Für diesen Beitrag haben wir alle relevanten Fakten sorgfältig recherchiert. Eine Beeinflussung durch Dritte findet nicht statt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Umweltgift Nicht nur im Fisch: Wo Quecksilber im Alltag lauert
Quecksilber ist giftig. Doch das Schwermetall zu umgehen, ist gar nicht so einfach. Wo Verbraucher im Alltag auf Quecksilber treffen und wie gefährlich der Kontakt mit dem Schwermetall ist.
Quecksilber, chemisch Hg, ist ein in der Umwelt natürlich vorkommender Stoff. Freigesetzt wird er etwa bei Vulkanausbrüchen, aus Geysiren oder durch Wald- und Steppenbrände. Doch auch der Mensch setzt Quecksilber frei, hauptsächlich bei der Verbrennung von Kohle für die Energieerzeugung.
Kohlekraftwerke gehören zu den größten Quecksilber-Quellen
Kohlekraftwerke gehören laut der Umweltorganisation Greenpeace zu den schlimmsten Quellen giftiger Luftschadstoffe - darunter auch Quecksilber. Giftige Dämpfe des Schwermetalls werden vor allem von Braunkohlekraftwerken ausgestoßen, die den Umweltschützern zufolge für rund 50 Prozent der deutschen Quecksilber-Emissionen verantwortlich sind. Über die Luft verteilt sich das Schwermetall in der Atmosphäre und gelangt über Niederschläge in Wasser und Boden und erreicht über die Nahrungskette auch Tiere.
Fische oft stark mit Quecksilber belastet
Vor allem Fische und Fisch fressende Tierarten wie Raubfische, Greif- und Wasservögel, Otter und Robben sind daher oft stark mit Quecksilber belastet. Über den Fischkonsum reichert sich das Schwermetall schließlich auch im menschlichen Körper an. Dort wird es nur schwer wieder abgebaut.
So schreibt Greenpeace in seinem Informationsratgeber "Quecksilber: Gift fürs Gehirn": "Bis das Quecksilber im Blut abgebaut ist, dauert es 40 Tage und länger, im gesamten Körper rund 70 Tage. Im Gehirn dagegen ist mit einer Halbwertszeit von mehreren Jahren zu rechnen. Besonders gefährlich ist Methylquecksilber (MeHg), das wir in der Regel über die Nahrung aufnehmen, vor allem über Fische. Es ist mehr als 100-mal giftiger als anorganisches Quecksilber."
Doch wie groß ist das Risiko für jeden Einzelnen? Sind die aufgenommenen Quecksilbermengen in Deutschland wirklich eine Gefahr für die Gesundheit? "In den meisten Fällen nicht", schreibt das Umweltbundesamt (UBA) auf seiner Internetseite. "Auch wenn bei fast allen Menschen Quecksilber im Blut oder Urin gemessen werden kann, sind die Konzentrationen in der Regel so gering, dass keine Gefahr für die Gesundheit besteht."
Quecksilber überwindet die Blut-Hirn-Schranke
Dennoch sollte jeder darauf achten, die eigene Quecksilberbelastung möglichst gering zu halten. Sammelt sich zu viel im Körper an, hat das Folgen. Organische Quecksilberverbindungen können aus dem Magen-Darm-Trakt sowie über die Haut und die Lunge zu sehr hohen Anteilen aufgenommen werden und sich dann im Körper verteilen. Sogar die Blut-Hirn-Schranke kann überwunden werden, wie das UBA mitteilt. Dadurch erreiche das Metall auch das zentrale Nervensystem.
Besonders werdende Mütter sollten vorsichtig sein: "Bei Schwangeren kann organisches Quecksilber die Plazentabarriere passieren und die Entwicklung des Gehirns von ungeborenen Kindern schwer schädigen. Auch Säuglinge und Kleinkinder sind hinsichtlich der neurotoxischen Wirkungen von Quecksilber besonders gefährdet, weil sie sich auch nach der Geburt in einem Stadium nicht abgeschlossener Organentwicklung befinden, welches das Nervengewebe besonders anfällig macht", schreibt das UBA.
Greenpeace warnt ebenfalls vor den Auswirkungen auf das ungeborene Kind und zitiert in seinem Informationsratgeber Ellen Fritsche, Toxikologin am Leibniz-Institut für medizinische Umweltforschung in Düsseldorf, die seit vielen Jahren die Wirkung von Quecksilber auf die neuronale Entwicklung erforscht: "Quecksilber ist für das sich entwickelnde Zentralnervensystem eine der giftigsten Substanzen, die es gibt. Und das Fatale ist, dass es die Entstehung der gesamten Hirnarchitektur stört. Es wirkt nicht spezifisch nur auf bestimmte Entwicklungsprozesse, sondern greift auf allen Ebenen der neuronalen Entwicklung ein."
Daher sollten vor allem Schwangere bei ihrer Ernährung darauf achten, nicht mehrmals pro Woche Seefisch zu verzehren. Vor allem Raubfische wie Hecht, Heilbutt, Schwert- und Thunfisch weisen höhere Belastungswerte auf.
Amalgamfüllungen für bestimmte Personen kritisch
Auch anorganisches und metallisches Quecksilber, das meist durch Einatmen aufgenommen wird, kann zu Nerven- und Nierenschäden führen. So zählen Zahnfüllungen aus Amalgam zu den Quellen für die Quecksilber-Belastung in der Bevölkerung. Das für die Zahnfüllungen verwendete Material besteht zu etwa 50 Prozent aus dem Schwermetall. Viele Zahnärzte empfehlen ihren Patienten daher, die Füllungen Stück für Stück durch Kunststoff, Porzellan oder andere Stoffe zu ersetzen. Viele Ärzte verzichten mittlerweile ganz auf den Einsatz von Amalgam.
Das Robert Koch-Institut (RKI) empfiehlt in seinem Ratgeber "Amalgam. Stellungnahme aus umweltmedizinischer Sicht" Amalgamfüllungen aus Gründen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes besonders bei Nierenkranken sowie Schwangeren und in der Stillzeit nicht mehr einzusetzen. Dem stimmt auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zu. Zudem sollten auch stillende Frauen in dieser Zeit darauf verzichten, sich alte Amalgamfüllungen entfernen zu lassen. Wer Amalgamfüllungen hat und unsicher ist, was das persönliche Gesundheitsrisiko angeht, vereinbart am besten einen Beratungstermin bei seinem Zahnarzt.
Energiesparlampe zerbrochen: 20 Minuten lüften
Neben Fisch und Amalgamfüllungen wird auch die Quecksilberbelastung von Energiesparlampen diskutiert. Wie ist hier das Risiko einzuschätzen? "Von den Energiesparlampen geht keine größere Gesundheitsgefährdung aus. Bei intakten Energiesparlampen ist eine Aufnahme von Quecksilber in den Körper ausgeschlossen. Selbst bei Lampenbruch werden die Grenzwerte eingehalten, da nur geringe Mengen des Schwermetalls zum Einsatz kommen", sagt Philipp Sommer, Abfallexperte der Deutschen Umwelthilfe (DUH). "Sollte eine Lampe zerbrechen, ist es dennoch wichtig, für 20 Minuten gut zu lüften und den Raum zu verlassen, damit man die Dämpfe nicht unnötig einatmet."
Anschließend könne man die Scherben mit einem Stück Pappe aufsammeln und in ein Schraubglas geben. Dieses entsorgt man dann an den Sammelstellen für Energiesparlampen. Wer sich mit den Quecksilberlampen unwohl fühlt, kann alternativ zu LED-Leuchten greifen. "Diese kommen ohne das Schwermetall aus und sind sogar noch energiesparender", sagt Sommer.