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"Böhmische Dörfer": Ursprung und Bedeutung der Redewendung


Deutsche Redensarten
"Böhmische Dörfer": Ursprung und Bedeutung der Redewendung


07.04.2025 - 11:46 UhrLesedauer: 2 Min.
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Was haben die idyllischen böhmischen Dörfer – wie hier Klapý am Fuße der Hazmburk – mit Unwissenheit zu tun? (Quelle: IMAGO/Zoonar.com/hansenn)
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Manche Redewendungen sind tief in der Geschichte verwurzelt. "Böhmische Dörfer" steht für Unverständliches – doch woher kommt dieser Ausdruck?

Redewendungen bereichern unsere Sprache und spiegeln oft historische oder kulturelle Hintergründe wider. Eine besonders interessante ist "Das sind böhmische Dörfer für mich", mit der wir ausdrücken, dass etwas unverständlich oder fremd ist. Doch warum gerade böhmische Dörfer?

Bedeutung der Redewendung

Wer sagt, etwas sei für ihn wie "böhmische Dörfer", meint damit, dass er es nicht versteht oder es ihm völlig fremd erscheint. Die Redewendung drückt also Unverständnis oder fehlendes Wissen über ein bestimmtes Thema aus – sei es eine komplizierte mathematische Formel oder ein unverständlicher Fachbegriff.

Historische Herkunft der Redewendung

Böhmen ist eine Region im heutigen Tschechien. Es ist nicht ganz eindeutig, wann die Redewendung entstanden ist:

  • Sie könnte aus der Zeit der Habsburgermonarchie stammen, zu der das Königreich Böhmen ab 1526 gehörte. Während in den Randgebieten Böhmens oft Deutsch gesprochen wurde, dominierte im Landesinneren die tschechische Sprache. Reisende aus dem deutschsprachigen Teil des Kaiserreichs konnten daher die Ortsnamen und Schilder oft nicht lesen.
  • Eine andere Theorie führt die Redewendung auf den Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1648) zurück. Damals stießen deutsche Söldner in Böhmen auf Ortschaften, deren Namen für sie unaussprechlich waren. Diese Erfahrung könnte dazu beigetragen haben, dass "böhmische Dörfer" als Synonym für Unverständliches entstand.

Die Redensart in der deutschen Literatur

Die Wendung "böhmische Dörfer" taucht nicht nur im alltäglichen Sprachgebrauch auf, sondern findet sich auch in der Literatur. So beginnt ein Gedicht von Christian Morgenstern mit den Worten: "Palmström reist mit einem Herrn von Korf in ein sogenanntes böhmisches Dorf."

Diese Zeile unterstreicht die Vorstellung eines Ortes, dessen Sprache und Kultur für Außenstehende unverständlich sind. Tatsächlich waren viele Orte in Böhmen zweisprachig – sie trugen sowohl deutsche als auch tschechische Namen.

Vergleichbare Redewendungen in anderen Sprachen

Interessanterweise gibt es in vielen anderen Sprachen ähnliche Redewendungen, die Unverständnis ausdrücken:

  • Besonders amüsant ist die tschechische Variante. Während Deutsche böhmische Dörfer nicht verstehen, sprechen die Tschechen selbst von "španělská vesnice" – also "spanischen Dörfern".
  • Im Englischen sagt man "It's all Greek to me", wenn etwas unverständlich ist. Diese Redewendung stammt aus dem Mittelalter, als griechische Texte für viele Europäer schwer lesbar waren.
  • Im Italienischen gibt es die Wendung "Per me è arabo", was "Für mich ist das Arabisch" bedeutet. Sie drückt aus, dass eine Sprache oder ein Sachverhalt vollkommen unverständlich erscheint.
  • Auch im Polnischen gibt es eine ähnliche Formulierung: "To dla mnie chińszczyzna" bedeutet "Das ist für mich Chinesisch". Diese Wendung spielt darauf an, dass Chinesisch für viele Europäer besonders komplex klingt.

Diese Beispiele zeigen, dass das Gefühl, etwas nicht zu verstehen, universell ist – und dass jede Sprache ihre eigene kreative Art hat, dies auszudrücken.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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