Grundwerte in Gefahr EU sieht Demokratie in Ungarn im Niedergang
Das Europaparlament sieht die Demokratie in Ungarn in großer Gefahr. Schuld sei die Politik von Regierungschef Viktor Orbán. Doch Sanktionen könnten schwierig sein.
Demokratie und Rechtsstaat in Ungarn sind nach einem neuen Bericht aus dem Europaparlament in ernster Gefahr. Die zuständige Berichterstatterin Judith Sargentini empfiehlt deshalb die Einleitung eines Sanktionsverfahrens wegen Gefährdung von EU-Grundwerten, wie es bereits gegen Polen läuft. Ob es dafür eine Mehrheit gibt, ist allerdings unklar. Den Bericht legte sie am Donnerstag zunächst dem Innenausschuss vor.
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Die Grünen-Abgeordnete Sargentini war im Mai 2017 nach einer sehr kritischen Ungarn-Resolution des Parlaments mit der Erstellung des Berichts beauftragt worden. Darin trägt sie diverse kritische Stellungnahmen internationaler Institutionen wie der Vereinten Nationen, der OSZE oder des Europarats zu Ungarn zusammen.
Sargentini wirft der gerade wiedergewählten Regierung von Ministerpräsident Viktor Orbán vor, "laufend die Grundrechte ihrer Bürger, die Pressefreiheit und die Unabhängigkeit der Justiz" zu untergraben. Die stärkste Sanktion des Stimmrechtsentzugs fordere sie nicht leichtfertig, erklärte die Niederländerin. Die EU schulde aber den ungarischen Bürgern "null Toleranz gegenüber doppelten Standards bei Grundrechten, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit".
In dem Bericht verweist sie auf Einschränkungen der Meinungs-, Forschungs- und Versammlungsfreiheit sowie auf eine Schwächung des Verfassungs- und Justizsystems und von Nichtregierungsorganisationen. Darüber hinaus nennt sie Verstöße gegen die Rechte von Minderheiten und Flüchtlingen sowie Korruption und Interessenkonflikte.
Starker Widerstand gegen Maßregelungen
Diese "Fakten und Trends zusammengenommen stehen für eine beginnende systemische Bedrohung von Demokratie, Rechtsstaat und Grundrechte in Ungarn", heißt es in Sargentinis Resolutionsentwurf. Damit sei das Risiko eines Verstoßes gegen EU-Grundwerte gegeben. Vorgeschlagen wird deshalb ein Rechtsstaatsverfahren nach Artikel 7 der EU-Verträge.
Die EU-Kommission hatte im vergangenen Jahr erstmals überhaupt ein solches Verfahren gegen Polen eingeleitet. Grund waren Reformen der nationalkonservativen Regierung in Warschau, die aus Sicht Brüssels die Unabhängigkeit der Justiz und die Gewaltenteilung untergraben. Für einen Stimmrechtsentzug ist letztlich ein einstimmiger Beschluss der Mitgliedstaaten nötig. Ungarn hat bereits angekündigt, dies im Falle Polens zu verhindern.
Sollte das Plenum des Parlaments den Ungarnvorschlag im September mit Zwei-Drittel-Mehrheit billigen, läge das weitere Verfahren beim EU-Ministerrat. Aus der Europäischen Volkspartei (EVP), zu der die ungarische Regierungspartei Fidesz wie auch CDU und CSU gehören, gibt es starken Widerstand gegen eine Maßregelung Ungarns.
- dpa