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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Mode & Beauty Armbanduhren selbst reparieren
Zum Uhrmacher? Was das wieder kostet! Das mache ich selbst. Kann doch nicht so schwierig sein. Ein renommierter Uhrenprofi erklärt, was man selbst machen kann – und was ziemlich sicher daneben geht.
Das schöne Lederarmband hat den Sommer nicht überlebt, die Batterie ist auch schon wieder leer. Also ab damit zum Juwelier. Für viele Uhrenfans geht das gegen die Männerehre: Nur selbst gemacht ist richtig gemacht. Doch Uhren bestehen aus Feinmechanik – nichts für Grobmotoriker und Hektiker. "Ich würde nicht empfehlen, eine Luxusuhr wie Rolex, Patek Philippe oder Glashütte zu zerlegen", warnt der renommierte Sammler und Uhrenhändler Frank Miquel (www.uhren-miquel.de). Doch bei günstigen Quartz-Uhren "lassen sich mit Ruhe und Detailwissen einige Routinearbeiten selbst erledigen." Doch er betont: "Ohne Erfahrung klappt das selten."
Das Uhren-Armband wechseln
Dafür benötigt man einen Stiftaustreiber. Im Set mit verschiedenen Größen ist er für etwa 20 Euro zu bekommen, der Umgang ist einfach. Die Feder damit fixieren, sie zusammenpressen und das Armband lösen. Doch Vorsicht bei Luxusuhren: "Patek Philippe verwendet häufig einen besonderen Steg mit federnder Nase, von der aus der Steg entfernt werden kann. Das haben auch andere Marken gemacht. Er lässt sich nur öffnen, wenn man das Spezialwerkzeug des Herstellers verwendet." >>
Auch das Wechseln des Metallarmbandes sei bei einigen teuren Uhren nur mit Übung schadenfrei möglich. "Einige Uhren haben keinen Federsteg, sondern sind an einem Ende verschraubt. Wenn man an dem festen Ende mit zu viel Kraft dreht, ist der Schaden da."
Batteriewechsel
Die Batterie einer Armbanduhr zu wechseln, funktioniert anders als bei einer Taschenlampe. Frank Miquel empfiehlt, sich den Zustand der Uhr vor jedem Arbeitsschritt einzuprägen oder zu fotografieren. "Das kann enorm helfen, um später ein Detail in die richtige Position zu bringen." Als erstes wird die Uhr geöffnet. Schraubboden oder Schnappboden? Beim Schraubboden werden, na klar, alle Schräubchen entfernt. Doch Vorsicht! "Wenn sich die Schraube mit etwas Druck nicht löst, kann sie mit 'Schraubenfest' fixiert sein", warnt er. Dies werde von manchen Herstellern gemacht, um ein Lockern zu verhindern. Jetzt gibt’s zwei Möglichkeiten: Das Gehäuse sehr vorsichtig erwärmen, ohne es heiß werden zu lassen – oder einen Tropfen Lösungsmittel unter die Schraube fließen lassen. >>
Doch welcher Weg der richtige ist, müsse man zuvor recherchieren. "Wer mit Kraft rangeht, hat schnell den Kopf der Schraube gedreht, aber das Gewinde steckt noch drin." Dann hat der Uhrmacher Arbeit. Die Schraube muss heraus gebohrt, manchmal ein neues Gewinde gedreht werden. Das kostet. Und die teure Uhr ist nach der Reparatur am Sammlermarkt drastisch weniger wert.
Für einen Schnappboden – erkennbar an den Einkerbungen am Rand – empfiehlt Frank Miquel einen guten Unterdruck-Öffner mit Gummiboden, der je nach Ausführung und Qualität für 20 bis 90 Euro zu haben ist. "Rutscht man damit ab, entstehen keine Kratzer. Das passiert schneller als man denkt." Doch er empfiehlt, zuvor das Uhrengehäuse sorgfältig zu reinigen: "Am Gehäuse befinden sich Hautschuppen, Staub und feine Haarreste. Die dürfen nach dem Öffnen niemals ins Innere fallen."
Die richtige Pinzette
Die meisten Deckel lassen sich gegen den Uhrzeigersinn öffnen. Nun mit der Pinzette die Batterie herausholen und austauschen. Ganz einfach? Von wegen. "Beim Tausch arbeitet man am besten mit einer Kunststoff-Pinzette. Denn mit einer aus Metall produziert man einen Kurzschluss – die Batterie entlädt sich beim Greifen", erklärt der Uhrenprofi. Weiter sei es sehr wichtig, auf die zarte durchsichtige Folie zu achten, die am Boden der Fassung liegen kann. "Das ist keine Schutzfolie, das ist die Isolierplatte, die Plus und Minus trennt." Ohne sie wird die Uhr nicht ticken.
Wenn man die Batterie mit dem Schraubendreher anheben muss: "Vorsicht, denn der kleinste Kratzer durch Abrutschen kann die Platine killen", weiß der Experte. Vor dem Verschließen wird der Deckel auch innen gereinigt und die Dichtung gecheckt: Alles unbeschädigt? Ohne Risse? Alles peinlich sauber? "Ein quer liegendes Haar genügt, und die Uhr ist nicht mehr dicht", warnt er. >>
Benötigtes Werkzeug
Rund einmal pro Woche komme ein Kunde in seinen Laden, der seine Uhr beim Reparaturversuch erst richtig kaputt gemacht habe: "Abgebrochene Schrauben, Kratzer, defekte Elektronik – damit beschäftigen wir uns häufig." Wichtig sei semiprofessionelles Uhrenwerkzeug, das man bei Spezialversendern im Internet "gut und günstig" kaufen könne. Dazu gehört ein Satz Uhrmacher-Schraubendreher. "Die gibt’s auch im Baumarkt, aber bei denen sind die Klingen meist zu breit." >>
Dazu ist eine hellgrüne Unterlage für den Tisch sinnvoll: "Auf dieser Farbe sieht man jedes noch so kleine Teil", erklärt Miquel. Eine helle Schreibtischlampe sei ebenso nötig wie eine gute Lupe, am besten mit einer Halterung, die man am Kopf befestigt. "So kann man sich die Details genau betrachten und hat beide Hände frei." Alle winzigen Teile werden je nach ihrer Herkunft separiert und gut sichtbar und sicher etwa in kleinen Schälchen deponiert.
Generell empfiehlt Frank Miquel: "Man muss sich Zeit nehmen und immer die Ruhe bewahren. Schritt für Schritt und mit System arbeiten. Wer schnell sein will, verliert."
Die Tipps zum Reparieren von Uhren finden Sie auch in unserer Fotoshow.