Grünes Licht für Seenotretter Migranten auf "Ocean Viking" können in Sizilien an Land gehen
Dehydrierte Migranten, schwindende Essensvorräte: Binnen weniger Tage hat die "Ocean Viking" über 500 Personen im Mittelmeer gerettet. Nun hat Sizilien grünes Licht für die Ankunft der Menschen gegeben.
Die 572 Flüchtlinge an Bord des Rettungsschiffs "Ocean Viking" können nach drei Tagen Unsicherheit in Italien an Land gehen. Die italienischen Behörden gaben am Donnerstag grünes Licht für eine Anlandung in der sizilianischen Hafenstadt Augusta, wie die Flüchtlingsrettungsorganisation SOS Méditerranée auf Twitter bekanntgab. Die Helfer hatten die Menschen Anfang der Woche von verschiedenen Booten aus dem Mittelmeer aufgenommen.
"Es ist eine große Erleichterung zu wissen, dass ihre Tortur auf See fast vorbei ist", erklärte die Organisation nun. Zuletzt hatte die "Ocean Viking" Anfang Mai mehr als 230 Flüchtlinge nach Sizilien gebracht.
Am Mittwoch hatte SOS Méditerranée als Betreiberin der "Ocean Viking" an die Europäische Union appelliert, einen sicheren Hafen zu finden. Die Menschen an Bord des Schiffes müssten "so schnell wie möglich" an Land gebracht werden. Sie litten unter Dehydrierung und Erschöpfung. Unter den Flüchtlingen seien 183 Minderjährige, "darunter Kinder mit einer Behinderung", hieß es. Am Mittwochabend sei ein Mann – den Angaben zufolge aus Verzweiflung – über Bord gesprungen, teilte die Organisation mit. Er sei gerettet worden.
Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.
"Unser medizinisches Team berichtet von zunehmenden Fällen von psychischer Belastung", berichtet die Hilfsorganisation auf Twitter. Ein Video der Organisation zeigt, wie die Menschen auf dem Schiff dicht an dicht sitzen.
Offenbar mehr als 180 Minderjährige an Bord
Wie die Organisation am Mittwoch mitteilte, sei ein Großteil der Menschen wegen des hohen Wellengangs seekrank und deshalb erschöpft und dehydriert. "Am Freitag werden uns die vorgepackten Essensrationen ausgehen, gleichzeitig wird das Wetter immer schlechter." In einer Mitteilung appellierten sie an die EU, die Geretteten aufzunehmen. Keine der zuständigen Seefahrtsbehörden habe die Koordination für die Rettungseinsätze übernommen, lautete der Vorwurf.
Binnen weniger Tage hatten die freiwilligen Helfer die Migranten in maltesischen und libyschen Gewässern aus Seenot geborgen. Etwas mehr als 180 Menschen an Bord sind nach Angaben der Organisation Minderjährige. Am Mittwoch hatte die Crew nach eigenen Angaben die bereits vierte Anfrage an die Behörden geschickt.
"Sie brauchen jetzt sofort einen sicheren Hafen"
Auch die deutsche Flüchtlingsorganisation Seebrücke forderte die europäischen Staaten auf, zu handeln. Die Menschen seien teilweise schon mehr als eine Woche an Bord und hätten bereits zuvor drei Tage bei starker Hitze auf See verbracht, hieß es bei in einer Mitteilung. "Sie brauchen jetzt sofort einen sicheren Hafen, weil sich große Unsicherheit breit macht", teilte die Seebrücke-Aktivistin Julia Solbach mit. Das Boot brauche nun dringend einen sicheren Hafen
In diesem Jahr sind laut der UN-Migrationsbehörde IOM bereits fast 900 Migranten und Geflüchtete im Mittelmeer ertrunken beziehungsweise werden vermisst – 2020 waren es 1.419. Die "Ocean Viking" ist derzeit das einzige Schiff einer privaten Seenotretter-Organisation, das im zentralen Mittelmeer operiert. Die übrigen Schiffe verschiedener Organisationen werden entweder in Italien von den Behörden festgehalten oder auf einen kommenden Einsatz vorbereitet.
- Twitter-Account von SOS Mediterranee
- Mitteilung der Seebrücke
- Nachrichtenagenturen dpa und afp
- IOM: Flow Monitoring Europe