Anfänger und Senioren betroffen EU berät über neue Führerscheinregelungen
Die Zahl der Unfalltoten in der EU soll sinken. Dafür hat ein Ausschuss einen neuen Entwurf vorgelegt, der besonders Fahranfänger und Senioren betreffen würde.
Die EU will ihre Führerscheinrichtlinie überarbeiten. Der Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr des Europäischen Parlaments hat am Dienstag über eine Novelle des Straßenverkehrsrechts beraten und einen ersten Entwurf vorgelegt.
Ziel: Die Zahl der Unfalltoten im Rahmen der sogenannten "Vision Zero" bis zum Jahr 2050 auf null zu senken. Dafür könnte es eine Reihe von Veränderungen geben, die vor allem Führerscheinanfänger und ältere Menschen betreffen würden und möglicherweise auch höhere Kosten verursachen könnten. Zuerst berichtete darüber die "Kronen Zeitung" aus Österreich.
Wichtig: Beschlossen ist allerdings noch nichts. Das Parlament und die Mitgliedsstaaten müssen zunächst über den Entwurf beraten. Änderungen sind dabei noch möglich.
Diese Änderungsvorschläge stehen im Entwurf
- Gestaffelte Tempolimits: Für Führerscheinanfänger könnte ein Tempolimit von 90 km/h verhängt werden. Das macht es einfacher, Raser zu identifizieren und die Zahl der Toten durch überhöhte Geschwindigkeit (Unfallursache Nummer eins in Deutschland) zu senken. Andererseits wäre das Überholen auf Autobahnen oder Landstraßen für diese Gruppe im legalen Rahmen beinahe unmöglich.
- Probeführerschein mit zweiter Prüfung: Wer die Probezeit bestanden hat, könnte eine weitere Prüfung machen müssen, um seine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen.
- Nachtfahrverbote: Die sogenannten Disco-Unfälle spielen immer noch eine große Rolle bei den Verkehrstoten: Im Jahr 2018 beispielsweise wurde jeder sechste Unfall mit Personenschaden von einem jungen Erwachsenen verursacht. Zwischen 19 Uhr und 5 Uhr kamen 161 junge Fahrer bei Verkehrsunfällen ums Leben, prozentual doppelt so viele wie aus allen anderen Altersgruppen. Jedes sechste Opfer starb nachts am Wochenende, bei den übrigen Altersgruppen war es nur jeder Zwanzigste. Deshalb schlägt der Ausschuss vor, dass Mitgliedsstaaten besondere Vorschriften entwickeln können, um nächtliche Fahrten zu beschränken.
- Neue Regelungen für Senioren: Schon seit Jahren gibt es Debatten über schärfere Regelungen für ältere Menschen am Steuer (mehr dazu lesen Sie hier). Der Vorschlag der Kommission jetzt: Ab 60 ist der Führerschein nur noch sieben, ab 70 fünf und ab 80 nur noch zwei Jahre gültig – und muss dann jeweils mit umfangreichen Gutachten erneuert werden. Wann Ältere den Führerschein abgeben sollten und auf welche Warnsignale Sie achten sollten, erfahren Sie hier.
- Gewichtsgrenzen: Pkw-Führerscheine der Klasse B sollen, falls der Entwurf so umgesetzt wird, eine Fahrzeug-Gewichtsgrenze von 1.800 Kilogramm bekommen. Bislang sind es 3,5 Tonnen. Für diese Führerscheinklasse soll eine Höchstgeschwindigkeit von 110 km/h gelten. Für schnellere und schwerere Autos wäre ein weiterer Führerschein nötig, den man erst ab 21 Jahren bekommen kann. Auch hier soll verhindert werden, dass junge Menschen in zu großen und zu starken Autos unterwegs sind – vor allem in SUVs. Im Entwurf heißt es: "Besonders schwere Personenkraftwagen (SUV) sind […] anfälliger für Zusammenstöße als leichte Personenkraftwagen. Da in der EU immer größere und schwerere Fahrzeuge in Verkehr gebracht werden, ist der Führerschein der Klasse B für diese Fahrzeuge nicht mehr geeignet." Wie das allerdings in der Praxis kontrolliert werden soll, ist unklar. Allerdings wiegen auch viele moderne und nicht übermäßig große E-Autos mehr als 1,8 Tonnen.
Ob der Entwurf wirklich so umgesetzt wird und wann das geschehen soll, ist noch vollkommen unklar. Eingebracht wurde er von der Vorsitzenden des Ausschusses, der französischen Grünen-Politikern Karima Delli. Der Vorschlag führte auch zu Widerspruch. So äußerte sich CDU/CSU-Fraktionsvize Ulrich Lange: "Das widerspricht komplett unserer Vorstellung von einem freiheitlichen, verantwortungsbewussten und selbstbestimmten Straßenverkehr. Die Erfahrung zeigt doch auch, dass unser Ansatz von Rücksichtnahme und Eigenverantwortung völlig richtig ist. Junge und ältere Menschen bauen nicht mehr Unfälle als andere Altersgruppen."
Wird der irgendwann in irgendeiner Form beschlossen, sind die Mitgliedstaaten daran gebunden und müssten die Vorschriften umsetzen.
- bild.de: "EU plant Führerschein-Hammer!"
- focus.de: "Tempo 90 für Anfänger, SUV-Führerschein - EU diskutiert Auto-Hammer"
- krone.at: "Absurde EU-Fahrregeln für Anfänger und Senioren" (kostenpflichtig)
- runtervomgas.de: "Unangepasste Geschwindigkeit: 773 Verkehrstote in 2021"
- nnz-online.de: "Fahranfänger sterben nachts"