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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Essen & Trinken Pack den Bison auf den Teller
Einst ernährte der Bison die Indianer. Heute kommt das Fleisch im Steakhaus auf den Tisch. Wir erklären, warum es gesünder ist und verraten einen wichtigen Punkt zur Zubereitung.
Bisonfleisch schmeckt nicht nur erstklassig, es kommt inzwischen sogar von hiesigen Weiden. Bisons grasen in Hundsdorf, Sickenhausen, Baierbach oder Schwarmstedt. Mit 1,2 Tonnen sind die größten ausgewachsenen Tiere in etwa so schwer wie ein VW Golf.
40 Prozent weniger Fett
Tatsächlich ist Bison im Vergleich zum Rind fast Fitness-Food: etwa 25 Prozent weniger Kalorien, gut 40 Prozent weniger Fett und dabei 40 Prozent mehr Eisen und Selen sowie 11 Prozent mehr Magnesium und Phosphor. Außerdem sind zumindest in Deutschland aufgewachsene Bisons vor den Untaten der Massenzucht geschützt. Ihnen werden nicht systematisch Antibiotika gespritzt, sie können frei über die Weide streifen.
Wildpflanzen machen das Fleisch würziger
Doch schmeckt das eigentlich? Die Antwort ist dieselbe wie bei allen Geschmacksfragen: Es kommt darauf an. Bison schmeckt nicht nach Rind und auch nicht nach Wild. Es schmeckt nach Bison. Einige Genießer empfinden das als ungewohnt, andere schwören darauf und wollen nicht zurück zum vermeintlich "faden" Rind, wobei auch hier der Geschmack stark von Rindfleisch und Zuchtbedingungen abhängt. Aus demselben Grund schmeckt der amerikanische Bison anders als sein europäischer Kollege: Auf den Weiden jenseits des Atlantiks wachsen etwa 200 Wildpflanzen. Das macht das Fleisch würziger.
Cuts und Preise
Bisonfleisch ist von kräftiger, roter Farbe und dabei extrem zart. Es enthält weniger Fett und etwa 30 Prozent weniger Wasser. So gut wie jedes bekannte Rindfleischrezept kann mit Bison umgesetzt werden. Ob Steak, Burger oder Roulade – es geht auch mit Bisonfleisch. Ein Stück Bison trägt sogar dieselben Bezeichnungen wie beim Rind: Es gibt Tenderloin oder Ribeye, die meist zu Preisen von 40 bis 55 Euro das Kilo gehandelt werden. Filet ist mit 80 bis 130 Euro deutlich teurer. Nur die Bisonzunge, ein historischer Leckerbissen aus Indianerzeiten, wartet noch auf ihr Comeback.
Das passt dazu
Als Beilage passen einfache Salate, Ofenkartoffel oder Fritten, Weine auf Basis von Merlot oder Syrah- Trauben sowie einige Cabernet Sauvignons passen trefflich zum Prärie-Steak.
Halbe Garzeit im Vergleich zum Rind
Für die Zubereitung gibt es einen Kniff: Aufgrund des geringeren Fettgehalts muss man Garzeit und Temperatur reduzieren. Faustregel: Die halbe Garzeit im Vergleich zum Rind reicht. Daran sollte man sich halten, denn zu stark und zu lang erhitztes Bisonfleisch mutiert zur Schuhsohle.
Spitzenköche, die gern zeigen, mit was für tollen Techniken sie auftrumpfen können, ignorieren Bisonfleisch momentan. In Steakhäusern jedoch setzt es sich durch. Bei "Bison Berlin" am Adenauerplatz gibt es alles rund um den Leckerbissen der Indianer, vom Bisonburger über die Zwischenrippe vom Bison bis zum Bisonfilet zum stolzen Preis von 62,90 Euro. Einige Steakhäuser schmücken sich mit dem Edelfleisch, auch die Nachbarn der Zuchtbetriebe bieten es gern an: Die "Gaststätte zur Linde" in Gütersloh etwa bietet Bisonfleisch von einem benachbarten Zuchtbetrieb in Kirchspiel.
Traum erfüllt
Und schließlich gibt es noch ein neues Restaurant, das Bisons in Ehren hält: den "Lammershof". Der Unternehmer Matthias Berg hat sich hier einen Traum erfüllt und in fast fünf Jahren Arbeit ein denkmalgeschütztes Fachwerkhaus restauriert. Auf seinen 45 Hektar Land weiden 40 amerikanische Präriebisons neben Galloway-Rindern und Rotwild. Als Bison-Ravioli mit frischen Steinpilzen (12 Euro), Bison Roulade mit Cassis-Rotkohl und Graubrotknödel (16 Euro) oder Steaks (ab 39 Euro) werden sie in den "Lammershof Stuben" aufgetischt. Im "Schwarzberg", dem neuen Gourmet-Lokal im selben Haus gibt es superzartes Bison-Carpaccio, das förmlich auf der Zunge zergeht.
Sterne-Koch setzt auf Bison
Dort kocht Manfred Schwarz, der einst in den 80er-Jahren Deutschlands jüngster Zwei-Sterne-Koch war. International bekannt wurde er, als Bundeskanzler Helmut Kohl den "Deidesheimer Hof" zu seinem Lieblingslokal machte. Maggie Thatcher, Francois Mitterand und Mikhail Gorbatschow gingen in Deidesheim ein und aus um den gefüllten Saumagen zu kosten. "Ein Stern für das neue Lokal, das wäre schon schön“ meint Schwarz. Den Himmelskörper muss jetzt das Bison statt der Sau bringen. Ein Zeichen der Zeit.
Bisons waren schon fast ausgerottet
Dabei war es um das große nordamerikanische Bison eigentlich schon geschehen: Mitte des 19. Jahrhunderts streiften geschätzt zwischen 30 und 60 Millionen Exemplare durch die Prärie. Knappe fünfzig Jahre später gab es nur noch 300 wild lebende Exemplare. Tausende Bisons wurden von Sportschützen aus fahrenden Zügen geschossen. Erste, zaghafte Versuche in Sachen Artenschutz konterte General Sheridan mit den Worten, die Bisonjäger "hätten mehr in den letzten zwei Jahren getan… um die ärgerliche Indianer-Frage zu lösen, als die gesamte reguläre Armee in den letzten vierzig Jahren getan hat." Schließlich gehörten Bisons zu den traditionellen Nahrungsmitteln der Indianer.
Angst vor Fett half den Bisons
Heute gibt es in Nordamerika geschätzt wieder 200.000 bis 400.000 Bisons. Das Verdienst kommt nur teilweise Naturschützern zu – der Rest ist dem Verfall des Rindfleischpreises zuzuschreiben. Die Angst der Verbraucher vor Fett und Cholesterin führte schon in den 1990er-Jahren dazu, dass etliche Farmer die Rinderzucht aufgaben und sich dem Bison zuwandten. Ein Bison brachte damals mehr als doppelt so viele Dollars in die Kasse wie ein Rind. Allerdings kosteten Bisonkühe auch sechs oder sieben Mal so viel wie Rinder. Und statt nach zwei Jahren ist ein Bison erst nach drei Jahren schlachtreif.