Oldtimer-Test Opel Commodore B - das edle Rekord-Coupé gefällt noch heute
Manchmal löst die Welt der neuen Autos Wehmut aus. Überall Downsizing, Sechszylinder werden zum Luxusgut, und Marken wie Opel bieten sie vielleicht bald gar nicht mehr an. Der 2,8-Liter im Insignia wurde längst durch einen Vierzylinder ersetzt. Nur im Sportmodell OPC gibt es noch sechs Töpfe.
Dabei laufen Sechszylinder einfach geschmeidiger und weicher. Und Reihensechszylinder noch ruhiger als ein V6. Diese heute nur noch bei BMW dargebotene Laufkultur war früher fast gang und gäbe.
Opel früher mit Reihen-Sechser
Auch Opel waren Sechszylinder-Reihenmotoren nicht fremd - übrigens mit dem Omega bis weit in die neunziger Jahre. In den Siebzigern sowieso nicht, als unser besprochener Commodore B noch für den großen Auftritt sorgte.
Da war die Marke mit einem Diplomat samt V8-Triebwerk noch oberklassetauglich. Der Commodore B wird in einer Zeit (1972) vorgestellt, da Sechszylinder trotz heraufgezogener Ölkrise noch etwas bedeuten.
Opel Commodore: Der feinere Rekord
Opels Mittelklasse wurde als Rekord und Commodore ausgeführt. Für die Basis Rekord gab es ausschließlich Vierzylinder mit maximal zwei Litern Hubraum und100 PS. Im Commodore wurde die feinere Fortbewegung bewerkstelligt. Hier arbeiteten ausschließlich sechs Töpfe unter der Motorhaube - wahlweise mit 2,5 oder 2,8 Liter Hubraum.
Überragende Laufruhe
Doch nicht die Drehfreude ist es, die bei einer Probefahrt mit einem 115 PS starken Basis-Commodore überrascht, sondern dessen überragende Laufruhe. Obwohl der Zweieinhalbliter einen Vergaser besitzt, der es mit der Präzision bei der Kraftstoffzuteilung nicht so genau nimmt, kann er in dieser Disziplin locker Fahrzeugen aus der Jetzt-Zeit das Wasser reichen.
Leicht und trotzdem langsam
Nicht aber mit seinen anachronistischen Leistungswerten. Bei 115 Pferdchen unter der Haube würde ein heutiger Businessklasse-Kunde ganz schön verdutzt aus der Wäsche gucken. Und trotz leichter Karosse - der Commodore wiegt kaum 1,2 Tonnen - ist eher Gemächlichkeit angesagt.
Das Schaltgetriebe lässt sich zwar leichtgängig bedienen, aber der dürre Hebel muss einiges an Weg zurücklegen, bis er einrastet. Wer nach einer 160 PS-Variante Ausschau hält, bekommt mehr Dampf und kann es mit schwerem Gasfuß im wahren Sinne des Wortes an der Hinterachse qualmen lassen.
Trotz Servo viel Kurbelei
Wirft man einen Blick in eine alte Commodore-Preisliste, findet sich der Punkt "Servolenkung" unter der Serienausstattung, was in den Siebzigern gemeinhin keineswegs normal war. Dennoch muss man kräftig an dem großen Kranz kurbeln, um die hinterradgetriebene Limousine zu rangieren. Während der Fahrt geht dann alles recht fluffig - das luxuriöse Gefährt bleibt aber ein Cruiser. Der Starrachser ist kein Kurvenräuber und will es auch gar nicht sein. Alleine die GSE-Varianten sollten drahtiger daherkommen und warteten serienmäßig mit einem Bugspoiler auf.
Schwarz lackierte Motorhaube beim GS
Beim GS wurden dafür ganze 162 Mark fällig. Wenn man heute einen Commodore B mit schwarz lackierter Motorhaube sieht: Das muss keineswegs ein nachträglicher Eingriff sein - für 95 Mark hat der Hersteller den vorderen Deckel entsprechend lackiert. Gegen 610 Mark Aufpreis wurden die großen Rüsselsheimer mit einer Differenzialsperre ausgerüstet, die Opel-Ingenieure hegten offenbar durchaus querdynamische Pläne mit ihrem Sechszylinder. Daher hatte das Topmodell vorsorglich auch an der Hinterachse Bremsscheiben, während die Basis hier mit Trommeln Vorlieb nehmen muss.
Für 127 Mark gab es einen beheizbaren Fahrersitz, damals wohl eine der exotischen Optionen. Richtig gut zu Gesicht steht dem Commodore die Wandlerautomatik mit drei Fahrstufen. Die sorgt zwar nicht unbedingt für bessere Fahrleistungen, doch man kauft ihn aus heutiger Sicht ohnehin nicht wegen der Performance.
Opel Commodore B sind rar geworden
Apropos kaufen. Es gibt in den einschlägigen Internet-Börsen zwar schon ein paar versprengte Commodore B, aber sie sind grundsätzlich rar geworden. Und wer ein gutes Exemplar ergattern will, sollte sich in den Kreisen der Clubs und Fans umhören. Gute Coupés gehen gut und gerne für jenseits der 10.000 Euro über den Ladentisch.