Der Aktivist Sharmahd wurde im Sommer 2020 Berichten zufolge vom iranischen Geheimdienst bei einem Zwischenstopp in Dubai festgenommen und in den Iran gebracht. Seitdem ist er in Teheran inhaftiert. Zuvor lebte Sharmahd jahrelang in den USA. Seine Familie und Menschenrechtsgruppen wiesen die Vorwürfe gegen ihn in der Vergangenheit zurück.
Kam als Siebenjähriger nach Deutschland
1955 wurde Sharmahd im Iran geboren. Als Siebenjähriger kam er mit seiner Familie nach Deutschland. Seit 1995 besitzt er die deutsche Staatsbürgerschaft. 2003 zog der Softwareingenieur mit seiner Frau und zwei Kindern in den US-Bundesstaat Kalifornien. Dort engagierte er sich für die Exil-Oppositionsgruppe "Tondar" (Donner), die sich für eine Rückkehr der Monarchie einsetzt. Irans Justiz macht die Organisation für einen Anschlag im Jahr 2008 in einer Moschee der Stadt Shiras mit mehreren Toten verantwortlich. Drei Männer wurden deswegen bereits hingerichtet.
Als Ingenieur und IT-Experte beteiligte sich Sharmahd auch an einem Radioprogramm der Exilgruppe. Auf der Webseite der Gruppe, die inzwischen zwar gelöscht ist, sich aber archiviert abrufen lässt, hieß es 2019, die Radioshow sende Inhalte zu Politik, Geschichte, aber auch Anleitungen zum Widerstand. Tondar prangerte dort die Verfolgung seiner Mitglieder durch die Islamische Republik an.
CDU-Chef Merz hat seine Patenschaft übernommen
Unklar ist, ob Sharmahd konsularischen Beistand von der deutschen Botschaft in Teheran erhalten kann. Der Iran behandelt Doppelstaatsbürger juristisch wie Iraner. Amnesty International hatte das Verfahren in der Vergangenheit als Schauprozess bezeichnet.
CDU-Chef Friedrich Merz hatte Anfang Januar angekündigt, Sharmahds politische Patenschaft zu übernehmen. "Mit meiner Patenschaft will ich ein Zeichen setzen für alle Männer und Frauen, die im Iran für ein freies, selbstbestimmtes Leben kämpfen", hieß es auf Merz' Twitter-Account. "Die Welt schaut zu, was im Iran passiert." Am Dienstag teilte Merz mit, das Todesurteil sei ein Affront.
Baerbock droht mit Konsequenzen
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) drohte dem Iran nach dem Urteil mit Konsequenzen. "In einem Verfahren, was kein rechtsstaatliches Verfahren ist, ein Todesurteil auszusprechen, das widerspricht jeglichem internationalen Recht", sagte Baerbock am Dienstag in Pazarcık in der Türkei. Die Nachricht aus dem Iran sei "schockierend", man verurteile die Entscheidung aufs Schärfste.
"Die Verhängung der Todesstrafe gegen Herrn Sharmahd wird eine deutliche Reaktion zur Folge haben", hatte Baerbock zuvor in einer Stellungnahme mitgeteilt. "Wir fordern Iran dazu auf, diese Mängel im Berufungsverfahren abzustellen, das Urteil entsprechend zu korrigieren und von der Todesstrafe abzusehen." Baerbock bezeichnete das Urteil als "absolut inakzeptabel". Die Todesstrafe sei grausam, unmenschlich und erniedrigend. Auch habe Sharmahd zu keinem Zeitpunkt nur im Ansatz eines fairen Prozesses gehabt.
Nouripour: Unmenschlichkeit des Regimes kennt keine Grenzen
Grünen-Chef Omid Nouripour schrieb auf Twitter zum Urteil über Sharmahd: "Er wurde gekidnappt, gefoltert und befindet sich seit fast 1.000 Tagen in Isolationshaft. Heute wurde er zum Tode verurteilt. Die Unmenschlichkeit des iranischen Unrechtsregimes kennt keine Grenzen."
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Auch die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im Bundestag, Renata Alt (FDP), kritisierte das Verfahren scharf. "Die Verurteilung zum Tod von Djamshid Sharmahd zeigt wieder einmal, wie grob und unmenschlich die iranische Justiz agiert. Sharmahd ist unschuldig und muss sofort freigesprochen werden", sagte Alt. "Diese inhumane Politik des Mullah-Regimes zeigt, wie dringend notwendig weitere, härtere Sanktionen gegen den Iran sind."
Derzeit sind mehrere europäische Staatsbürger im Iran inhaftiert, viele von ihnen besitzen auch die iranische Nationalität. Kritiker werfen dem Iran vor, ausländische Staatsbürger als politische Geiseln festzusetzen. Teheran weist die Vorwürfe zurück und begründet die Festnahmen üblicherweise mit dem Vorwurf der Spionage.
- Nachrichtenagentur dpa
- t-online.de: "Das ist absolute Folter"
- sueddeutsche.de: "In Dubai entführt, in Teheran vor Gericht" (kostenpflichtig)
- twitter.com: @nouripour