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Zum journalistischen Leitbild von t-online.So schnell ist der Akku leer Der große Reichweiten-Bluff beim E-Auto
Mit ihren Batterien wachsen auch die Reichweiten der Elektroautos. Allerdings: Zwischen versprochenem und tatsächlichem Verbrauch klafft oft eine gewaltige Lücke. 30 Modelle im Check.
Dass Benziner und Diesel deutlich mehr Sprit verbrauchen als die Hersteller versprechen, weiß nahezu jeder Autofahrer. Der einfache Grund für diesen Unterschied: Während des vorgeschriebenen Tests zur Verbrauchsmessung fahren die Autos unter streng vorgegebenen Laborbedingungen – die es aber im Alltag kaum gibt. Dadurch ist der angegebene Spritverbrauch zwar vergleichbar. Aber eben auch unrealistisch.
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Genau diesen Test, den sogenannten WLTP, müssen auch neue Elektroautos absolvieren, bevor sie auf den Markt kommen. Und genau wie beim Verbrenner, weichen deshalb ihre echten Verbräuche teils drastisch von den Werten ab, die ihre Hersteller versprechen. Das zeigt ein Test der "Auto Zeitung". Dabei wurden 30 aktuelle Modelle auf ihren Verbrauch hin überprüft – und zwar eben nicht unter Laborbedingungen.
Die Ergebnisse sprechen nicht gerade für den WLTP. Und auch nicht für die Reichweiten-Versprechen der Autoindustrie.
So verbrauchte etwa der VW ID.3 Pro im Test bei kühlem Wetter ein Drittel mehr als vom Hersteller angegeben (+ 36 Prozent) – entsprechend sinkt seine Reichweite. Und das ist noch nicht einmal das schlechteste Ergebnis im Test.
Aber es gibt auch gute Beispiele: Der Renault Zoe R 135 Z.E. 50 verbraucht unter Realbedingungen auf der Straße exakt so viel Strom wie im Labor. Und der Peugeot e-208 unterbietet die Herstellerangabe sogar um drei Prozent: Er fährt noch weiter, als es die Stellantis-Tochter verspricht.
Abweichung bis zehn Prozent
Modell | Verbrauch laut Hersteller* | Verbrauch im Praxistest* | Differenz |
---|---|---|---|
Peugeot e-208 | 17,6 | 17,1 | -3 Prozent |
Renault Zoe R 135 Z.E. 50 | 17,7 | 17,7 | - |
Peugeot e-2008 | 17,8 | 18,2 | 2 Prozent |
Kia e-Niro | 15,9 | 16,3 | 3 Prozent |
Audi RS e-tron GT | 20,6 | 21,4 | 4 Prozent |
Mazda MX-30 e-Skyactiv | 19 | 20,2 | 6 Prozent |
VW ID.4 Pro | 18,9 | 20,2 | 7 Prozent |
BMW i3 | 15,3 | 16,6 | 8 Prozent |
Porsche Taycan Turbo S Cross Turismo | 24,4 | 26,6 | 9 Prozent |
* in kWh (Kilowattstunden)
Abweichung bis 20 Prozent
Modell | Verbrauch laut Hersteller* | Verbrauch im Praxistest* | Differenz |
---|---|---|---|
Opel Zafira-e Life | 27,3 | 30,2 | 11 Prozent |
Hyundai Kona Elektro | 14,7 | 16,6 | 13 Prozent |
Audi Q4 Sportback e-tron 50 quattro | 17,6 | 19,9 | 13 Prozent |
Mercedes EQV 300 | 28,1 | 32 | 14 Prozent |
Porsche Taycan Turbo S | 24,7 | 28,2 | 14 Prozent |
Renault Twingo Electric | 16 | 18,3 | 14 Prozent |
Mini Cooper SE | 15,2 | 17,9 | 18 Prozent |
Mercedes EQA 250 | 17,8 | 21,1 | 19 Prozent |
Tesla Model 3 Standard Plus | 14 | 16,8 | 20 Prozent |
Abweichung bis 30 Prozent
Modell | Verbrauch laut Hersteller* | Verbrauch im Praxistest* | Differenz |
---|---|---|---|
Fiat 500e | 14 | 16,9 | 21 Prozent |
Skoda Enyaq 80 iV | 16,7 | 20,4 | 22 Prozent |
Opel Mokka-e | 17,4 | 21,7 | 25 Prozent |
Audi e-tron S Sportback | 26,4 | 33,2 | 26 Prozent |
Volvo XC40 Recharge P8 AWD | 23,8 | 30,3 | 27 Prozent |
Tesla Model S Performance | 20 | 26 | 30 Prozent |
Abweichung über 30 Prozent
Modell | Verbrauch laut Hersteller* | Verbrauch im Praxistest* | Differenz |
---|---|---|---|
BMW iX3 | 19,5 | 25,6 | 31 Prozent |
Polestar 2 Long Range Dual Motor | 19,3 | 25,5 | 32 Prozent |
VW ID.3 Pro | 15,4 | 21 | 36 Prozent |
Aiways U5 | 16,6 | 23 | 39 Prozent |
Ford Mustang Mach-E AWD Extend. | 18,7 | 26,5 | 42 Prozent |
Mercedes EQC 400 4Matic | 22,2 | 33,6 | 51 Prozent |
Das ist WLTP
Das Testverfahren WLTP (Worldwide harmonized Light vehicles Test Procedure, auf Deutsch etwa: Weltweit einheitliches Leichtfahrzeug-Testverfahren) zur Messung des Verbrauchs unserer Autos gilt seit dem 1. September 2018. Es ersetzte das 26 Jahre alte Verfahren NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus). Der WLTP-Test nutze den Autofahrern, sagen seine Verfechter: Er würde die Autohersteller endlich zu praxisnäheren Verbrauchsangaben zwingen.
Realistisch sind die Angaben trotzdem nicht, entgegnen Kritiker. So werde die Reichweite der Neuwagen bei exakt 23 Grad gemessen – obwohl wir meist ganz andere Temperaturen haben. Außerdem bleiben Heizung und Klimaanlage bei der Messung ausgeschaltet, was den Spritverbrauch senkt. Das haben die Autohersteller durchgesetzt – sie wirkten an der Gestaltung des neuen Testverfahrens aktiv mit.
- "Auto Zeitung"
- Eigene Recherche