t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomeLebenReisen

Melbourne: Die Fans waren so dicht, dass das Spiel unterbrochen wurde


Sporthauptstadt der Welt
Die Fans waren so betrunken, dass das Spiel gestoppt wurde


05.03.2025 - 06:32 UhrLesedauer: 5 Min.
Fans im Melbourne Park bei einem Spiel des australischen Tennisstars Alex de Minaur.Vergrößern des Bildes
Fans im Melbourne Park bei einem Spiel des australischen Tennisstars Alex de Minaur. (Quelle: Kim Kyung-Hoon/Reuters)
News folgen

Melbourne rühmt sich als eine der Sporthauptstädte der Welt. Tatsächlich finden Fans hier auf kleinstem Raum unendlich viele Möglichkeiten. Nicht nur zum Zuschauen.

Ohrenbetäubend war der Lärm, den die Zuschauer auf Tennisplatz Nummer sechs machten. Während die beiden Spieler sich ein dramatisches Match lieferten, hartnäckig um jeden Ball kämpften, gossen sich die Fans auf der Tribüne fröhlich Bier in die Kehlen, plauderten und plärrten oder grölten Schlachtenlieder. Die Atmosphäre war so ausgelassen, dass der Stuhlschiedsrichter die Partie schließlich unterbrach. Nach kurzen Beratungen mit der Turnierleitung wurde das Duell schließlich auf einen Nebenplatz verlegt, damit die Spieler das Match in Ruhe zu Ende bringen konnten.

Loading...

Passiert ist das nicht bei einem x-beliebigen Saisonspiel in der Bezirksliga, sondern bei den Australian Open, einem der größten Tennisturniere der Welt. Dort gibt es seit ein paar Jahren den sogenannten "Party-Court", den berüchtigten Platz Nummer sechs. Statt einer normalen Tribüne hat der Platz eine zweigeschossige Bar. Entsprechend hochprozentig ist die Stimmung.

"Ich habe versucht, das irgendwie auszublenden", sagte der Schotte Jacob Fearnley, nachdem er den Franzosen Arthur Cazaux in einem spektakulären Zweitrundenmatch besiegt hatte. "Ganz offensichtlich waren einige der Fans komplett besoffen. Aber die Atmosphäre war großartig, ich habe es genossen."

Sportminister: "Melbourne ist unbestreitbar die Hauptstadt"

Kaum ein Ort ist besser geeignet, die Sportstadt Melbourne zu beschreiben, wie dieser Platz Nummer sechs. Beim ehrwürdigen Rasenturnier von Wimbledon wäre undenkbar, was in Melbourne ganz selbstverständlich Programm ist: Spitzensport geht hier nicht ohne Spitzenparty.

Melbourne Park: mehr als 20 Tennisarenen auf engstem Raum.
Melbourne Park: mehr als 20 Tennisarenen fußläufig. (Quelle: ymgerman via imago-images.de)

Melbourne Park

Das Gelände liegt im Herzen von Melbourne und wurde 1988 eröffnet. Es dient als Austragungsort der Australian Open, aber auch von Konzerten und Opern. Neben vier großen Arenen mit hochmodernen Dachsystemen und bis zu 14.000 Zuschauern Fassungsvermögen umfasst die Anlage auch noch 17 weitere, mittlere und kleinere Tennis-Arenen. Während des Grand-Slam-Turniers im Januar verwandelt sich das Gelände in ein Mekka des Tennissports. Bei den Australian Open 2025 verbuchten die Veranstalter einen Zuschauerrekord: An 15 Turniertagen kamen insgesamt 1.102.303 Fans in den Park.

Und weil die Metropole im Bundesstaat Victoria so viele Top-Sportereignisse im Kalender hat, wird hier auch ständig gefeiert. Victorias Tourismus- und Sportminister Steve Dimopoulos zählt auf: "Keine andere Stadt der Welt hat einen internationalen Tennis Grand Slam, einen Formel-1-Grand Prix und bald auch reguläre NFL-Spiele." Für ihn ist Melbourne daher "die Hauptstadt der Großveranstaltungen in Australien". Wie praktisch, dass Dimopoulos nebenbei auch noch Minister für Großveranstaltungen ist.

Tatsächlich gilt Melbourne jedoch nicht nur in Australien als Metropole des Sports – sondern weltweit. Fans finden hier auf kleinstem Raum – Melbourne erstreckt sich auf gerade einmal 36,5 Quadratkilometern – ein riesiges Angebot an Sport- aber auch Feiermöglichkeiten.

In drei Wochen hat Dimopoulos wieder was zu feiern. Mitte März macht der Formel 1-Zirkus in Melbourne Station, dann ergibt sich die Stadt für mehrere Tage dem PS-Wahnsinn. Sportfans aus aller Welt, vor allem aber Einheimische sind dann für ein langes Wochenende im Ausnahmezustand, der Royal Albert Park wird zur gigantischen Spielwiese und die halbe Innenstadt versinkt im Motorenlärm. Während sich in Monaco die Reichen und Schönen auf ihren Superjachten verlustieren und um die exklusivsten Plätze auf den Balkonen der Luxusapartments balgen, zieht der Grand Prix in Melbourne in großer Zahl Familien aus der Nachbarschaft an.

Der Charme liegt hier vor allem darin, dass jedermann zu den Events kommen kann. Natürlich sind auch hier die Ticketpreise in den vergangenen Jahren explodiert, und auch in Melbourne vergnügt sich hier und da die High Society. Doch solche Extravaganzen gehen weitgehend im Normalbetrieb unter. Mehr als Schampusparties auf Superjachten schätzen Melburnians ihre Straßenfeste. Davon gibt es Dutzende, das ganze Jahr über. Allein im März findet jedes Wochenende ein großes Straßenfest mit Gratis-Konzerten statt, bei dem die Einheimischen ausgelassen feiern.

Höchstdotiertes Langstreckenrennen der Welt

Genauso voll wie der Party-Kalender ist der Veranstaltungskalender bei den Sportereignissen. Eine gewöhnliche Sport-Woche im März: Mittwochs spielt da etwa Manchester Citys Schwesterverein Melbourne City gegen die Newcastle Jets in der ersten australischen Fußballliga. Donnerstags treffen Richmond gegen Carlton zum Stadtduell im Australian Rules Football aufeinander. Freitags geht es weiter mit Rugby, und sonntags steigt das Finale in der ersten australischen Basketballliga.

Das MCG während eines Cricket-Spiels.
Das MCG während eines Cricket-Spiels. (Quelle: John Gollings via www.imago-images.de)

Melbourne Cricket Ground

Das MCG ist eines der bekanntesten und traditionsreichsten Sportstadien der Welt. Es wurde 1853 eröffnet und ist mit einer Kapazität von 100.024 Zuschauern die zwölftgrößte Sportarena der Welt und die zweitgrößte der südlichen Hemisphäre. Ursprünglich für Cricket-Spiele gebaut, wird das MCG heute auch für Australian Rules Football, Rugby, Fußball und große Konzerte genutzt. Das Stadion (das von den Einwohnern "the G" genannt wird) ist ein Wahrzeichen der Stadt Melbourne und ein Symbol für den australischen Sportgeist.

Wem das reicht, der kann natürlich den zahlreichen Pferderennen beiwohnen. Allein fünf prominente Rennstrecken beherbergt die Stadt. Darunter den Flemington Racecourse, auf dem alljährlich im November das höchstdotierte Langstreckenrennen der Welt ausgetragen wird, der Melbourne Cup. Beinahe neun Millionen australische Dollar (rund sechs Millionen Euro) werden dabei ausgeschüttet, die Hälfte davon entfällt auf den Sieger.

Sportfans haben in Melbourne nicht nur ständig die Möglichkeit, hochkarätige Veranstaltungen zu besuchen – sie müssen dafür auch nur kurze Wege zurücklegen. In kaum einer anderen Stadt liegen die Arenen auf so kleinem Raum zusammen. Im Melbourne Park und im angrenzenden Yarra Park liegen im Radius von nur einem Kilometer sieben der bedeutendsten Sportstätten des Landes. Neben den vier großen Tennisstadien Rod Laver Arena, Margaret Court, Kia-Arena und John McCain-Arena auch das AAMI Stadion, unter anderem Spielort der Frauen-Fußball-WM 2023, das Punt Road Oval, Heimspielstätte des Richmond Football Club und natürlich das MCG, das mit mehr als 100.000 Zuschauern zu den größten Sportstadien der Welt zählt (siehe Infokasten).

Ein Stachel, der in Melbourne tief sitzt

All diese Arenen befinden sich fußläufig voneinander und zudem in unmittelbarer Nähe zur lebendigen Innenstadt mit dem Geschäftszentrum CBD (Central Business District). Man muss also nicht in die Außenbezirke pendeln, wo schmucklose Arenen auf die grüne Wiese gepflanzt wurden. In Melbourne findet der Sport im Herzen der Stadt statt.

Australien ist ohnehin sportverrückt. Sport zählt hier zu einem der Grundpfeiler öffentlicher Daseinsvorsorge. Es wundert daher auch nicht, dass die Politik viel Geld in die entsprechende Infrastruktur steckt. Schwimmbäder, Trimm-Dich-Pfade, Freiluft-Fitnessgeräte, Jedermann-Golfanlagen, Bolz- und Tennisplätze und natürlich Cricket- und Rugbyfelder finden sich hier an fast jeder Ecke. Bei den Sommerspielen in Paris landete Australien mit seinen Athleten auf Platz vier im Medaillenspiegel.

Loading...
Loading...

Von den großen internationalen Sportverbänden wird das Land ohnehin schon lange für seine idealen Bedingungen geschätzt. 1956 kamen die Olympischen Spiele erstmals nach Australien, damals nach Melbourne. 2032 kommt das größte Sportereignis zurück auf den fünften Kontinent, dann wird Brisbane Gastgeber der Olympischen Sommerspiele sein. Die Latte liegt hoch. Schließlich zählten die Sommerspiele in Sydney im Jahr 2000 zu den fröhlichsten und am besten organisierten Olympischen Spielen der Geschichte. Ein Stachel, der in Melbourne nach wie vor tief sitzt.

Todd Woodbridge: "Wollen immer einen Schritt voraus sein"

Australier sind nicht nur sehr sportlich – sie sind auch sehr kompetitiv. Als Melbourne 2016 vom Ultimate Sports City-Ranking zur besten Sportstadt der Welt gewählt worden war, konnte Victorias Ministerpräsidentin Jacinta Allan ihren Stolz kaum verbergen: "Wir haben uns den Spitzenplatz gesichert, noch vor Städten wie Berlin, London, New York – und natürlich Sydney." Es ist eine ewige Rivalität zwischen den beiden Metropolen, ähnlich der von Boston und New York, Manchester und Liverpool oder Dortmund und Gelsenkirchen.

Die Rivalität beschränkt sich nicht nur auf den Sport. Auch beim Wetter, bei den Stränden oder beim Kaffee vergleichen sich Melburnians und Sydneysider gern – wobei letztere stets behaupten, nur die andere Seite pflege die Rivalität, man selbst sehe das alles ganz gelassen.

Ob das nun stimmen mag oder nicht, im Schatten der beiden Metropolen wachsen mit Brisbane, Adelaide und dem westaustralischen Perth weitere Städte, die Australien zu einem der attraktivsten Ziele für Sportfans machen. Oder wie Australiens Tennis-Idol und Olympiasieger Todd Woodbridge sagt: "Wir wollen die besten Athleten haben, wir stellen die besten Anlagen zur Verfügung und versuchen immer, einen Schritt voraus zu sein."

Transparenzhinweis: Die Reise wurde unterstützt von den Tourismusverbänden Australiens, Victorias und vom australischen Tennisverband Tennis Australia.

Verwendete Quellen
  • Geführte Tour durch das MCG
  • Gespräch mit Todd Woodbridge

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



Telekom