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Wissing: "Aus für das Verbrenner-Aus" | Kompromiss im Streit mit der EU?


Streit bei EU-Gipfel
"Vorschlag ist das Aus für Verbrenner-Aus"

Von dpa, t-online
Aktualisiert am 24.03.2023Lesedauer: 3 Min.
Volker Wissing: Laut "Spiegel" soll der Verkehrsminister im Streit mit Brüssel eingelenkt haben.Vergrößern des Bildes
Volker Wissing: Laut "Spiegel" soll der Verkehrsminister im Streit mit Brüssel eingelenkt haben. (Quelle: Felix Zahn/photothek.net/imago-images-bilder)

Nach einem wochenlangen Streit um das Verbrenner-Aus soll sich nun eine Lösung abzeichnen. Laut dem Verkehrsminister wurde ein Kompromiss vorgeschlagen.

Im Streit um die Zukunft von Neuwagen mit Verbrennungsmotoren zeigt sich Bundesverkehrsminister Volker Wissing zuversichtlich, dass es nun zu einer gangbaren Lösung kommt. Der FDP-Politiker sagte der Deutschen Presse-Agentur, man habe sich eng mit der EU-Kommission beraten und ihr nach sorgfältiger Prüfung einen konstruktiven Lösungsvorschlag übermittelt. "Wir gehen davon aus, dass damit nicht nur alle inhaltlichen, sondern auch die rechtlichen Fragen hinreichend beantwortet sind."

Wissing fügte hinzu: "Der Genehmigung von neu zugelassenen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren, die ausschließlich mit synthetischen Kraftstoffen betankt werden, sollte damit auch nach 2035 nichts mehr im Wege stehen." Man erwarte nun, dass die EU-Kommission eine entsprechende Erklärung abgebe, klare zeitliche Zielmarken nenne und den Prozess für entsprechende Rechtsakte in Gang setze. "Unser Vorschlag an die EU-Kommission ist das Aus für das Verbrenner-Aus", teilte der Verkehrsminister auf Twitter mit.

Von der Leyen: Zeit drängt

Das Ministerium hatte am Donnerstagabend ein Antwortschreiben zu jüngsten Lösungsvorschlägen der EU-Kommission nach Brüssel geschickt, wie es aus Regierungskreisen in Berlin hieß. Die Vorschläge der EU-Kommission waren zu Wochenbeginn bekannt geworden. Demnach definierte die Behörde in einem Entwurf Kriterien für die Zulassung neuer Fahrzeuge, die ausschließlich mit CO2-neutralen Kraftstoffen betrieben werden.

Hintergrund ist eine grundsätzliche Einigung von Europaparlament und EU-Staaten, wonach in der EU ab 2035 nur noch emissionsfreie Neuwagen zugelassen werden dürfen. Deutschland drängt aber darauf, auch danach noch Neuwagen mit Verbrennungsmotoren zuzulassen, die E-Fuels tanken – also klimaneutrale künstliche Kraftstoffe, die mit Ökostrom erzeugt werden. Eine für Anfang März vorgesehene Bestätigung der Einigung durch die EU-Staaten wurde daher von Deutschland zunächst verhindert.

Auch EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen zeigte sich zuversichtlich, dass in dem Streit schnell eine Lösung gefunden wird. "Zeit ist in diesem Fall von entscheidender Bedeutung", sagte sie am Donnerstagabend nach dem ersten Tag eines EU-Gipfels in Brüssel. Das Vorhaben sei eine wichtige Säule, um die EU-Klimaziele zu erreichen. "Und deshalb intensivieren wir die Gespräche und ich bin zuversichtlich, dass wir bald eine gute Lösung finden werden."

Scholz: "Das ist schon Konsens"

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte am Freitag im ZDF-"Morgenmagazin": "Dieser Streit ist erst vom Tisch, wenn die EU-Kommission eine ganz klare rechtliche Vorgabe auf den Tisch legt, dass nach 2035 Verbrenner mit E-Fuels, mit sogenannten synthetischen Kraftstoffen, möglich sind."

Bundeskanzler Olaf Scholz hatte die deutsche Position im Streit über Autos mit Verbrennungsmotor zuvor gegen Kritik europäischer Partner verteidigt. "Es gibt eine klare Verständigung in Europa", sagte der SPD-Politiker am Donnerstag beim EU-Gipfel. Dazu gehöre, dass die EU-Kommission einen Vorschlag mache, wie auch nach 2035 ausschließlich mit klimaneutralen E-Fuels betriebene Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor zugelassen werden können. "Das ist schon Konsens."

Kritik von anderen EU-Staaten

Wer anderen Regierungschefs zuhörte, merkte jedoch schnell: Das deutsche Vorgehen sorgt bei einigen Partnern mindestens für Irritation, eher für Verärgerung. Denn zuletzt hatte vor allem die FDP dafür gesorgt, dass ein wichtiges Klimaschutzgesetz in der EU nicht verabschiedet werden konnte, wonach ab 2035 nur noch emissionsfreie Neuwagen in der EU zugelassen werden dürfen.

Am deutlichsten wurde der lettische Ministerpräsident Krišjānis Kariņš. Er sprach mit Blick auf das deutsche Vorgehen von einem "sehr, sehr schwierigen Zeichen für die Zukunft". Es sei verwunderlich, dass eine Regierung sich plötzlich anders entscheide, nachdem eine Vereinbarung bereits getroffen worden sei.

Expertin Kemfert: "E-Fuels sind nichts als Wahlkampf-Klimbim"

Auch Klimaökonomin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin kritisiert die Haltung der FDP scharf: "E-Fuels sind nichts als Wahlkampf-Klimbim", sagte sie t-online. Dass der Betrieb von Verbrennern mit E-Fuels möglich bleiben soll, halte sie nicht nur für nicht sinnvoll, sondern auch für nicht umsetzbar.

Mit den bisher geplanten Projekten bis 2035 könne der deutsche E-Fuel-Bedarf nur zu maximal zehn Prozent gedeckt werden, so Kemfert. E-Fuels brauche man für die Bereiche, wo es keine hauptsächlich elektrische Alternative gebe – im Flug- und Schiffsverkehr sowie teilweise im Schwerlastverkehr. Beim normalen Autoverkehr seien E-Autos die preiswertere und effizientere Alternative.

Technisch möglich sei der Kompromissvorschlag allerdings: Man könne entsprechende Sensoren einbauen, um sicherzustellen, dass wirklich nur E-Fuels getankt werden. "Aber auch das ist wieder ineffizient und teuer", sagte Kemfert. "Es ist von vorne bis hinten einfach unsinnig. E-Fuels im Pkw sind pure Verschwendung."

Bei der Grundsatzeinigung im Herbst hatte Deutschland einen Zusatz in das Abkommen verhandelt, wonach die EU-Kommission einen Vorschlag vorlegen soll, wie nach 2035 Fahrzeuge zugelassen werden können, die ausschließlich mit E-Fuels betrieben werden. In der EU-Kommission las man den entsprechenden Absatz stets so, dass davon Sonderfahrzeuge wie Kranken- oder Feuerwehrwagen betroffen sein sollen. Nach Berliner Lesart soll die E-Fuel-Ausnahme dagegen für alle Fahrzeuge gelten.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
  • spiegel.de: "Verkehrsministerium lenkt im Verbrennerstreit offenbar ein"
  • twitter.com: "Tweet von @Wissing"
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