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Debatte um Diesel-Verbot: Eine generelle Verbannung ist verfehlt


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Debatte um Diesel-Verbot
Eine generelle Verbannung ist verfehlt

MeinungThomas Koch

Aktualisiert am 27.02.2018Lesedauer: 4 Min.
Dem Dieselmotor droht das Aus: Thomas Koch vom Karlsruher Institut für Technologie hält das für falsch.Vergrößern des Bildes
Dem Dieselmotor droht das Aus: Thomas Koch vom Karlsruher Institut für Technologie hält das für falsch. (Quelle: Julian Stratenschulte/dpa)
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Thomas Koch vom Karlsruher Institut für Technologie hält die Verteufelung des Diesel für falsch. Moderne Technik macht den Verbrennungsmotor immer sauberer – nur durch ihn sind Klimaziele zu erreichen.

Ein Gastbeitrag von Thomas Koch

Wir veröffentlichen zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über das Fahrverbot für Diesel-Autos zwei Gastbeiträge. Die Gegenmeinung von Jens Hilgenberg, Auto-Experte beim BUND, lesen Sie hier.

Kritik ist an manchen Softwarelösungen von Dieselmotoren unstrittig angebracht. Jedoch entwickelte sich hieraus ein maßloser Dauerbeschuss; der Diesel würde keinen CO2-Vorteil beisteuern und für Zehntausende Tote alleine in Deutschland pro Jahr verantwortlich sein. Eine objektive Diskussion über einen gangbaren und technologisch sinnvollen Weg in die Zukunft der Mobilität ist angesichts solcher Behauptungen unmöglich. Dabei sollte gerade dies das wichtigste Ziel aller beteiligten Diskussionsführer sein.

Natürlich sind grenzwertige Lösungen im Feld und eine illegale, fahrzykluserkennende Software ist absolut inakzeptabel. Dies betrifft jedoch ausschließlich Fahrzeuge, die in ihrer Entwicklung schon vor über 12 bis 15 Jahren starteten. Eine generelle Verbannung des Diesel ist daher verfehlt. Es ist gut, dass die neueste Realemissionsgesetzgebung im letzten Jahr startete und bereits vor etwa zwei Jahren die ersten Fahrzeuge mit der neuesten Technologie im Markt verfügbar sind.

Technik noch nicht weit genug

Damit ist die letzte Flanke der Stickoxide geschlossen! Die verfügbare Dieseltechnologie und vor allem die komplexe, juristisch belastbare Realemissionsmesstechnik ist entwickelt und Europa verfügt somit über die anspruchsvollste Gesetzgebung. Dieser komplexe Schritt war eine Herausforderung!

Dass gerade die Stickoxidemissionen von Euro-5-Fahrzeugen im Realbetrieb erhöht liegen, war im Wesentlichen der Tribut an die verfügbare Technik und kein Betrug oder keine illegale Lösung. Der NOx-Emissionsgrenzwert von 180 mg/km, der im realitätsfremden Fahrzyklus NEFZ zu erreichen war, war durch die Anforderungen des Partikelfilters nicht erreichbar. In der Undefiniertheit des Realemissionsverhaltens und der Unerreichbarkeit der 180 mg/km fehlte eine vernünftige Regelung des Realbetriebes durch den Gesetzgeber.

Eine Legitimation für Emissionen bis oberhalb von 1.000 mg/km stellt dies sicherlich nicht dar. Die aktuellen Datensatzoptimierungen, auch Softwareupdates genannt, reduzieren die Stickoxide nun im komplizierten Wechselspiel mit anderen Fahrzeugeigenschaften (Verbrauch, Partikelfilterregeneration, Zuverlässigkeit Abgasrückführventile, …) mit einer starken Gewichtung auf die NOx-Reduzierung. Mindestens 25 Prozent sind im Flottenmittel realistisch.

Euro-6-Norm löst alle Emmissionsprobleme

Leider war mit der Einführung der Euro-6-Technologie eine große Chance vertan worden. 2014 wurden insbesondere die SCR-Katalysatoren mithilfe der Adblue-Einspritzung in Europa flächendeckend eingeführt, nach einer Vorerprobung mit geringen Stückzahlen in den USA. Kritikwürdig war vor allem die Herstellerstrategie, den Verbrauch der ersten Euro-6-Fahrzeuge ab 2014 maximal zu reduzieren.

Niedriger Verbrauch, also wenig eingespritzter Kraftstoff pro Verbrennung, reduziert die Abgastemperatur im Stadtverkehr bis deutlich unter 200°C! Nur bei Abgastemperaturen deutlich oberhalb von 180°C darf Adblue eingespritzt werden, da sich sonst korrosive Ablagerungen, ähnlich einer Tropfsteinhöhle, sofort im Abgastrakt bilden. Die Vermeidung von kaltem Abgas bei trotzdem gutem Verbrauch ist das wesentliche Dieselentwicklungsziel der letzten 15 Jahre gewesen. Sicher war die Gewichtung des Verbrauches zu dominant und einige Datensätze auch unbefriedigend oder schlecht entwickelt.

Mit wenigen Prozent Kraftstoffverbraucherhöhung hätte bereits in der Flotte ein Emissionsniveau von 200 bis 300 mg/km NOx erreicht werden können. Fahrzeuglösungen mit teilweise über 1.000 mg/km sind indiskutabel. Adblue-Tankvolumen von 15 Litern erlauben fahrzeugabhängige Reichweiten von rund 10.000 km. Wenn alle Fahrzeuge das überarbeitete Niveau dieser ersten Euro-6-Generation mit 300 mg/km erreichen würden, wären bereits sämtliche Immissionsthemen in Deutschland gelöst.

Noch niedrigere Emissionen wurden mit dem modernsten Diesel der zweiten Generation umgesetzt, der den gesetzlichen Grenzwert von 80 mg/km im Realbetrieb in typischen relevanten Betriebszuständen deutlich unterbietet. Nach circa 10 Jahren Entwicklung ist das neueste Motorenkonzept seit 2 Jahren verfügbar. Niedrigste NOx-Emissionen zeigen Messungen der Deutschen Umwelthilfe, der Dekra, der Untersuchungskommission des Verkehrsministeriums oder des KIT eindrücklich. Ein zukünftiger Austausch sämtlicher Pkw-Dieselfahrzeuge durch diese modernste Technologiestufe entkräftet jedes pauschale Argument gegen die Dieseltechnologie aus Immissionsgründen!

Gerade der hohe Wirkungsgrad des Diesel mit dem damit einhergehenden geringen CO2-Ausstoß macht den Diesel zu einer wichtigen Technologie bei der Reduzierung der CO2-Emissionen.

Todeszahlen heizen Debatte an

Nun heizen exorbitante Todeszahlen, wie die von der EEA genannten 10.400 bis 12.860 vorzeitigen Toten pro Jahr durch NO2 die Debatte über den Diesel zusätzlich an. Eine Studie, die wichtige mathematische Randbedingungen missachtet, unzählige Annahmen aufweist und Menschen sehr verunsichert, sollte jedoch ebenfalls hinterfragt werden dürfen. Wie belastbar die statistischen Modellrechnungen sind, verdeutlicht ein Rechenexempel.

Laut offiziellem EEA-Bericht sind in Deutschland 868.700 verlorene Lebensjahre durch Feinstaub und NO2 zu beklagen! Gespiegelt an offiziell insgesamt 4,6 Mio. jährlich verlorenen Lebensjahren in Deutschland durch Herz-Kreislauf-Lungenleiden, wäre etwa jedes fünfte verlorene Lebensjahr durch die Luftqualität bedingt, in den Städten mindestens jedes Dritte! Dies steht im unerklärlichen Widerspruch zu allen Aussagen der Medizin bezüglich der Gefahr von Bluthochdruck, hohen Blutfettwerten, Zigaretten oder anderen Einflüssen, denen unstrittig jeweils ein etwa 1.000-fach höheres Risikopotenzial zugeordnet wird als der Luftqualität!

Hat sich die EEA also um den Faktor 1.000 bis 10.000 verrechnet? Eine vernünftige analytische und sachliche Analyse scheint in diesen Tagen jedoch unmöglich. Natürlich rechtfertigt eine solche Hochrechnung nicht ein Fehlverhalten bei der Fahrzeugapplikation, jedoch ist eine verantwortungslose, von Angst getriebene Diskussion entfacht worden. Ein Vergleich: im Kölner Dom wurden vor einigen Jahren noch NO2-Werte von 200 mikrog/m3 gemessen, bedingt durch die Opferkerzen!

Eine weitere Reduzierung der NO2-Immisionswerte ist wichtig und in vollem Gange, um jedes mögliche Restrisiko eines nachteiligen Einflusses auf die Gesundheit komplett zu eliminieren. Am Neckartor lag der Mittelwert 2005 bei 121 mikrog/m3 und 2017 bei 73 mikrog/m3. Im letzten Quartal 2017 nur noch bei 64 mikrog/m3, ein Wert, der sich auch 2018 bislang im Mittelwert zeigt, da positive Maßnahmen wie Updates, bessere Euro-6b-Neufahrzeuge und neueste Euro-6dtemp-Technologie viel besser wirken, als in den Luftreinhalteplänen in Deutschland berechnet! Bei einem konsequenten Ausrollen aller Updatemaßnahmen, die durch die Aufwände erst 2019 umfänglich zur Verfügung stehen, werden die NO2-Werte erreicht oder an den Hotspots in Deutschland unmittelbar im Zielanflug sein.

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