Wahlkampf bei Arbeitern Le Pen führt Macron in seiner Heimat vor
Präsidentschaftskandidat Emmanuel Macron begibt sich in seiner Heimatstadt auf Jagd nach Arbeiterstimmen. Doch statt Arbeiter trifft er Funktionäre der Gewerkschaft. Seine Gegnerin Marine Le Pen nutzte die Chance und führte den Sozialliberalen regelrecht vor.
Die Präsidentschaftskandidatin hat Macron mit einem überraschenden Wahlkampfauftritt bei einer Fabrik für Haushaltsgeräte in Amiens die Show gestohlen. Während Macron Gewerkschaftsführer der Whirlpool-Fabrik in Nordfrankreich traf, tauchte Le Pen vor der Fabrik selbst auf und erklärte sich zur Kandidatin der Arbeiter des Landes.
Das Wahlkampfmanöver Le Pens wurde live vom französischen Fernsehsender BFM übertragen. Die Anlage ist ein Symbol französischer Stellenverluste an Fabriken in Übersee. Le Pen machte mit Menschen vor der gefährdeten Anlage Selfies, während Macron hinter verschlossenen Türen gezeigt wurde - in Anzug und Krawatte.
Macron wird von Arbeitern ausgebuht
Schließlich begab sich Macron selbst vor das Werk in seiner Heimatstadt. Doch für Le Pens Konkurrenten lief es dort eher holprig: Die Arbeiter empfingen ihn mit Pfiffen und Buhrufen. Hinzu kam, dass Macron aufgrund des großen Medienandrangs kaum an die Menschen herankam.
Bei dem hitzigen Treffen mit den Arbeitern verteidigte Macron sein Wahlprogramm. In chaotischen Szenen, die ebenfalls live im Fernsehen ausgestrahlt wurden, sagte Macron, er würde Stellenstreichungen nicht verbieten, sollte er zum Präsidenten gewählt werden. "Ich werde Sie nicht anlügen", sagte er.
Macron fehlt Wahlkampf-Erfahrung
Die kontrastierenden Bilder waren Ausdruck Le Pens politischer Erfahrung. Die 48-Jährige bestreitet ihre zweite Präsidentschaftskampagne, nachdem sie 2012 Dritte wurde. Der 39-jährige ehemalige Investmentbanker und Wirtschaftsminister Macron führt hingegen seine erste Kampagne. Er hatte noch nie ein gewähltes Amt.
In der Fabrik in Amiens soll die Produktion von Trocknern in diesem Jahr eingestellt und nach Polen verlegt werden. Le Pen hat versprochen, die Anlage geöffnet zu lassen, komme was wolle. Sie ist auf Millionen weitere Stimmen angewiesen, um Macron bei der Stichwahl um das Präsidentenamt am 7. Mai zu schlagen. Le Pen wirft Macron vor, dass unter seinem wirtschaftlich liberalen Programm weitere französische Jobs ins Ausland gehen würden.
Bereits vor Le Pens überraschendem Auftritt barg Macrons Intervention in die Zukunft der Whirlpool-Fabrik Risiken. Für ihn galt es, die Falle zu meiden, Wahlkampfversprechen zu machen, die er bei einem Wahlsieg womöglich schwer einhalten könnte.
Im Präsidentschaftsrennen 2012 war der Sozialist François Hollande zu einer von Schließung bedrohten Stahlfabrik in Ostfrankreich gereist, um, ähnlich wie Macron, um Arbeiterstimmen zu werben. Gewerkschaftsführer fühlten sich später durch ein Abkommen zwischen Hollandes Regierung mit dem Stahlriesen ArcelorMittal hintergangen.