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Jean-Claude Juncker zieht Bilanz: "Wir haben unsere Versprechen gehalten"


Bald Ex-Kommissionschef
Juncker zieht Bilanz – und räumt Fehler ein

Von dpa, afp, reuters, dru

07.05.2019Lesedauer: 3 Min.
Jean-Claude Juncker gestenreich: Der EU-Kommissionschef zog in Brüssel eine Bilanz seiner Amtszeit.Vergrößern des Bildes
Jean-Claude Juncker gestenreich: Der EU-Kommissionschef zog in Brüssel eine Bilanz seiner Amtszeit. (Quelle: Francisco Seco/ap)

Mehr Jobs und mehr Gehalt für die Europäer – der scheidende EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker stellt sich ein überzeugendes Zeugnis aus. Doch er räumt auch Fehler ein.

EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker hat ein überwiegend positives Fazit seiner Zeit an der Spitze der Brüsseler Behörde gezogen, aber auch Selbstkritik geübt. "Den Menschen in Europa geht es eigentlich besser. Nicht jeder merkt das, weil Reichtum und Wohlstand unterschiedlich verteilt bleiben", sagte der Luxemburger. Juncker hatte den Spitzenposten im November 2014 übernommen, Ende Oktober endet sein Mandat.

Seine Bestandsaufnahme begründete Juncker unter anderem damit, dass die Beschäftigungsquote in der EU auf Rekordhoch und die Jugendarbeitslosigkeit gesunken sei, die Gehälter seien gestiegen. Soziale und Verbraucherrechte seien ebenso gestärkt worden wie der Datenschutz. Von Beginn an seien seine Prioritäten Beschäftigung, Wachstum und Investitionen gewesen. "Wir haben unsere Versprechen gehalten", sagte Juncker.

Juncker spricht von Fehlern

Als größten politischen Fehler seiner Amtszeit nannte Juncker, dass er sich vor dem Brexit-Referendum nicht in die Debatte eingemischt habe. Der damalige britische Premierminister David Cameron habe ihn gebeten, nicht einzugreifen. "Das war ein Fehler." Denn nur Brüssel habe die Möglichkeit gehabt, "die Lügen zu zerstören", die vor der Volksabstimmung in Großbritannien verbreitet worden seien.

Auch persönlich habe er Fehler gemacht, räumte Juncker ein. Am meisten hadert er mit seiner zu zögerlichen Reaktion in der Luxleaks-Affäre. Er habe eine Woche gewartet, darauf zu reagieren, sagte Juncker, der jahrelang Luxemburgs Regierungschef und Finanzminister war. "Ich hätte sofort antworten sollen. Das war ein großer Fehler."

Die Luxleaks-Affäre hatte Ende 2014 europaweit für Empörung gesorgt. Damals kam heraus, dass Luxemburg multinationalen Konzernen massive Steuervorteile auf Kosten anderer EU-Länder einräumte. Juncker musste sich darauf im ersten Amtsmonat einem Misstrauensvotum im EU-Parlament stellen, das von europafeindlichen und rechten Parteien organisiert worden war. Es wurde mit großer Mehrheit zurückgewiesen.

Mit Blick auf den inzwischen beruhigten Handelstreit zwischen Europa und den USA glaubt Juncker nicht, dass US-Präsident Donald Trump nach dem Durchbruch im letzten Sommer die Situation noch einmal eskalieren lässt. Sein Team sei nahezu täglich in Kontakt mit dem US-Präsidialamt und er glaube, das man Trump beim Thema Handel trauen könne. Der Luxemburger hatte im Juli 2018 mit einem Besuch bei Trump höhere US-Einfuhrzölle auf Autos aus der EU vorerst abgewendet und im Gegenzug einen besseren Marktzugang für US-Soja und -Flüssiggas versprochen. Der Absatz der Produkte in Europa stieg daraufhin stark an.

Insgesamt sieht Juncker den Staatenbund zwei Tage vor dem EU-Gipfel im rumänischen Sibiu heute stärker als zuvor. "Das ist kein Zufall, sondern das Ergebnis unserer Einheit, Entschlossenheit auch Kompromissfähigkeit." Allerdings zeigten sich die EU-Staaten in den vergangen Jahren oft genug alles andere als geschlossen – etwa bei der Frage einer gemeinsamen Asylpolitik.

Junckers Reformvorhaben stocken

Juncker hatte 2017 eine Debatte über EU-Reformen angestoßen und unter anderem dafür plädiert, mehr EU-Länder in den Euro- und den Schengenraum aufzunehmen sowie Europa sozialer auszugestalten. Viele der damals debattierten Vorschläge sind jedoch nicht vorangekommen.


Vergangene Woche hatte Juncker bereits zehn Punkte "unerledigte Aufgaben" für seine Nachfolger präsentiert. Darunter waren unter anderem die seit Jahren stockende Reform des Asylsystems, besserer Schutz vor Online-Terrorpropaganda und eine modernere Besteuerung, unter anderem der großen Digitalkonzerne.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa, AFP, Reuters
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