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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Beliebte Reiseform Warum Wildcampen ein Problem ist
Die Pandemie hat dem Wildcampen einen zweifelhaften Boom beschert. Viele zieht es in die Natur, ob mit Zelt oder ohne. Doch das ist nicht selten verboten – und abgesehen davon eine schlechte Idee.
Inhaltsverzeichnis
- Wie ist die Rechtslage?
- Wer kann mir eine konkrete Auskunft geben?
- Und wie sieht es mit dem Biwakieren aus?
- Halten sich die Menschen an die Regeln?
- Wie groß ist das Problem?
- Aber ist vorsichtiges Biwakieren nicht unproblematisch?
- Hilft es, wenn ich im Wohnmobil oder Auto übernachte?
- Welche Alternativen habe ich?
Raus in die Natur, an einem schönen Fleckchen sein Zelt aufschlagen, das kleine Glück in der Nähe suchen statt draußen in der weiten Welt. Ein verlockender Gedanke, denkt sich zumindest so mancher Urlauber. Egoismus auf Kosten der Umwelt, finden viele Naturschützer. Wildcampen ist in Deutschland häufig nicht erlaubt – gerade in Corona-Zeiten wird das aber gerne missachtet.
Wie ist die Rechtslage?
Während in Skandinavien jeder sein Nachtlager fast überall in der freien Natur aufschlagen darf, ist das hierzulande in dieser Großzügigkeit nicht gestattet. Die genauen Regelungen unterscheiden sich aber von Bundesland zu Bundesland. In Baden-Württemberg zum Beispiel darf man gar nicht in der Natur zelten. In Schleswig-Holstein wiederum ist eine Nacht erlaubt, aber nicht mitten im Wald. Dieser ist fast immer tabu. Auch in Brandenburg wird eine einzelne Nacht geduldet. Die Höhe der Bußgelder unterscheidet sich ebenfalls je nach Land.
Ist das Wildcampen nicht ausdrücklich erlaubt, ist es wahrscheinlich verboten, gibt Swen Walentowski vom Rechtsportal anwaltauskunft.de als Richtschnur aus. An besonders schönen Orten gilt das ohnehin: "In Nationalparks ist Wildcampen grundsätzlich verboten." Das gleiche gilt auch für Naturschutzgebiete und viele andere geschützte Naturräume – worunter oft auch idyllische Flussufer fallen, die Kanufahrern als Nachtlager reizvoll erscheinen mögen.
Wer kann mir eine konkrete Auskunft geben?
Naturfreunde informieren sich am besten beim Umweltamt, beim Naturschutzamt oder beim örtlichen Forstamt. Auch die örtlichen Touristeninformationen kennen die lokalen Regeln.
Und wie sieht es mit dem Biwakieren aus?
Das Schlafen unter freiem Himmel ohne Zelt kennt der Gesetzgeber so nicht. Ist es also eine schlaue Notlösung, um rechtlichen Ärger zu vermeiden? "Ich neige zu der Auffassung, dass das Biwakieren unter das Campen fällt, auch wenn der Gesetzgeber das so nicht gedacht hat", lautet Swen Walentowskis Einschätzung.
Es kommt auf den Einzelfall an: Gerät jemand etwa im Gebirge in eine Notlage und kommt nicht mehr vom Berg, dann ist Biwakieren erlaubt. Anders sieht es aus, wenn Wanderer Isomatte, Schlafsack und sonstige Ausrüstung bewusst mitnehmen – nur eben kein Zelt.
Halten sich die Menschen an die Regeln?
Viele tun das nicht, jedenfalls sind es genug, um die Natur zu stören. Das zeigt exemplarisch der Nationalpark Sächsische Schweiz. Dort ist das sogenannte Boofen – das freie Übernachten – nur in Zusammenhang mit der Ausübung des Klettersports erlaubt. Insgesamt gibt es 58 Stellen, an denen Kletterer draußen übernachten können. Die Ranger des Parks kontrollieren diese Plätze und fragen durchaus nach.
Es gibt bloß einen Haken: Die Regel, freies Übernachten tatsächlich nur für Kletterer zu erlauben, ist praktisch schwer durchsetzbar, wie Hanspeter Mayr zu berichten weiß. "Unsere Ranger haben schon alle Ausreden gehört", sagt der Leiter der Öffentlichkeitsarbeit.
Wie groß ist das Problem?
In den Nationalparks in Deutschland sind Wildcamper und Besucher, die sich einfach in die Natur schlagen, durchaus ein großes Problem. Im Nationalpark Sächsische Schweiz hat man in den Jahren 2017 bis 2019 zwischen 20.000 und 35.000 Menschen gezählt, die in den Boofen übernachtet haben – ob legal oder illegal. "Das sind 80 Menschen pro Nacht, eineinhalb Hotels", sagt Hanspeter Mayr. "Und von denen geht jeder morgens und abends mal auf Toilette."
Aber ist vorsichtiges Biwakieren nicht unproblematisch?
Diesem Eindruck widerspricht Hanspeter Mayr energisch: "Wenn Leute sagen, dass sie doch gar nicht stören, dann muss ich sagen: Doch, es ist so aufgrund der überragenden Sinnesleistungen vieler Tierarten." Laut Mayr kann die reine Anwesenheit von Menschen dazu führen, dass sich bestimmte Tiere für oder gegen einen Lebensraum entscheiden.
Fazit: Es ist ein Trugschluss zu glauben, wer nur leise sei und seinen Müll wieder mitnehme, hinterlasse keine Spuren in der Natur.
Hilft es, wenn ich im Wohnmobil oder Auto übernachte?
Auch diese Urlauber machen in sensiblen Naturräumen wie dem Elbsandsteingebirge Probleme. "Es gibt hier keine Bäche, weil das Wasser schnell versickert", erklärt Hanspeter Mayr. Also zieht es Menschen mit Wohnmobil oder dem eigenen Auto an den Fluss, eigentlich von der Wassergüte ein Topgewässer in Sachsen. Nicht im vergangenen Sommer: "Da kamen uns die Schaumkronen entgegen", sagt Mayr.
Ohnehin ist die rechtliche Lage eindeutig: In Deutschland kann man mit dem Camper laut ADAC nur außerhalb von Camping- oder Stellplätzen übernachten, um die Fahrtüchtigkeit wiederherzustellen. Die einzelne Nacht sollte dabei auf zehn Stunden begrenzt sein, Campingstühle darf man nicht aufstellen. Wer dagegen verstößt, muss mit einem Bußgeld rechnen. In geschützten Naturräumen sind die Regeln besonders streng.
Welche Alternativen habe ich?
In geschützten Gebieten gibt es manchmal spezielle Naturlager- oder Trekkingplätze, wo man sein Zelt legal aufschlagen kann. Teils gibt es Toilettenhäuschen und eine kleine Feuerstelle. Solche Lagerplätze wurden etwa im Sauerland und in der Eifel ausgewiesen.
Im Schwarzwald stehen mehrere Plätze von Mai bis Oktober zur Verfügung. In Schleswig-Holstein heißen sie Übernachtungsplätze. Wichtig ist, sich frühzeitig über die Verfügbarkeit zu informieren.
- Nachrichtenagentur dpa-tmn