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Zum journalistischen Leitbild von t-online.So schmeckt Gin erst richtig gut So schmeckt Gin erst richtig gut
Gin ist in. Deutsche Fans und Genießer zieht er seit einiger Zeit an wie kein anderer Drink. Sein Retro-Image mit Apothekerflaschen machen ihn ebenso attraktiv sowie die Vielfalt der Aromen. Doch: Wie entdeckt man und wie schmeckt er am besten? Wanted.de hat den Experten Peter Reichard befragt – und spannende Antworten erhalten.
Ob in hippen Bars, bei Tastings, Spirituosenmessen oder mit Freunden zuhause: Gin ist ein extrem angesagtes Thema. Wer in einer guten Bar "einen Gin Tonic" bestellt, dem steht auf die Stirn geschrieben: Ich bin ahnungslos.
Die Auswahl ist gewaltig
Der Barkeeper bringt mit höflichem Lächeln erst mal die Ginkarte, die durchaus einige eng beschriebene Seiten umfassen kann. Denn die Auswahl ist gewaltig: Ob aus dem Mutterland England, aus der Schweiz, den Niederlanden, aus Frankreich, Belgien, Spanien oder Übersee - Gin lässt sich mit den unterschiedlichsten Aromen genießen. Neben dem prägenden Wacholder-Aroma gibt es beispielsweise Kräuter, Blüten, Früchte, Gewürze, Ingwer, Zitrusnoten und dunkle Noten zu entdecken.
Ganz vorne dabei sind die vielen kleinen deutschen Erzeuger, die den Trend mit immer neuen Kreationen befeuern. >>
Einer der Trendsetter ist Monkey 47 (etwa 30 Euro), der wohl bekannteste deutsche Gins. In den 50-er Jahren brannte ihn der britische Air Force-Pilot Montgomery Collins, den die Liebe in ein Dorf im Schwarzwald verschlagen hatte. Der Schwarzwald-Gin trägt seinen Namen, weil Collins 47 regionale Zutaten für sein Rezept verwendet hat.
Peter Reichard, der sich seit Jahren mit dem Thema beschäftigt, hat den Gin-Überblick behalten. In seinem Laden "Die Genussverstärker" in Offenbach führt er neben Whisky und Wein eine sehr persönliche Auswahl hochwertiger Gins. Dazu veranstaltet er regelmäßig Tastings zu verschiedenen Aspekten des Themas, die oft Monate im Voraus ausgebucht sind.
Großes Interesse von Frauen
Zu ihm kämen viele Genießer, die zuvor "noch nie ein Tasting gebucht" hätten. "Weil viel über Gin geredet wird, sind sie neugierig und wollen lernen, was einen guten Gin ausmacht, wie man ihn genießt und kombiniert." Auch viele Frauen seien dabei: "Anders als bei unseren Whisky-Seminaren ist die Hälfte der Gäste weiblich." >>
Er empfiehlt, guten Gin zunächst pur zu trinken. Am nuancenreichsten schmecke er leicht gekühlt bei etwa 13 bis 15 Grad. "Das Tonic Water ist eine aromatische Ergänzung, das die Aromen des Gins verstärkt oder in Kontrast setzt", betont er. Seine Empfehlung für Freunde: "Jeder bringt eine Flasche mit." Sechs Freunde, sechs Gins, das kann ziemlich interessant werden. Wichtig sei dazu ein wenig Konzentration auf die Aromen: "Anders als beim Wein haben Gins meist einen klaren Charakter mit mindestens ein, zwei gut erkennbaren Aromen. Dafür muss man ein Gefühl entwickeln."
Für den Einstieg empfiehlt Reichard drei hervorragende Gins mit sehr unterschiedlichem und klarem Charakter: Der erste ist "Bobby's" aus den Niederlanden (etwa 42 Euro) mit frischen Aromen nach Zitronengras und Kubebenpfeffer. Danach schenkt er BCN aus Barcelona (etwa 42 Euro) ein, der auf Basis von Traubentrester entsteht. Er ist vollmundig, warm und fruchtig mit Anisnote. Sehr klassisch und ausgewogen sei dagegen der Reel Gin aus Shetland (etwa 38 Euro) mit Aromen nach Wacholder und Zitrus.
Vorsicht beim Tonic - und Eis geht gar nicht
Danach könne man seine Erfahrung mit Tonic Water erweitern. Jahrzehntelang galt das Tonic von Schweppes als Bar-Standard. Doch das ist lange her. Es gibt mittlerweile dutzende interessante "Filler" zu kaufen, etwa von Thomas Henry, Goldberg, Fentiman's oder Fever-Tree. "Sie unterscheiden sich sehr im Geschmack. Es kommt darauf an, die Kombination zu finden, die man mag." Dazu gibt es auch nur einen Weg: Ausprobieren.
Bei seinen Gin-Seminaren bremst er seine Gäste aber beim Einschenken: "Die meisten sind gewohnt, das Glas bis zum Rand mit Tonic zu füllen. Dann braucht man aber keinen Gin mehr." Peter Reichard empfiehlt: Vier bis sechs cl Gin ins Glas, mit 100 bis 125 Mililiter Tonic auffüllen. "Das schmeckt am besten, wenn der Gin eine moderate Zimmertemperatur hat und der Tonic aus dem Kühlschrank kommt." Zum Knabbern dazu stellt er nicht eingelegte Oliven und Schmalzbrote auf den Tisch. Das passt. >>
Eis im Glas - das geht für ihn gar nicht: "Auf der Zunge schmeckt es scharf und verhindert die Entfaltung der Aromen am Gaumen." In Bars wird Gin-Tonic oft mit Garnituren wie Rosmarinzweig, Zitronen- oder Gurkenscheibe serviert. Das findet Reichard ziemlich hinderlich: "Viele Kombinationen schmecken sanft und komplex, aber die Garnitur räumt genau diese Vielfalt der Aromen ab."
Probieren Sie es mal im Weinglas
Das Ganze sollte zudem im passenden Glas getrunken werden. Hohe Longdrink-Gläser sind für ihn voll daneben: "Die Glaswand ist dick, der Rand gewölbt, da können sich die Aromen nicht entfalten." Er verwendet einfach ein normales, hohes Rotweinglas. Wichtig sei, es zu schwenken, damit sich die Aromen entfalten. Und er hat noch einen Tipp: "Gin wird nicht als Shot getrunken. Wer das will, nimmt besser Wodka." Er hält ihn eine Zeit lang im Mund, um die Vielfalt der "Botanicals", der Zutaten, zu entdecken.
Was der Geruch über die Qualität des Gins aussagt
Wie aber erkennt man einen Gin von guter Qualität? Peter Reichard denkt nach. "Gute Frage", sagt er und lacht. Denn Marketing verstehen die Ginproduzenten. Die Flaschen sind entweder im Retro-Design wie aus der Apotheke des 19. Jahrhunderts gestaltet – oder extravagant wie Luxusparfum. "Der Preis allein oder die schicke Flaschenform sollten kein Kriterium sein. Aber ein handwerklich gut gemachter Gin ist nicht für zehn Euro zu haben", betont er. Er benutzt für den ersten Eindruck seine Nase: "Der Geruch verrät sehr viel", erklärt Reichard, "wenn der Duft ausgewogen ist, die Aromen sich natürlich und klar entwickeln, ist das ein guter Anfang." Sei der Geschmack "fein und balanciert, aber nicht streng, bitter oder scharf, liegt man schon ganz gut." Alles andere entscheide der eigene Geschmack und die Erfahrung. Dabei ist ihm wichtig: "Sei offen, habe Spaß, die Genusspolizei wird dich nicht verhaften."
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