Nach Forderung von Merkel und Macron Große Mehrheit der Deutschen will eine EU-Armee
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Mehr als zwei Drittel aller Deutschen befürworten Merkels und Macrons Forderung nach europäischen Streitkräften. Das geht aus einer exklusiven Umfrage im Auftrag von t-online.de hervor.
69,5 Prozent der Deutschen wollen den Aufbau einer gemeinschaftlichen europäischen Armee. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage durch das Meinungsforschungsinstitut Civey im Auftrag von t-online.de. Rund jeder vierte Befragte ist hingegen gegen eine solche Streitkraft.
Aktuell ist das Thema in der Diskussion, weil sich der französische Präsident Emmanuel Macron und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel für den Aufbau einer Armee durch die Mitgliedsstaaten der EU ausgesprochen haben. Auch CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer ist für eine europäischen Armee: "Ich glaube, dass eine europäische Armee Sinn macht", sagte sie t-online.de.
Nur AfD-Wähler wollen keine EU-Armee
Die Umfrage wurde nach den Aussagen der Politiker gestartet. 40,8 Prozent der Befragten finden, dass diese Idee auf jeden Fall in die Tat umgesetzt werden sollte. Weitere 28,7 Prozent stimmten bei der Frage mit "Eher Ja."
Die Zustimmung für das Projekt EU-Armee ist unter den Wählern der Union, SPD und den Grüne am größten: Dort finden um die 80 Prozent die Idee gut. Ablehnung dagegen herrscht bei AfD-Anhängern: 42,6 Prozent wollen auf keinen Fall den Aufbau einer EU-Armee, weitere 16,1 Prozent sprechen sich eher dagegen aus.
FDP und Grüne für gemeinsame Streitkräfte
FDP-Chef Lindner hatte zuvor schon auf Twitter geschrieben: "Das Bekenntnis von Merkel zu einer europäischen Armee ist gut – endlich." Der damalige Grünen-Chef Cem Özdemir warb bereits 2015, gemeinsam mit dem Verteidigungsexperten Tobias Lindner für eine europäische Armee: "Die Vision eines Europa, das weniger Geld für Rüstung ausgibt und weniger Soldaten als heute hat, muss keine Vision bleiben." Die Bedingung dafür sei eine Auflösung nationaler Streitkräfte.
Der stellvertretende AfD-Bundesvorsitzende Georg Pazderski sagte: "Merkels europäische Armee ist überflüssig." Stattdessen fordere seine Partei, dass jeder souveräne Staat seinen Beitrag leisten müsse.
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In die Civey-Umfrage sind die Antworten von 5.029 Befragten zwischen dem 13. und 15. November eingeflossen. Die genaue Fragestellung lautete: "Sollten die Mitgliedstaaten der Europäischen Union Ihrer Meinung nach eine gemeinsame europäische Armee aufbauen?"
Die Zustimmung ist dabei nicht nur von der Parteipräferenz abhängig: Die Umfrage ergab auch, dass sich in den westdeutschen Bundesländern mehr Menschen für eine gemeinsame Truppe aussprechen als im Osten. Während im Westen 71,8 Prozent für die EU-Armee sind, sind es in den neuen Bundesländern nur 61,7 Prozent. Auch die jüngeren Befragten unter 29 sind mit 59,6 Prozent weniger begeistert von der Idee der Euro-Armee als Menschen über 65: Hier befürworten 74,5 Prozent eine gemeinsame Kampftruppe.
Zur Methodik der Umfrage
Für die Umfrage hat das Meinungsforschungsinstitut Civey die Antworten von 5.029 Befragten berücksichtigt. Die genaue Fragestellung lautete: "Sollten die Mitgliedstaaten der Europäischen Union Ihrer Meinung nach eine gemeinsame Europäische Armee aufbauen?" Der Befragungszeitraum lag zwischen dem 13. und 15. November 2018. Das Gesamtergebnis ist repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren. Alle Befragten haben sich bei Civey registriert und verifiziert. Der statistische Fehler der Gesamtergebnisse beträgt 2,5 Prozentpunkte.
Das Meinungsforschungsinstitut Civey arbeitet nicht nur mit t-online.de, sondern einer ganzen Reihe anderer großer Medien zusammen. Es geht dabei anders als klassische Umfrageinstitute vor. Die meisten Umfrageinstitute wählen die Menschen, die sie befragen, zufällig aus der Gesamtbevölkerung aus. Meist um die 1.000 Menschen. Eine solche Zufallsstichprobe erlaubt es, die zufällige Abweichung der Antworten herauszurechnen und so repräsentative Ergebnisse für die Gesamtbevölkerung zu schätzen. Weil aber nur ein kleiner Teil der Menschen auch antwortet, müssen die Antworten hinterher gewichtet werden.
Civey dagegen lässt online alle Menschen abstimmen, die wollen. Aus den vielen Tausend Antworten zieht ein Computer erst hinterher eine Stichprobe von rund 5.000 Befragten, die dann nach Alter, Geschlecht, Bevölkerungsdichte und Parteipräferenz der Gesamtbevölkerung entsprechen. Damit die Antworten nicht verzerrt sind, achtet Civey nach eigenen Angaben darauf, dass zum Beispiel nicht nur t-online.de-Leser in die Stichprobe kommen, sondern Leser sehr vieler verschiedener Seiten. Schließlich werden die Angaben anhand anderer Informationen, die Civey über die Befragten gesammelt hat, gewichtet. So soll ein repräsentatives Bild der Bevölkerung entstehen. Dafür muss Civey die Ergebnisse stärker gewichten als andere Institute.
- So arbeiten Meinungsforscher: Bei Umfragen ist die Geheimformel wichtig
An dieser Methode gibt es Kritik. Statistiker halten es aber für möglich, auf diese Art zu zutreffenden Aussagen über Meinungen in der Gesamtbevölkerung zu kommen. Wie genau im Detail gewichtet wird, hält Civey auch gegenüber Auftraggebern wie t-online.de ebenso geheim, wie es andere Umfrageinstitute tun.
- Exklusive Civey-Umfrage für t-online.de
- mit Material der Nachrichtenagentur dpa