Besetzung der EU-Kommission Von der Leyen will Meloni-Kollegen als Vizepräsidenten
Ursula von der Leyen versucht, den rechten Italiener Raffaele Fitto als einen Vizepräsidenten der EU-Kommission durchzusetzen. Der Italiener gilt als umstritten.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat im Europaparlament ihr neues Team für die nächsten fünf Jahre vorgestellt. Mit Raffaele Fitto soll zum ersten Mal ein Politiker der rechten italienischen Partei Fratelli d'Italia (Brüder Italiens) zu einem der Vizepräsidenten der EU-Kommission ernannt werden.
Fitto war bislang Europaminister in der Regierung der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und soll nun Kommissar für Kohäsion und Reformen werden. Damit wäre er unter anderem für den Europäischen Sozialfonds und einen Fonds für regionale Entwicklung verantwortlich. Außerdem sollen mit dem Posten die ärmsten Regionen der EU besser unterstützt werden.
Meloni zeigt sich hochzufrieden
Italiens rechte Ministerpräsidentin Giorgia Meloni zeigte sich bereits hochzufrieden über die geplante Ernennung ihres Vertrauten: "Endlich ist Italien wieder ein Hauptdarsteller in Europa", erklärte die Vorsitzende der Rechtspartei in Rom. Dies sei eine wichtige Anerkennung für die zentrale Rolle ihres Landes in der EU. Meloni fügte hinzu: "Viel Glück, Raffaele. Wir sind sicher, dass Du Deine Aufgabe im Interesse Europas und Italiens sehr gut erfüllen wirst."
Die Ernennung Fittos birgt politisches Risiko für von der Leyen, da die Mehrheit der Abgeordneten im Parlament die neue Kommission bestätigen muss. In der Vergangenheit wurden dabei bereits einige unliebsame Kandidaten abgelehnt. Der Italiener gilt als umstritten, weil er der rechten Partei Melonis angehört. Aus den Fraktionen der Sozialdemokraten, der Grünen und der Liberalen war bereits in den vergangenen Tagen Widerstand gegen die Personalie zu hören. Es sei eine gefährliche Verschiebung nach rechts.
Fitto soll "Brückenbauer" sein
Doch es gibt auch andere Stimmen. In Brüssel gilt Fitto vielen auch als gemäßigt und vor allem pro-europäisch. EVP-Chef Manfred Weber (CSU) bezeichnete ihn sogar als "Brückenbauer". Er sei ohne Zweifel bestens geeignet, den Job zu machen, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Diese Kommission müsse eine Kommission sein, die Europa zusammenführt. Und deswegen setze er sich offensiv dafür ein, dass Italien in der Kommission gut vertreten sei.
Die EU-Kommission mit einem Apparat von rund 32.000 Mitarbeitern schlägt Gesetze für die Staatengemeinschaft vor und überwacht die Einhaltung von EU-Recht. Wenn es nach dem Willen von der Leyens geht, soll die neue Kommission ihre Arbeit am 1. November aufnehmen. Ob das aufgehen kann, wird sich noch zeigen.
Mehr Männer als Frauen
Wochenlang arbeitete von der Leyen intensiv an der Zusammenstellung ihres 26-köpfigen Personalpakets. In den sozialen Medien und hinter verschlossenen Türen machten zahlreiche Spekulationen die Runde, wer welche Position übernehmen werde.
Von der Leyen wollte bei der Besetzung auch darauf achten, ein ähnliches Verhältnis von Männern und Frauen in der Führungsetage der Kommission zu haben. Der neuen Kommission gehörten nun 40 Prozent Frauen an und 60 Prozent Männer, sagte von der Leyen. Bis zur von ihr angestrebten Gleichstellung gebe es noch viel Arbeit, räumte die CDU-Frau ein. Zahlreiche Staats- und Regierungschefs waren von der Leyens Bitte zur Normierung einer Frau und eines Mannes nicht gefolgt. Zum Ausgleich sind vier der insgesamt sechs Stellvertreter von der Leyens weiblich.
Erstmals ein EU-Verteidigungskommissar
Dazu gehört die Spanierin Teresa Ribera, die künftig für den "grünen, gerechten und wettbewerbsfähigen Wandel" zuständig ist. Österreich erhält mit dem bisherigen Finanzminister Magnus Brunner die Zuständigkeit für Migration.
Litauen soll derweil eine neu geschaffene Stelle besetzen. Ex-Premierminister Andrius Kubilius soll erster EU-Verteidigungskommissar werden. "Er wird sich für die Entwicklung der Europäischen Verteidigungsunion einsetzen und unsere Investitionen und industriellen Kapazitäten stärken", sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Aufgrund einer möglichen Wiederwahl Donald Trumps als US-Präsident und des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ist die EU mit mehreren Sicherheitsherausforderungen konfrontiert. Derzeit wird etwa darauf hingearbeitet, dass Europa militärisch unabhängiger wird.
Kubilius wird voraussichtlich eng mit der Estin Kaja Kallas zusammenarbeiten, der von der Leyen in ihrer neuen Kommission den Bereich Außen- und Sicherheitspolitik zugewiesen hat. Mit dem dänischen Politiker Dan Jørgensen hat die Kommission zudem auch zum ersten Mal einen Kommissar für Wohnen.
Frankreichs bisheriger Außenminister Stéphane Séjourné erhält das Industrie-Ressort. Séjourné ist der Nachfolger von Thierry Breton, der am Montag überraschend verkündete, von seinem Amt als Europäischer Kommissar zurückzutreten. Breton gab als Grund für seinen Rücktritt an, von der Leyen habe den französischen Präsidenten Emmanuel Macron aufgefordert, einen anderen Kandidaten zu nominieren. Er galt als einer der größten Kritiker von der Leyens in Brüssel. Mehr dazu lesen Sie hier.
- Nachrichtenagentur dpa