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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Mit einem Baby um die Welt gereist Sias erster Zahn kam in Kolumbien, der zweite im Südpazifik
Michael Runkel ist Reisefotograf und es gibt kaum ein Land, das er noch nicht gesehen hat. Bis vor kurzem war er alleine unterwegs, dann kam seine Frau Sam dazu, und jetzt reisen sie zu dritt. Ihr Baby Sia durfte mit gerade einmal sieben Monaten eine Reise antreten, von der andere ihr Leben lang träumen.
Andere lernen sich im Büro oder beim Sport kennen. Michael und Sam trafen sich auf einem Eisbrecher in der Antarktis. Beide waren gerade auf Weltreise und beschlossen, die nächsten Stationen gemeinsam zu machen.
"Am Anfang habe ich mich noch gegen das Gefühl gewehrt", schmunzelt Michael Runkel. "Samantha ist Sängerin, kommt aus Kalifornien – zu kompliziert, habe ich gedacht. Aber wenn man will, geht alles. Wir sind jetzt schon seit fünf Jahren zusammen und seit letztem Jahr haben wir ein Baby." Sia ist heute 14 Monate alt und sie hat schon Länder bereist und Völker besucht, von denen manch Erwachsener kaum etwas gehört hat. "Irgendwann auf unserer ersten Reise haben wir uns geschworen: Wenn wir je ein Kind haben sollten, dann machen wir mit ihm eine Weltreise."
"Es ist typisch für uns Deutsche, überall Gefahren zu wittern"
Amerika, Kolumbien, Japan, Südsee, Australien, Indonesien, Südafrika, Sardinien und Irland – das sind nur einige Stationen des "Familienausflugs". 15 Länder hat die kleine Familie in fünf Monaten zusammen bereist, 29 Mal sind sie geflogen. Angst hatten die Eltern nie. Weder vor Strahlung, noch vor Terror. "Wer so lebt, der macht sich doch sein eigenes Leben kaputt. Es ist schon sehr typisch für uns Deutsche, sich über alles Gedanken zu machen, überall Gefahren zu wittern", sagt Runkel.
Natürlich fahre man nicht absichtlich in ein Kriegsgebiet mit einem Kind. "Aber bei allem anderen muss man sich mal ganz nüchtern die Zahlen ansehen. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, zum Beispiel bei einem Terroranschlag ums Leben zu kommen und wie hoch, bei einem Haushalts- oder Autounfall zu sterben? Wir hatten auf der ganzen Reise nicht einmal das Gefühl, dass eine Situation in irgendeiner Weise brenzlig sein könnte."
Selbstverständlich müsse man, wenn man mit so einem kleinen Kind unterwegs ist, schon das eine oder andere bedenken. Zum Beispiel, dass für einen Notfall medizinische Versorgung in Reichweite ist.
Eine Reise mit Baby muss gut vorbereitet sein
"Natürlich planst du auch anders. Wenn du nach Namibia im Sommer fährst, dann gibt es da Malaria, ganz klar. Fährst du aber zu anderen Zeiten, hat es nachts um die null Grad und die Gefahr ist gebannt. Das Gleiche gilt für die Südsee. Hier wählt man eben die Trockenzeit. Sia hatte in den ganzen fünf Monaten keinen einzigen Moskitostich." Das Baby brauchte auch keine zusätzlichen, über das Übliche hinausgehenden Impfungen.
Die Planung einer solchen Reise ist das A und O. Für Runkel kein Problem, gehört er doch zu den meistgereisten Menschen der Welt. Von den fast 200 Ländern, die es gibt, hat er bereits mehr als 180 besucht. Drei, vier Monate im Jahr ist er als Reisefotograf unterwegs. "Und das war auf dieser speziellen Reise auch das einzige Problem für mich", sagt er. "Dass ich nicht so fotografieren konnte, wie ich wollte."
Das Stillen hat vieles vereinfacht
Beim Start der Reise war Sia sieben Monate alt. "Ein optimales Alter, denn sie brauchte nur uns. Und auch der Schlafplatz war ihr nicht wichtig. Genauso wenig wie ein fester Rhythmus. Wir haben uns einfach ihr angepasst."
Sia schwamm mit ihren Eltern im Pazifik, ihr Spielplatz waren die schönsten Plätze der Welt und ihre Spielkameraden die Kinder vor Ort. Da Sam Sia stillte, war auch die Ernährung kein Problem: "Wasser haben wir nicht gebraucht und als Sia Lust zum Essen bekam, haben wir ihr Schalenfrüchte oder kleine Tüten mit Brei oder Früchten gegeben, die es überall gibt", erzählt ihr Vater.
Gerade im ersten Lebensjahr entwickeln Babys sich rasant. Jeder Tag bringt neue Herausforderungen und Überraschungen. Michael Runkel ist sehr froh, dass er als Papa das alles hautnah miterleben konnte. "Wir waren immer zusammen. Und ich kann mich noch genau erinnern: Der erste Zahn kam in Kolumbien, der zweite im Südpazifik. Sowas vergisst du auch nicht."
"Ein Baby ist ein Herzensöffner"
Verreisen frischgebackene Eltern, dann genügt ein Kombi oft nicht. Wickeltasche, Kinderwagen, Spielzeug, Windeln, Gläschen von der gewohnten Sorte und massenhaft Wechselkleidung für jede Witterung. "All das braucht man gar nicht", winkt Runkel ab.
Natürlich hatten auch Sam und Michael eine Reiseapotheke dabei, Sonnenschutz und babyfreundlichen Moskitoschutz. "Alles in allem hatten wir für Sia nur ganz wenig dabei und selbst das war schon zu viel. Wenn wirklich etwas mal gefehlt hat, dann war das kein Problem: Denn Babys gibt es schließlich auf der ganzen Welt."
Und Babys werden auf der ganzen Welt geliebt. Sie sind ein Türöffner, selbst bei Völkern, die sonst wenig Besuch aus der westlichen Welt haben. "Man hat sofort ein gemeinsames Gesprächsthema." Eine Erfahrung, die auch für Runkel ganz neu war. "So ein Baby ist wie ein Herzensöffner. Man riss sich darum, Sia herumzutragen und zu bespaßen. Wir konnten sogar baden gehen und hatten immer einen zuverlässigen Babysitter."
Am herzlichsten sei der Empfang bei den San Blas Indianern gewesen: "Dieser Stamm an der kolumbianischen Grenze hatte noch nie zuvor ein so weißes Kind gesehen und war ganz aus dem Häuschen."
Sia ist ein sehr offenes, freundliches Baby. Gefremdelt habe sie in den ganzen fünf Monaten nur ein einziges Mal: bei einem sehr dunkelhäutigen Mann mit Vollbart. Aber selbst der hatte sie mit seinem Humor in kürzester Zeit auf seiner Seite. Sia soll von klein auf offen sein für die Welt und ihre verschiedenen Kulturen, das ist das Ziel ihrer weitgereisten Eltern.
Die nächste Reise ist schon geplant
Die größte Herausforderung für die jungen Eltern war eine, die alle frischgebackenen Eltern zu bewältigen haben: Die Bedürfnisse des Babys zu erkennen und so darauf zu reagieren, dass es zufrieden ist. "Wir waren nicht mehr nur füreinander verantwortlich, sondern auch für diese kleine Person. Unsere Bedürfnisse waren nicht mehr so wichtig, solange ihre nicht gestillt waren. Aber dadurch, dass wir Tag und Nacht zusammen und nicht eingebunden waren in einen Alltag, war das die optimale Voraussetzung dafür, ganz schnell als Familie zusammenzufinden."
Die nächste Reise, die geplant ist, macht Michael Runkel alleine. Er fliegt zum Fotografieren in den Kongo. Aber schon an Weihnachten ist wieder eine gemeinsame Reise geplant. Das Ziel: die Karibik.