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Ehegattensplitting abschaffen? Pro und contra im Überblick


Familienförderung
Weg mit dem Ehegattensplitting? Besser nicht!

Zankapfel Ehegattensplitting: Seit Jahren wird um das Steuergeschenk für Ehepaare heftig debattiert. Es sei keine sinnvolle Unterstützung für Familien, sondern subventioniere nur die Versorgerehe, sagen Kritiker und fordern, das Ehegattensplitting abzuschaffen. Aber das hätte fatale Folgen. Experten warnen, dass dann viele Familien in Existenznot gerieten, weil keine realistische Alternative in Sicht ist.

Aktualisiert am 13.11.2015|Lesedauer: 4 Min.
t-online, Silke Asmußen
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Insgesamt gibt der Bund für Familienförderung etwa 200 Milliarden Euro im Jahr aus. Das Ehegattensplitting ist mit mehr als 20 Milliarden Euro einer der größten Posten – obwohl auch Kinderlose davon profitieren. Beim Ehegattensplitting nach Paragraf 32a Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes können verheiratete Paare und eingetragene Lebenspartnerschaften steuerlich gemeinsam veranlagt werden. Dabei wird das gesamte Einkommen der Partner halbiert, die Einkommensteuer auf dieses Ergebnis ermittelt und anschließend verdoppelt.

Das Ehegattensplitting bietet einen Steuervorteil, wenn einer der Partner weniger oder gar nichts verdient. Das trifft häufig auf Mütter zu.Vergrößern des Bildes
Das Ehegattensplitting bietet einen Steuervorteil, wenn einer der Partner weniger oder gar nichts verdient. Das trifft häufig auf Mütter zu. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)

Je größer der Einkommensunterschied, desto größer ist auch die steuerliche Entlastung. Ein Grund dafür: Selbst wenn ein Partner nicht steuerpflichtig beschäftigt ist, werden bei der Berechnung zwei Grundfreibeträge berücksichtigt. Zudem können gemeinsam veranlagte Eheleute Gewinne und Verluste verrechnen.

Generell steigt die Steuerersparnis mit der Höhe des Verdienstes. Finanzberaterin Heide Härtel-Herrmann hat für "Deutschlandradio Kultur" vorgerechnet: Bei einer "Hausfrauenehe" zahlt ein Mann mit einem Monatseinkommen von 5000 Euro fast 500 Euro weniger Steuern. In 30 Ehejahren summiert sich das auf mehr als 170.000 Euro.

Das spricht gegen Ehegattensplitting

Die wichtigsten Kritikpunkte: Ehegattensplitting ist nicht mehr zeitgemäß, es kommt Besserverdienenden zugute und setzt falsche Anreize.

Wasser auf die Mühlen der Splitting-Kritiker goss Ursula von der Leyen in ihrer Amtszeit als Familienministerin. Sie forderte eine Neuregelung, da 20 Prozent der Gelder aus dem Ehegattensplitting an Paare ohne Kinder gehen.

Eine vom Familienministerium veröffentlichte Auswertung mehrerer Analysen zur Wirkung der Familienpolitik in Deutschland bestätigt zunächst die Splitting-Gegner. Demnach führt das Ehegattensplitting dazu, dass verheiratete Mütter seltener und mit weniger Wochenstunden arbeiten gehen. Auf längere Sicht habe das Ehegattensplitting daher einen negativen Effekt auf die wirtschaftliche Selbständigkeit verheirateter Frauen.

Die Regelung erhöht zudem das finanzielle Risiko für Frauen bei einer Trennung, argumentiert der Deutsche Juristinnenbund. Dann nämlich steigen die Ausgaben durch die zweifache Haushaltsführung, die steuerlichen Vorteile jedoch sind futsch.

"Wir haben kein überzeugendes Ausgleichsmodell"

Seit Jahren machen sich Politiker der SPD, der Grünen und der Linken für die Abschaffung des Steuerprivilegs stark. Das Problem dabei: "Wir wollten das Ehegattensplitting zu Recht abschaffen, hatten aber kein überzeugendes Ausgleichsmodell", räumte die Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt im August 2014 ein.

Das als Alternative favorisierte Familiensplitting hat ebenfalls einen Haken: Davon profitieren vor allem verheiratete Paare mit hohem Einkommen und vielen Kindern. Außen vor bleiben weiterhin alle nicht ehelich geborenen Kinder. Nach Zahlen des Statistischen Bundesamts waren das 2013 immerhin knapp 35 Prozent aller Neugeborenen. Auch Alleinerziehende – mehr als 2,5 Millionen Menschen in Deutschland – gehen beim Familiensplitting leer aus.

Tatsächlich hat das Ehegattensplitting die niedrige deutsche Geburtenrate nicht gesteigert. Es führe lediglich zu einem Anstieg der Geburtenrate um den Faktor 0,01, heißt es in einer Studie des Instituts Prognos für das Familienministerium.

Ehegattensplitting bewahrt gering verdienende Eltern vor Hartz IV

Die Ökonomen stellten aber fest: Das Splitting entlaste viele Eltern – durchaus auch in den unteren Einkommensgruppen. Die gemeinsame Veranlagung verhindere bei einer großen Zahl von Haushalten sogar das Abrutschen in den Hartz-IV-Bezug.

Ein differenzierteres Bild zeigt der jüngste Genderdaten-Report des Statistischen Bundesamts. Danach beträgt die Erwerbsquote bei Frauen derzeit 68 Prozent, bei Männern 78 Prozent. Allerdings: Die Hälfte der berufstätigen Frauen geht einem Teilzeitjob mit niedrigem Einkommen und niedrigen Rentenbeiträgen nach. Ihr Risiko der Altersarmut steigt - wenn die Partner die steuerliche Ersparnis durch das Splitting nicht zur individuellen Altersabsicherung der Ehefrau nutzen.

Unberücksichtigt bleibt häufig, dass die staatliche Förderung generell die gegenseitige Versorgung der Ehepartner unterstützt. Und das entspricht der Realität in den meisten deutschen Ehen, wie die Studie "Weichenstellungen, für die Aufgabenteilung in Familie und Beruf" vom Institut für Demoskopie Allensbach belegt.

Die Umfrage zur Aufteilung zwischen Job und Familie ergab, dass der Großteil der 2080 befragten Paare den Mann als Hauptversorger sieht und die Frau als Hinzuverdienerin, die sich um die Kinder kümmert. Nur in 15 Prozent der Ehen arbeiten beide Partner Vollzeit. In 25 Prozent arbeitet ein Partner Vollzeit, der andere 15 bis 24 Stunden. Und in 17 Prozent der Ehen hat einer der Partner einen Vollzeitjob, der andere gar keinen.

Die Studie stellt weiterhin heraus, dass die Mehrheit das Modell "Vater arbeitet, Mutter bleibt zuhause oder hat einen Teilzeitjob" aus zwei Gründen bevorzugt: Zum einen wollen die Frauen bei ihrem Kind sein, zum anderen legt die Einkommensverteilung der Partner nahe, dass derjenige beruflich zurücksteckt, der weniger verdient.

Die Lösung: Gleichberechtigung bei den Löhnen

Genau das sollte jedoch bei der Diskussion um das Steuerbonbon in den Fokus rücken: Es wird nur bei unterschiedlich hohen Verdiensten der Partner verteilt – wozu beiträgt, dass Frauen sich noch immer mit deutlich niedrigeren Löhnen zufrieden geben müssen als Männer in vergleichbaren Positionen. Im Jahr 2014 waren das laut dem Statistischen Bundesamt satte 22 Prozent.

Eine Lösung im Gerangel um das Ehegattensplitting könnte also sein, gleiche Löhne für Frauen und Männer durchzusetzen. Dann ließe sich verwirklichen, was sich nach der Allensbach-Studie fast die Hälfte der Eltern in Deutschland wünschen: annähernd gleich viele Stunden im Job zu sein und beide Teilzeit zu arbeiten. Eine schöne Vorstellung.

Pro Ehegattensplitting

  • Familien werden entlastet – auch in den unteren Gehaltsgruppen.
  • Gemeinsame Veranlagung verhindert in vielen Haushalten das Abrutschen in Hartz IV.
  • Entspricht noch der Realität: Mehrheit bevorzugt Modell "Vater arbeitet, Mutter bleibt zuhause oder hat einen Teilzeitjob."
  • Es gibt noch kein anderes überzeugendes Ausgleichsmodell.

Contra Ehegattensplitting

  • Ehegattensplitting kommt hauptsächlich Besserverdienenden zugute.
  • Das Modell ist auf "Hausfrauenehe" zugeschnitten und nicht mehr zeitgemäß.
  • Setzt falsche Anreize: Verheiratete Mütter gehen seltener und mit weniger Wochenstunden arbeiten.
  • Die Regelung erhöht das finanzielle Risiko für Frauen bei einer Trennung.
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