Elektroauto Elektromobil Peraves Monotracer: Kabinenroller mit Ferrari-Flair
Elektromobile sind unsportlich, lahm und haben wenig Reichweite? Der Peraves Monotracer MTE-150 beweist das Gegenteil. Der Exot schafft 240 km/h, beschleunigt wie ein Sportwagen und fährt locker 300 Kilometer weit. Nachteil: Für das Stromliniengefährt braucht man den Motorradführerschein.
Viele Elektroautos sind zu schwer
Elektromobile zu konstruieren ist eine Frage der Physik. Wer zu schwer baut oder zu viel Luftwiderstand erzeugt, verliert. Offenbar trifft dies im Moment auf alle Elektroautos zu, deren Bauweise aus der Benzin-Ära stammt: Stahlblechkarosserie und Breitreifen sind der Tod jeder Effizienz. Und so fahren der Mitsubishi i-MiEV und seine Brüder von Peugeot und Citroën im Stadtverkehr zwar sensationell leise, doch im Alltagsverkehr nur rund hundert Kilometer weit. Im Nissan Leaf wird der Fahrer nach dieser Distanz ebenfalls nervös. Der 1,7 Tonnen schwere Opel Ampera wirft nach etwa 60 Kilometern den Benzinmotor an. Bis dahin hat er 10 kWh Strom verbraucht, der Akku ist leer.
Monotracer: Hier kommt die Strom-Explosion
Es geht auch anders. Man baue zum Beispiel ein stromlinienförmiges Zweirad, zwei Sitze hintereinander, die Karosserie aus faserverstärktem Kunststoff. Hinein kommt ein Lithium-Polymer-Akku mit einer Kapazität von 20 kWh, dazu der 150 kW-Motor und die Antriebselektronik des Tesla Roadster. Die lange tropfenförmige Karosserie ergibt einen cW-Wert von 0,19 und eine Stirnfläche von einem Quadratmeter. Multipliziert man diese Werte, ergibt das den Luftwiderstand - er ist dreimal kleiner als der des aktuellen Toyota Prius (cW = 0,25; Stirnfläche 2,33 m²). Das Leergewicht von nur 550 kg und der geringere Rollwiderstand der Motorradreifen bringen weitere Vorteile.
Schlank wie ein Motorrad, teuer wie ein Porsche
Und so klingt es nicht mehr wie Zauberei, wenn Roger Riedener, der Chef der Firma Peraves, für sein eigentümliches Mobil eine Reichweite von über 300 Kilometern verspricht. Nicht in Schleichfahrt wohlgemerkt, sondern bei Autobahntempo 120 km/h. Wer weniger weit reisen will und es eiliger hat, darf mit 240 km/h über die Autobahn rauschen. Das Gefährt nennt sich Peraves Monotracer MTE-150, stammt aus der Schweiz, durchläuft gerade die letzten Abnahmeprüfungen der Zulassungsbehörden und wird ab sofort für den stolzen Preis von 95.140 Euro angeboten. Lieferzeit: acht Monate.
Fällt er um?
Nun stellt sich die entscheidende Frage: Wie fährt sich so ein Apparat? Fällt er um? Nein. Aber dafür braucht es Übung. Im Monotracer sitzt der Pilot leicht nach hinten gelehnt und streckt die Füße nach vorn, wie auf einem Chopper. Doch zwischen Fahrerfuß und Asphalt liegt ja die Karosserie. Am Anfang ist es eine recht gruselige Vorstellung, auf einem teuren Zweirad zu balancieren, ohne sich abstützen zu können.
Stützräder am Stromlinienfahrzeug
Es braucht Übung, den Balance-Reflex vom Fuß in den linken Daumen zu verlegen - denn dort wartet der Schalter fürs Stützfahrwerk auf seinen Einsatz. Ein Zucken mit dem Daumen, und in 0,5 Sekunden sind die rettenden Räder ausgefahren. Wer mit größeren Motorrädern umgehen kann, lernt das Anfahren und Anhalten im Monotracer an einem Nachmittag. Nach rund tausend Kilometern auf der Straße fühlt man sich allmählich sicher und kann die Maschine in einem sauberen Bogen durch die Kurven drücken.
Edle Ausstattung
Ein frugales Sparmobil ist der Monotracer keineswegs. Fahrer und Passagier nehmen auf Ledersitzen Platz, vom Sattler handvernäht wie die gesamte Innenverkleidung. Elektrische Heizung und Klimaanlage sind im Unterboden des Fahrzeugs eingebaut; hinter dem Kopf des Passagiers befindet sich ein Gepäckraum von 200 Litern Inhalt. Das reicht für kleine Einkäufe und den Wochenendausflug.
Sicher und komfortabel wie ein Auto - nur auf zwei Rädern
Überhaupt ist der Monotracer - nachdem man sich das Balancieren angewöhnt hat - ein recht alltagstaugliches Fahrzeug. Er findet noch in den engsten Parkfeldern Platz, fährt stoisch ebenso durch schweren Platzregen wie durch neblig-kalte Herbstnächte. Für die Sicherheit sorgen ABS, ESP und eine kevlarverstärkte Kunststoffkarosserie mit einlaminierten Überrollbügeln aus Stahl - crash-sicher wie ein Integralhelm, der vom Vorderrad bis zum Hinterrad reicht.
Motorrad meets Segelflugzeug
Die Herstellerfirma Peraves hat Erfahrung mit diesen kuriosen Fahrzeugen und stellt sie bereits seit 25 Jahren her - doch bisher gab es die Gefährte nur mit Benzinantrieb. Gegründet wurde das Unternehmen vom ehemaligen Swissair-Flugkapitän Arnold Wagner, einem begeisterten Motorradfahrer und Konstrukteur von Kunstflugzeugen. Wagner mochte irgendwann nicht mehr in einer nassen Lederkombi zum Geschäftstermin erscheinen und begann zu tüfteln. Schließlich versah er BMW-Motorräder mit einer Art Segelflugzeug-Cockpit. Von Wagners erster Kreation, dem Ecomobil, rollten 90 Stück aus den Werkshallen. Seit 2008 ist das aktuelle Modell, der Monotracer auf dem Markt, angetrieben vom Motor der BMW K1200. Nun folgt sein elektrifiziertes Geschwister.
Am schönsten ist das Segeln
Die Fahrt im Vorserienmodell des Monotracer MTE-150 ist selbst für Menschen, die den benzingetriebenen Vorgänger kennen, ein Erlebnis. Ein verhaltenes Sirren begleitet die Fahrt, es stammt aus dem gerade verzahnten Getriebe und gibt dem Fahrer einen akustischen Anhaltspunkt über die Geschwindigkeit. Nach dem Ortsschild legen wir uns sachte in die ersten Landstraßenkurven hinein und drehen am Gasgriff.
Beinahe lautlos durch die Kurven schwingen
Ruckfrei und linear beschleunigt der Monotracer; das Getriebesirren wird nun vom feinen Rauschen des Fahrtwinds untermalt. Schnell gewöhnt man sich an die Rekuperationsbremse - einfach den Gasgriff voll zurückdrehen, dann bremst die Fuhre übers Hinterrad deutlich ab. Noch schöner jedoch ist das sogenannte Segeln - dazu lässt man den Gasgriff etwas offen. Dann rollt der Monotracer still und antriebslos auf die nächste Ortschaft zu, schwingt beinahe lautlos durch die Kurven. Himmlisch.
Explosionsartige Beschleunigung
Das Kontrastprogramm starten wir an einer Autobahnauffahrt. Die rechte Hand dreht am Gas, und der Monotracer legt los wie ein Supersportwagen. In weniger als vier Sekunden zeigt der Digitaltacho Tempo 100. Doch der Druck von hinten lässt nicht nach. Auch beim Beschleunigen von Tempo 150 km/h spurtet der Monotracer los, als hätte er von Drehmomentkurven und Luftwiderstand nie etwas gehört. Die Physik scheint aufgehoben.
240 km/h sind locker drin
Wir lassen es diesmal bei knapp 200 km/h bewenden, ohne dass dem MTE-150 auch nur annähernd die Puste weggeblieben wäre. Das Serienmodell soll auf 240 km/h begrenzt werden, sagt Peraves-Chef Roger Riedener. 270 km/h wären locker machbar - das sei aber für die Reifen nicht mehr gut.
Ist der Monotracer die Zukunft?
Was nach dem Aussteigen bleibt, ist das tröstliche Gefühl, dass wir auf sportliches Fahren und einen eleganten Auftritt auch in der CO2-sparenden Zukunft nicht verzichten werden müssen. Die Ära der automobilen Alleskönner mag irgendwann vorbei sein - dann gibt es sie vielleicht nicht mehr, die siebensitzigen Geländewagen mit 250 km/h Spitze und Nürburgring-Nordschleife-Sportfahrwerk. Dann werden wir uns entscheiden müssen, ob wir mit der Familie in die Skiferien bummeln oder eine flotte Runde durch die Eifel drehen wollen. Aber warum eigentlich nicht?