"Weltweit führend? Nirgends!" Experte zerlegt Deutschlands Autobauer
Deutschlands Autoindustrie steckt in der Krise. Ein Ex-Opel-Chef enthüllt schonungslos die Versäumnisse der Branche. Sein Urteil ist vernichtend. Aber gibt es noch Hoffnung?
Vor zehn Jahren trat er an, um Opel zu retten, heute investiert er in Start-ups: Nur wenige kennen die Autobranche so gut wie Karl-Thomas Neumann. Mit den deutschen Unternehmen geht der Niedersachse hart ins Gericht. Auf einem Kongress in München stellte er den Autobauern ein vernichtendes Zeugnis aus.
Deutschland nirgends mehr ganz vorne
"Ja, wir können gute Elektroautos bauen. Aber in welchem Bereich sind wir weltweit führend? Nirgends!", sagte Neumann vor Automanagern und Experten. Er bemängelt, dass die deutschen Hersteller keine klaren Kernkompetenzen definiert haben, in denen sie die Weltspitze anstreben.
Neumann sieht ein umfassendes Grundproblem: "Es gibt keine Strategie: 'In diesen Feldern will ich führend sein.' Es fehlt eine Kernstrategie." Selbst wenn ein Unternehmen eine Kernkompetenz definiere, sei es nicht bereit, Partnerschaften mit Spitzenunternehmen einzugehen.
Das Software-Debakel bei Volkswagen
Als Beispiel nennt er Volkswagen. Der Konzern entwickelte seine Software komplett selbst – mit fatalen Folgen. Erhebliche Softwareprobleme und verspätete Modellanläufe waren die Folge. Erst jetzt öffnet VW seine Softwaretochter Cariad für Partnerschaften.
Neumann ist überzeugt: "Wenn man mit demselben Aufwand mit einem Softwareunternehmen und einem Chiphersteller zusammen gearbeitet hätte, um das Windows fürs Auto zu entwickeln, dann könnte das heute ein globaler Star sein."
Zur Person
Karl-Thomas Neumann prägt die Automobilindustrie seit Jahrzehnten. Er leitete Opel und lenkte die Geschicke von General Motors in Europa. Bei Volkswagen verantwortete er das China-Geschäft. Als Chef von Continental orchestrierte er milliardenschwere Übernahmen. Heute investiert er in Start-ups und berät Unternehmen.
Fehlender Innovationsgeist
Der Investor kritisiert auch die mangelnde Bereitschaft der deutschen Autohersteller, langfristig und mit hohen Summen in vielversprechende Start-ups zu investieren. "Wir brauchen Vorstände, die sagen: Wir wollen beteiligt sein an einem Weltstar. Und wir wollen die Technologie einsetzen", fordert Neumann.
Sein Fazit ist eindeutig: Die deutsche Automobilindustrie hat den Anschluss an die Weltspitze verloren. Um den Rückstand aufzuholen, braucht es klare Strategien, mutige Investitionen und die Bereitschaft zu starken Partnerschaften.
- ams-kongress.de: Dr. Karl-Thomas Neumann
- Zeitschrift "Auto Motor und Sport": Pressemitteilung