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Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Beate Uhse Wie eine Frau das Sexleben der Deutschen revolutionierte
Geschmacklose Sextoys, Trash-Pornos und kratzige Dessous in muffigen Läden: Hören sie "Beate Uhse", denken viele an heruntergekommene Erotik-Shops. Dabei war ihre Gründerin alles andere als eingestaubt. Denn sie hat das Sexleben der Frauen in der BRD revolutioniert. Am 25. Oktober 2019 wäre Beate Uhse 100 Jahre alt geworden.
Frauen dürfen Lust empfinden
Natürliche Empfängnisverhütung, Geschlechtskrankheiten oder das weibliche Lustempfinden. Wo wären wir heute, wenn Beate Uhse in den Nachkriegsjahren hierzu nicht zahlreiche Handzettel, Bücher und andere Publikationen, wie den selbstverfassten Handzettel mit dem Titel "Schrift X" oder das Buch "Die vollkommene Ehe", verbreitet hätte? Sie begann mit ihrer Aufklärungsarbeit zu Beginn der 50er-Jahre, als das Sexualleben deutscher Paare von Scham und Prüderie geprägt war. Trotz großen Widerstands von Kirche und Politik ließ sie sich nicht davon abbringen, über Erotik zu informieren und sie zu kommerzialisieren. In ihrem 1951 gegründeten "Spezial-Versandhaus für Ehe- und Sexualliteratur und für hygienische Artikel" vertrieb sie beispielsweise Kondome, Pharmazeutika und Stimulationsmittel. Diese sollten vor allem Frauen zeigen: Geschlechtsverkehr ist nicht nur ein Akt der Fortpflanzung oder zum Vergnügen für den Mann. Sex sollte vielmehr als lustvolles Ereignis gesehen werden, bei dem Männer und Frauen ihren Körper spüren dürfen – und sollen. Lust beim Sex? Ja!
Sex ist nicht nur für den Mann gedacht
Frauen hatten in den 50er-Jahren Sex zu "wollen", wenn der Mann es wollte oder um einem Kinderwunsch nachzukommen – das sah zumindest der Großteil der konservativ geprägten Gesellschaft so. Verhütung passte hier nicht rein – Kondome galten als etwas moralisch Verwerfliches. Ein No-Go für die aufgeklärte Uhse. Durch ihren Versandhandel konnten Kondome oder Informationen zur natürlichen Empfängnisverhütung anonym gekauft werden – Frauen war es somit möglich, Sex zu haben, wenn sie Lust dazu hatten, ohne das Risiko einer ungewollten Schwangerschaft.
Erfolgreiche Unternehmerin – und das bei einem Tabuthema
Woher kam Uhses Engagement für Frauen und Erotik? In jungen Jahren ließ sie sich – untypisch für Frauen zu der Zeit – als Pilotin ausbilden und arbeitete Mitte der 40er-Jahre bei der Luftwaffe. Ihre Leidenschaft, das Fliegen, musste sie jedoch aufgeben, da die Besatzungsmächte derartige Berufe verboten. Durch Gespräche mit anderen Frauen kam der nun arbeitslosen Uhse die Idee zu ihrem neuen Geschäftsmodell: Viele von ihnen klagten über unbefriedigte, sexuelle Bedürfnisse. Doch Geschlechtsverkehr bedeutete eine mögliche Schwangerschaft. In Zeiten einer unsicheren Zukunft und akuter Wohnungsnot wollten Frauen diese Verantwortung nicht auf sich nehmen. So startete Uhse ihre Aufklärungskampagne und verteilte Broschüren, die über natürliche Empfängnisverhütung informierten. Es folgten weitere Schriftstücke und die Gründung ihres Versandhauses. Zahlreiche kirchliche und politische Gegner sowie die Staatsanwaltschaft versuchten daraufhin, Uhse mit knapp 400 Strafverfahren, unter anderem wegen der "Beihilfe zur Unzucht" oder wegen des Verstoßes gegen das deutsche Sittengesetz, zu stoppen. Doch sie konnten die Unternehmerin nicht davon abhalten, ihre Innovationen im Bereich Erotik voranzubringen, und dadurch Lust, Leidenschaft und Intimität ein Stück weit zu enttabuisieren.
Sex ist nichts Böses, lehrte uns Uhse, sondern wie sie selbst sagte, "ein wichtiger Bestandteil des menschlichen Zusammenlebens". Sex dient nicht nur der Fortpflanzung oder dem männlichen Vergnügen. Er ist etwas Natürliches und Lustvolles. Auch Frauen dürfen und sollen Spaß daran haben – und das auf verschiedene Weisen mit den unterschiedlichsten Mitteln. Vielleicht hätte es ein paar Jahrzehnte später eine ähnliche Entwicklung gegeben. Doch dank Beate Uhse startete der Umbruch schon etwas eher und vielleicht sogar schneller.
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Mittlerweile wirkt es allerdings so, als ob sich die Gesellschaft wieder in die entgegengesetzte Richtung entwickelt. Auch wenn Nacktheit und Sex in den Medien offener gespielt werden als in den 50er-Jahren, scheinen die konservativen Strömungen wieder zuzunehmen. Das zeigen unter anderem die politischen Diskussionen über ein Verbot der Sexarbeit oder den Paragrafen 219a. Was ist aus Uhses Vermächtnis geworden?
Alice Schwarzer und andere Feministinnen sehen Beate Uhse in einem weniger positiven Licht. Anstatt um sexuelle Freiheit ging es der Frau eher um das Geldverdienen. Auch das scheint ein wichtiger Aspekt zu sein: Schließlich verließ sie sich nicht darauf, dass Ehemänner sie finanziell unterstützten, sondern arbeitete, um ihre Familie selbst versorgen zu können.
Beate Uhse in Zahlen
- 25. Oktober 1919: Beate Köstin wird in Ostpreußen (Gut Wargenau) geboren.
- 1939: Heiratet sie ihren ehemaligen Fluglehrer Hans-Jürgen Uhse. Er verunglückte 1944.
- ab 1946: Verkauf der Aufklärungsschrift "Schrift X"
- 1949: Sie heiratet den Kaufmann Ernst-Walter Rotermund.
- 22. Februar 1951: Beate Rotermund-Uhse gründet das "Versandhaus Beate Uhse".
- 17. Dezember 1962: Sie eröffnet den ersten Sexshop der Welt in Flensburg.
- 27. Mai 1999: Das Unternehmen geht als Beate Uhse AG an die Börse.
- 16. Juli 2001: Beate Rotermund-Uhse stirbt an den Folgen einer Lungenentzündung.
- Seine beste Zeit erlebte das Unternehmen 2005 mit einem Gesamtumsatz von etwa 284,8 Millionen Euro – vor allem durch den Versandhandel – und über 1.425 Mitarbeitern. Es gab teilweise über 150 Filialen von "Beate Uhse". In den folgenden Jahren brach der Umsatz ein, Mitarbeiter wurden entlassen und Filialen mussten schließen.
- 15. Dezember 2017: Das Unternehmen stellt einen Insolvenzantrag.
- 2019: Trotz Investoren muss das Unternehmen einen erneuten Insolvenzantrag stellen.
- Beate Uhse AG – UnternehmensgeschichteLebendiges Museum Online
- "Spiegel" – Als Deutschland mit der Post kam
- "Welt" – "Beate Uhse kämpfte nicht für Liebe, sondern für Lust"
- Wirtschaftswoche: "5 Fakten zur Insolvenz von Beate Uhse"
- Wirtschaftswoche: "Die Renaissance des Erotikhandels"
- Nachrichtenagentur dpa