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Reaktionen auf Ursula von der Leyen: "Rückschlag für europäische Demokratie"


Reaktionen auf von der Leyen
"Für die europäische Demokratie ist es ein Rückschlag"

Von dpa, reuters, afp, js

Aktualisiert am 03.07.2019Lesedauer: 3 Min.
Alexander Graf Lambsdorff (FDP) kritisiert die Festlegung auf Ursula von der Leyen als Kommissionspräsidentin: Sie habe sich den Wählern nicht präsentiert.Vergrößern des BildesAlexander Graf Lambsdorff (FDP) kritisiert die Festlegung auf Ursula von der Leyen als Kommissionspräsidentin: Sie habe sich den Wählern nicht präsentiert. (Quelle: Sammy Minkoff/imago)

Der Vorschlag, Ursula von der Leyen zur Kommissionspräsidentin zu machen, kam überraschend. Aus vielen Parteien kommt Kritik, aus der Union Unterstützung – wenn auch nicht vorbehaltlos.

Deutsche Politiker haben mit teilweise scharfer Kritik auf den Vorschlag reagiert, Ursula von der Leyens zur EU-Kommissionspräsidentin zu machen. "Das Spektakel der Regierungschefs während der letzten Tage straft alle Lügen, die meinen, Europa ginge es besser, wenn die Regierungen mehr Einfluss hätten", sagte der frühere Vizepräsident des Europäischen Parlaments Alexander Graf Lambsdorff (FDP) t-online.de: "Niemand braucht so lange und produziert so zweifelhafte Ergebnisse wie der Europäische Rat."

"Für die europäische Demokratie ist es ein Rückschlag, dass keiner der Spitzenkandidaten an die Spitze der Kommission rückt", sagte Lambsdorff. Von der Leyen habe sich nicht den Wählern gestellt. Niemand kenne ihre Ansichten zu den großen Herausforderungen der Europäischen Union. "Fehlanzeige – auf allen Gebieten“, sagte Lambsdorff. Sein Parteichef Christian Lindner sagte: "So, wie das jetzt gelaufen ist, wird das in Zukunft nicht weitergehen können". Die EU müsse ihr Verfahren zur Besetzung solcher Spitzenposten klären. Dafür müsse sie einen neuen Konvent einberufen, um über Reformen der EU zu sprechen.

Scharfe Kritik aus der SPD

Vor allem aus der SPD kam scharfe Kritik. Die kommissarische SPD-Spitze hatte die Personalie direkt am Dienstagabend strikt abgelehnt. "Damit würde der Versuch, die Europäische Union zu demokratisieren, ad absurdum geführt", kritisierten Manuela Schwesig, Malu Dreyer und Thorsten Schäfer-Gümbel. Die SPD-Spitzenkandidatin bei der Europawahl, die frühere Justizministerin Katarina Barley, kündigte im ZDF-"Morgenmagazin" an, sie werde im EU-Parlament nicht für von der Leyen stimmen. "Es ist nicht das Versprechen, das den Bürgerinnen und Bürgern vor der Wahl gegeben wurde."

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) nannte die Entscheidung einen schweren politischen Fehler. Zwar schätze er von der Leyen persönlich, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Aber mit dem Vorschlag des Europäischen Rates werde de facto das Thema Spitzenkandidatur bei europäischen Wahlen beerdigt.

Der langjährige SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte seine Partei sogar auf, die Koalition zu verlassen: "Wenn Merkel von der Leyen ohne Kabinettsbeschluss benennt, ist das ein klarer Verstoß gegen die Regeln der Bundesregierung – und ein Grund, die Regierung zu verlassen", sagte er dem "Spiegel".

Lange Zurückhaltung der Grünen-Vorsitzenden

Der Linken-Chef Bernd Riexinger zielte auf von der Leyens politische Bilanz: "Eine Ministerin, die bislang vor allem durch Skandale und Fehlschläge aufgefallen ist, nach Brüssel wegzuloben, zeugt nicht gerade von Wertschätzung der EU", sagte Riexinger der Nachrichtenagentur AFP. Gregor Gysi sagte t-online.de: "Das Personalgeschacher in Brüssel beweist, dass Schluss sein muss mit den Hinterzimmergesprächen. Es muss eine andere Form der Wahl der wichtigen Persönlichkeiten in der EU geben. Man könnte an eine Direktwahl denken oder an eine Wahl durch das europäische Parlament ohne ein Vorschlagsrecht der Ministerpräsidenten."

Der Co-Vorsitzende der AfD Jörg Meuthen sagte über von der Leyen: "Sie würde an dieser Aufgabe absehbar scheitern, so wie als Arbeitsministerin und Verteidigungsministerin gescheitert ist".

Die Vorsitzenden der Grünen, Annalena Baerbock und Robert Habeck, haben sich bis zum Mittwochnachmittag nicht zu der Personalie geäußert. Die Vorsitzende der Grünen im Europaparlament, Ska Keller, sagte aber im ZDF-"Morgenmagazin: "Ich sehe noch keinen Grund, warum wir diesem Deal zustimmen sollten". Von der Leyen sei bei der EU-Wahl überhaupt nicht angetreten.

Kramp-Karrenbauer: Kein Ende der Spitzenkandidaten

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer nannte die Einigung des EU-Gipfels auf ein Personalpaket dagegen "ein gutes Signal für die Handlungsfähigkeit in Europa". Der Deutschen Presse-Agentur sagte sie: "Es freut mich, dass mit Ursula von der Leyen jetzt eine erfahrene CDU-Politikerin aus Deutschland für diese Spitzenposition vorgeschlagen ist und hoffe sehr auf eine entsprechende Unterstützung im Europäischen Parlament."

Zugleich kündigte sie aber an, das Spitzenkandidaten-System erhalten zu wollen. Ihre Partei sei überzeugt, dass dieses System das EU-Parlament und die Demokratie in Europa stärke. "Wir werden alles daran setzen, damit die Erfahrungen des Verfahrens jetzt umgewandelt werden in Reformen, die sicherstellen, dass in fünf Jahren der Prozess neu aufgesetzt wird und dann auch zu einem entsprechenden Erfolg geführt wird."


CSU-Chef Markus Söder hat die Niederlage für Manfred Weber im Poker um den Posten des künftigen EU-Kommissionspräsidenten als Niederlage für die Demokratie und für Europa kritisiert. "Natürlich ist es für Deutschland gut, dass wir erstmals seit Jahrzehnten wieder den Kommissionspräsidenten stellen können", sagte der CSU-Vorsitzende und fügte hinzu: "Aus Verantwortung für das Land und Europa akzeptieren wir die Entscheidungen. Aber jubeln können wir heute nicht. Das ist ein Punkt für Deutschland, aber eine Niederlage für Europa."

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Nachrichtenagenturen dpa, Reuters, AFP
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