Elektro-SUV im Härtetest Was der KIA kann, zeigt er auf der Autobahn
Ein neues Design, ein größerer Akku – und trotzdem eine bewegte Nacht an der Ladesäule. Was der KIA EV6 auf Langstrecke wirklich kann, zeigt ein Test mit unerwarteten Wendungen.
Die neue Front des EV6 ist ein Hingucker: markante Lichtgrafik und "Star Map"-Design. Innen begeistert das Cockpit mit Panorama-Displays – doch ein Detail fällt auf bei der Bedienung.
Mit voller Batterie startet ein nächtliches Abenteuer: Eine Testfahrt von Hamburg bis Tirol wird zur echten Prüfung. Besonders nachts offenbart sich, was das Fahrerlebnis wirklich ausmacht – oder eben stört.
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KIA hat sein Erfolgsmodell EV 6 aufgefrischt, und ihn sowohl optisch, als auch technisch aufgewertet.
Zunächst fällt die neue Front ins Auge, vor allem bei dieser GT Line. Tiefgezogene Haube, markante Scheinwerfer-Linie, durchgängiges Lichtband vorn. Dazu hat er dieses neue „Star Map“-Beleuchtungskonzept, dessen Grafik an die Darstellung von Sternbildern angelehnt ist. Das sollen auch die Rückleuchten abbilden.
Wer_hier_welche Zeichen sieht, ist uns Sternen-Nebel-schleierhaft, astral hübsch finden wir es dennoch.
Das Intérieur verbreitet Wohlfühlatmosphäre. Immer wieder beeindruckend: die Panoramadisplays über fast die gesamte Cockpitbreite. Das ist alles intuitiv und leicht bedienbar; wer nicht touchen will: der EV 6 lässt auch gut mit sich reden.
Die Platzierung der Schalter für die Sitz- oder Lenkrad Heizung in der Armauflage der Mittelkonsole ist sub-optimal. Mehr als einmal haben wir beim Einstellen anderer Funktionen am großen Display versehentlich die Lenkrad- oder Sitzheizung eingeschaltet, oder die Belüftung.
Beim Fahren haben wir uns über den Antrieb und das neu abgestimmte Fahrwerk gefreut. Noch mehr Freude kam auf, weil dieses Meer von quengelnden Assistenz-Systemen inzwischen spürbar weniger aufdringlich arbeitet. Gleiches gilt auch für die Spurhalte- und Spurfolgeassistent im aktuellen EV 6. Das merkt man besonders, weil auch der Schallschutz nach innen verbessert wurde.
Eigentlich absurd, dass man trotzdem einen künstlichen Motor-Sound in verschiedenen Varianten und Lautstärken zuschalten kann. Ist wohl Substitutionstherapie für Petrol Heads.
Das Ladevolumen lässt sich von 490 auf 1.290 Liter erweitern. Und damit schaffen wir den Übergang zu einem Reisebericht. Denn der neue 84 kWh Langstrecken-Akku hat uns ermutigt, das Abenteuer zu wagen.
KIA benennt für den neuen Allradler 546 km Reichweite. Also, Hamburg – Tirol in Österreich: 700 km sollte beim Start mit einem vollem Akku mit maximal einem Ladestopp zu schaffen ein. Aber die Daten sind WLTP-Angaben und wir fahren eben Autobahn. Bei etwas flotterer Fahrt und kühlen Temperaturen möchte der Akku nach 300 bis 350 Kilometern nachgeladen werden.
Wer nun sagt, fahrt halt Tempo 100, den fragen wir warum? Schließlich ist unser 325 PS starkes Allradmodell recht sportlich ausgelegt. Das Auto mobilisiert mit Heck- und Frontmotor 605 Nm, beschleunigt in 5,3 Sekunden auf 100 und erreicht in der Spitze 188. Wozu hat man denn sowas.
Wir sind am späten Abend losgefahren und kommen im Dunklen, an noch dunkleren Ecken bei den Ladesäulen auf deutschen Autobahn Raststätten an. Immerhin gibt es inzwischen fast überall 300 kW-Säulen, was in gut 20 – 30 Minuten den Akku mit ca. 400 km Reichweite füllt. Die Prognose der Reichweite sinkt aber dem entsprechend kontinuierlich.
Was oft steigt, sind die Reichweiten bis zum Restaurant oder zur Toilette. Wir haben Raststätten erlebt, da sind die Ladesäulen derart im Abseits, dass es nahezu 500 m Fußmarsch in gruselig dunkler Umgebung braucht.
Abseits der Autobahn kann sich auch ein gegenteiliges Bild zeigen. In den Bergen scheint man um jeden Touristen zu kämpfen, als gälte es, die optimistischen Säulen-Diagramme der E-Autoprognosen in reale Ladesäulen umzusetzen: an Supermärkten, an Liftstationen, an völlig unerwarteten Orten.
Die kleine Bergstraße war auf dem Navi nur ein Strich, aber dieser Ladepunkt war frei, funktionierte und sollte schon wegen seiner landestypischen Bauweise unter Denkmalschutz gestellt werden. Sowas entschädigt für die Umgewöhnung.
Mit dem großen Akku kann man sich mit dem EV6 auch auf Langstrecke begeben. Man muss nur ein kleines Stück weit umdenken. Im Alltagsbetrieb, wo viele Stadtfahrten mit Rekuperation entlasten, kann es vorkommen, dass man nach einer Woche denkt: Mensch, ich müsste mal wieder nachladen. Am besten eben nicht immer volle Pulle, das schont die Batterie und das Konto.
Ach ja: der überarbeitete KIA EV6 mit dem kleineren 63 kWh Akku und Heckantrieb starte bei 45.000 € (Schrift: € 44 990,-). Unser Testwagen Allrad GT Modell mit 84 kWh und 325 PS kostet mindestens 56.000,- € (Schrift: € 55.990,-)
Welche Szene unterwegs besonders hängen bleibt und wie der EV6 insgesamt abschneidet, sehen Sie hier oder oben im Video.
- funanddrive.tv
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