Kolumne "Lust, Laster und Liebe" Wie die Lust auf Sex wiederkommt
Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Kaum noch Sex, ständiges Nörgeln und routinierte Abläufe: Je länger eine Beziehung dauert, desto langweiliger scheint sie zu werden – besonders in puncto Sex. Warum bleibt man da überhaupt noch zusammen? Weil es ganz einfach sehr viel besser werden kann.
Die meisten lieben Sex, besonders mit dem richtigen Partner. Am Anfang einer Beziehung vergeht daher kaum ein Treffen, bei dem das Paar nicht in der Kiste landet und sich leidenschaftlich zwischen Kissen und Decken wälzt. Nach und nach werden diese intimen Momente jedoch weniger; bis der Geschlechtsverkehr zu einer monatlichen Pflichtveranstaltung wird und die Frage "Lust auf Sex?" das Vorspiel ersetzt. Wenn Sie dann noch überlegen müssen, ob Sie wirklich die Chipstüte zur Seite und die Netflix-Serie für ein paar Minuten unterbrechen wollen, ist es höchste Zeit, etwas zu ändern.
Zufrieden in den 20ern
Wissen Sie noch, wie Sie in Ihren 20ern waren? Sie hatten jeden Tag Lust auf Sex, haben sehr viel ausprobiert und hatten noch Vieles zu entdecken. Irgendwann hatten Sie den Dreh raus und Sex wurde zur schönsten Nebensache. Mit den Jahren ist alles komplizierter geworden: Frauen bekommen scheinbar weniger Lust und Männer schwieriger eine Erektion. Stress auf der Arbeit, Lustlosigkeit, einfach zu viel im Kopf. Vielleicht sind es auch die Kinder, die ständig dazwischen funken könnten.
An Ausreden scheint es nie zu fehlen. Glücklich ist damit aber keiner. Die Herren der Schöpfung beklagen sich über mangelnde Erotik, Routine und fehlenden "wirklich guten Sex" – laut, schwitzig, atemraubend. Frauen hingegen möchten sich lieber auf sich fokussieren. Doch wegen des schlechten oder seltenen Sex die Beziehung beenden?
Flaute im Bett wegen der Beziehung?
Glauben Sie wirklich, als Single wäre alles besser? Nein, das stimmt nicht. Denn eine Beziehung ist nicht der Sex-Killer überhaupt: Auch Singles sind gefrustet. Viele haben weniger als einmal im Monat Sex. Das fühlt sich dann in etwa so an wie der monatliche Geldeingang auf dem Konto. "Yeah! Oh, schon vorbei!" – der Aufwand für beides ist auch ähnlich groß.
Die Partnerschaft ist also nicht schuld, zumal Sie ja dadurch den nötigen Spielgefährten bereits haben und nicht erst mühsam kennenlernen müssen. Ein anderer Sündenbock muss also her: Die Frauen! Schließlich wollen sie sich selbst verwirklichen, verlieren im Laufe der Beziehung das sexuelle Interesse am eigenen Mann oder fühlen sich vernachlässigt.
Nein! Das wäre erstens zu einfach und zweitens falsch: Denn die Damen der Schöpfung haben ab 36 Jahren den besten Sex ihres Lebens – die sexuelle Blütezeit beginnt also erst. Ist einmal die Büchse der Pandora geöffnet, wollen viele Frauen gar nicht mehr darauf verzichten.
Woher kommt dann die Flaute?
Ganz klar: mangelnde Kommunikation und falsche Ratgeber! Beweise gewünscht?
Liebe Männer, Sie sagen Ihren Frauen einfach zu selten, was Sie sich im Bett wünschen. Zugegeben, das ist auch sehr schwer. Zuerst müssen Sie Ihrer Liebsten drei Gläser Honig um den Mund schmieren, damit sie es nicht falsch versteht – was sie dann doch wird. Ist die gewünschte Stimmung erreicht, haben Sie vergessen, was Sie sagen wollten oder keine Lust mehr. Und es einfach gerade heraus sagen? Bloß nicht! Die Folge: Die Frau bezieht es auf sich, versteht es falsch, schmollt. Sex gibt es dann erst recht nicht.
Frauen sind allerdings auch nicht besser. Entweder sie äußern ihre Wünsche mit so vielen Schnörkeln, dass der Mann gar nicht mehr weiß, worum es geht, oder sie sagen gar nichts à la "Es interessiert ihn sowieso nicht." Zusätzlich gibt es auch Ratgeber – wie der neulich aus dem Wartezimmer –, die genau das raten: NICHT KOMMUNIZIEREN. Bitte?! Ja! Der Mann soll durch das Schweigen und Schmollen seiner Partnerin erahnen, dass sie unzufrieden mit dem Sexleben ist. Klar, Männer können ja auch Gedanken lesen.
Wie bekommen Sie also mehr und besseren Sex?
Ganz ehrlich: Wenn Sie unzufrieden mit Ihrem Intimleben sind, teilen Sie das Ihrem Partner mit:
Liebe Frauen, sagen Sie Ihrem Mann direkt, was Sie wollen. Sonst versteht er Sie nicht.
Liebe Männer, Sie haben es schwerer. Denn für das Mitteilen Ihrer Bettwünsche brauchen Sie Fingerspitzengefühl, damit nicht gleich die nächste Beziehungskrise ausbricht.
Sex ist nicht gleich Sex
Sie kennen Ihre Wünsche nicht? Verständlich. Denn das Liebesspiel besteht bei vielen ausschließlich aus Vaginalverkehr. Und dieser läuft immer gleich ab. Beide kennen den exakten Ablauf schon in- und auswendig. Gähn! Kein Wunder, dass die schönste Nebensache zur langweiligsten wird. Ändern Sie das! Routine ist nämlich ein echter Lustkiller!
Versuchen Sie doch mal wieder Oralverkehr, Handjobs oder Tantra. Auch andere Orte wie der Esstisch oder das Auto sorgen für Abwechslung. Zusätzliche Anregungen und Ideen finden Sie außerdem in Pornos und Sexshops. Wenn Sie dann schon beim Vorspiel Ihrem Schatz mal wieder richtig einheizen, kann es doch nur gut werden.
Es klappt nicht oder Sie finden das alles schwachsinnig? Vielleicht weil Sie nicht wissen, wo Sie Ihren Partner wie berühren sollen. Brüste und Geschlechtsorgane sind schließlich nicht die einzigen erogenen Zonen, die es gibt. Lassen Sie sich von Ihrem Partner zeigen, was prickelt und was nicht. Oder gehen Sie gemeinsam auf Entdeckungstour.
Wenn Sie zu schüchtern sind, können Sie sich auch kleine Zettel oder SMS mit Sexwünschen schreiben "Ich finde, du siehst richtig sexy in den roten Dessous aus" oder "Mich erregt es, wenn du meinen Nacken küsst". Denn der Sex wird nicht durch die Beziehung schlechter, sondern einfach durch Faulheit und Bequemlichkeit.
Jennifer Buchholz, Redakteurin bei t-online.de, schreibt in ihrer Kolumne "Lust, Laster, Liebe“ über Liebe, Partnerschaft und Sex.