Für diesen Beitrag haben wir alle relevanten Fakten sorgfältig recherchiert. Eine Beeinflussung durch Dritte findet nicht statt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Neuvorstellungen & Fahrberichte Gigant auf sechs Rädern: Mercedes-Benz G 63 AMG 6x6
Unser Autor Christian Sauer testete exklusiv die sechsrädrige G-Klasse von AMG. Mit 455.770 Euro ist der Offroader derzeit nicht nur das teuerste Modell von , sondern auch das extremste. Hier sein abenteuerlicher Fahrbericht.
Auf Sanddünen und Wüsten-Pisten präsentierte Mercedes-Benz vor einigen Monaten den damals noch als Showcar klassifizierten G 63 AMG 6x6. Doch ernst gemeinte Anfragen für den Giganten auf sechs Rädern ließen nicht lange auf sich warten – noch in Dubai boten arabische Scheichs Blankoschecks, damit der Offroad-Bolide gleich dort bliebt. Wie schon beim G 65 AMG mit seinem 612 PS und 1.000 Nm Drehmoment starken V12-Biturbo wurde der Wunsch von "König Kunde" nach einer Serienfertigung erhört. Im 6x6 kommt zwar "nur" der 5,5 Liter große V8-Biturbo zum Einsatz, mit 544 PS und 760 Nm ist er allerdings alles andere als untermotorisiert und der Sound aus den Sidepipes ist unserer Meinung nach beeindruckender als der des Zwölfzylinders.
Aufwendige Handarbeit
Traditionell mit der Unterschrift des jeweiligen Monteurs versehen, werden seit Jahren immer mehr AMG-Motoren vom Firmensitz >>
der Mercedes-Sportbeauftragten in Affalterbach ins österreichische Graz verschickt. Dort in der Steiermark werden im Werk von Magna Steyr schon seit 1979 die unterschiedlichen Varianten der G-Klasse gebaut und die AMG-Versionen machen inzwischen einen Anteil von rund 50 Prozent aus. Insgesamt verkauft sich "der G" besser denn je und die Produktion wurde sogar aufgestockt sowie modernisiert. Überraschend ist dennoch zu sehen, wie viel Handarbeit im Gelände-Urgestein steckt.
Alles außer Zwölfzylinder, Panzerung und Maschinengewehr
Für besondere Einsätze gibt es auch gepanzerte "Guard"-Modelle und spezielle Varianten fürs Militär, darunter auch eine mit drei Achsen für die australische Armee. Darauf aufbauend wurde nun der zivile 6x6 entwickelt. Sogenannte Portalachsen und Federelemente aus dem Rallye-Sport bescheren dem wohl extremsten Offroader ab Werk mit Straßenzulassung eine nochmals verbesserte Geländegängigkeit. >>
Tiefe Wasserdurchfahrten lassen den G 63 AMG 6x6 also ebenso kalt wie heißer Sand. Dafür lässt sich der Luftdruck in den sechs 37 Zoll großen Reifen auf 18-Zoll-Felgen vom Cockpit aus per Schalter am Dachhimmel ablassen und per Kompressoren wieder aufpumpen. Die fünf Differentialsperren und die 7-Stufen-Automatik lassen sich ganz simpel wie im "normalen" G 63 AMG bedienen.
Gipfel der Unvernunft
Nach dem herausfordernden Aufstieg ins Cockpit machen wir uns während der kurzen Fahrt zum Testgelände von Magna Steyr einen Eindruck vom Luxus an Bord des Dickschiffs. Serienmäßig verfügt der G 63 AMG 6x6 über eine absolute Vollausstattung. Durch die Verlängerung der Passagierkabine bietet der "Über-G" noch mehr Platz hinten, wo zwei Einzelsitze mit elektrischer Verstellung warten. Deren Sitzbelüftung wird später wohl mehr im Einsatz sein als die Sitzheizung, schließlich wird ein Großteil der nicht limitieren Produktion in Länder am Persischen Golf gehen. Aber auch einige Kunden aus Europa haben den 6x6 schon bestellt, eine Zulassung für die USA steht noch aus. Vielleicht liegt es an den Verbrauchs- und Emissionswerten, die Mercedes offiziell mit unter 20 Liter auf 100 km angibt. Der tatsächliche Wert lässt sich kaum ermitteln, schließlich zeigt der Bordcomputer maximal 30 Liter an – "Scheich-egal" – schließlich garantiert ein Zusatztank mit 149 statt 96 Litern eine großzügige Reichweite.
Überflieger im Gelände
Auf dem Testgelände angekommen, finden wir statt Dünen und Sand mitteleuropäischen Schlamm. Doch bevor es dort hinein geht, testen wir erstmal das Beschleunigungs- und Bremsverhalten des 4,1 Tonnen schweren Koloss. 7,9 Sekunden vergehen bis 100 km/h. Der G 63 AMG mit vier Rädern schafft den Standardsprint in 5,4 Sekunden und dessen Höchstgeschwindigkeit liegt bei abgeriegelten 210. Der 6x6 schafft immerhin Tempo 160 und zum Stehen bringen ihn extra-große Bremsen. Was die Zahlen gar nicht vermitteln können, ist das einmalige Fahrgefühl. Noch beeindruckender als auf Asphalt ist das Erlebnis auf unbefestigtem Untergrund. >>
Ob steile Auf- oder Abfahrten – wo andere Offroader nur im Kriechgang vorankommen, fliegt der 6x6 regelrecht drüber. Und wenn das Ungetüm doch einmal droht, die Bodenhaftung zu verlieren, versetzt er einfach ein Stück und dann es geht unbeirrt weiter.
Vollgas!
An die Lenkung müssen wir uns allerdings erst gewöhnen. An sich ist sie gar nicht so indirekt, wie wir befürchteten. Die überdimensionalen Abmessungen und die drei Achsen verlangen ein recht frühes Einlenken, doch wer zu früh dran ist, gräbt mit den hinteren Rädern eine neue Fahrspur. Egal, der 6x6 wühlt sich mit seinen sechs Rädern wie ein Tausendfüßler durchs Gelände. Wo er nicht hinkommt, hilft wohl nur noch der Kettenantrieb eines Panzers. Allein der rutschige Untergrund scheint der G-Klasse nicht zu schmecken. Da hilft nur Anlauf holen und Vollgas!