Kein Recht auf legale Einreise EuGH fällt bedeutendes Urteil zur Asylpolitik
Haben Flüchtlinge das Recht auf eine legale Einreise in die EU? Auf diese Frage hat nun der EuGH eine Antwort geben. Die Regierungen der EU-Staaten dürften erleichtert sein.
EU-Staaten sind nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs nicht verpflichtet, Asylbewerbern sogenannte "humanitäre Visa" zur legalen Einreise auszustellen. Aus dem Unionsrecht ließen sich keine derartigen Verpflichtungen ableiten, argumentierte das oberste Gericht der EU in Luxemburg. Maßgeblich sei allein das nationale Recht.
In dem Ausgangsverfahren für das EuGH-Urteil ging es um ein syrisches Ehepaar, das mit seinen drei kleinen Kindern aus dem lange umkämpften Aleppo nach Europa fliehen wollte. Es beantragte dazu im belgischen Konsulat im libanesischen Beirut Visa. Das belgische Ausländeramt lehnte die Anträge ab.
Die Behörde argumentierte, dass sich die Familie länger als die mit einem Visum bewilligten 90 Tage in Belgien aufhalten wollte - schließlich wollten die Syrer dort Asylanträge stellen. Zudem seien EU-Staaten nicht verpflichtet, alle Menschen aufzunehmen, die eine katastrophale Situation durchlebten, hieß es.
Gericht folgt Empfehlung des Generalanwalts nicht
Der zuständige EuGH-Generalanwalt hatte dieser Argumentation Anfang Februar in einem aufsehenerregenden Gutachten widersprochen. Er schrieb, die Erteilung nationaler Visa werde von einer EU-Verordnung geregelt. Damit gelte auch die Grundrechtecharta der Union.
Die Charta wiederum schreibt das Recht auf Asyl fest und verbietet Folter und andere unmenschliche und entwürdigende Behandlung - reale Gefahren für die syrische Familie, unterstrich der Gutachter. Damit müsse ein EU-Staat in solchen Fällen Visa zur Einreise vergeben und Schutzsuchenden die Möglichkeit geben, in Europa Asyl zu verlangen.
Dieser Argumentation widersprach nun das Gericht. Es wies darauf hin, dass der Visakodex nur für geplante Aufenthalte von höchstens drei Monaten gelte. Die syrische Familie habe aber ihre Anträge auf Visa aus humanitären Gründen in der Absicht gestellt, in Belgien Asyl und somit einen nicht auf 90 Tage beschränkten Aufenthaltstitel zu beantragen.
"Wenn der Gerichtshof der Meinung des Generalanwalts folgt, dann explodiert eine Bombe", warnte zuvor der auf Migrationsrecht spezialisierte Juraprofessor Philippe De Bruycker von der Freien Universität Brüssel. Damit werde das Grundprinzip in Frage gestellt, dass Migranten es bis nach Europa schaffen müssen, um dort Asyl zu beantragen.
Das Grundprinzip bleibt bestehen - wohl sehr zur Erleichterung der EU-Staaten.